Pilgern Frauen anders?

Allgemeine Diskussionen zur Pilgerei und ihrer Geschichte
HiPilgrims
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von HiPilgrims »

Danke Chrisbee,

ich habe auch schon einen Selbstverteidigungskurs (zwar nicht WenDo) gemacht. Aber die Ängste bleiben, vielleicht auch gut so und auch eine Aufgabe sich ihnen zu stellen und im Hier und Jetzt wahrzunehmen, wie es einem grad geht.
Ötz
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von Ötz »

Ich erinnere mich hier an den Vortrag eines Albergue-Besitzers auf der Via Podiensis, der seinen Gästinnen (ich war der einzige Mann am Tische) beim Abendessen über das geschlechtsspezifische Pilgern aufklärte. Seine Thesen waren folgende :

- Die Via Podiensis (auch im Vergleich zu allen anderen GRs) und Camino Frances seien die einzigen der grossen Pilgerwege in Frankreich/Spanien, auf denen mehr Frauen als Männer unterwegs seien.
Gründe seien die gute Infrastruktur, die Möglichkeit jeder Zeit ein Taxi zu nehmen, Gepäcktransport für das schwache Geschlecht, kurzum ein gutes Sicherheitsnetz...
- der CdN und Primitivo gelten als schwer, deshalb wird man da deutlich weniger Frauen finden, da diese sich sportlich nicht so messen wollen wie Männer.
- Männer und Frauen (insbes. . Noch nicht im Rentenalter) pilgern aus anderen Beweggründen. Bei Frauen sei es meist eine Trennung/Scheidung, sonstiger Herzschmerz, etc. der sie zum ersten Mal auf dem Wege treibt; für Männer ist es oft ein Problem, das mit dem Beruf/der Karriere zu tun habe.
- Frauen achten mehr auf die Natur, Männer auf die Architektur/historische Spuren.

Ich empfand das ganze damals als ziemlich sexistisch, habe mich aber nicht getraut etwas zu sagen - 1. war ich die einzige Person am Tisch, deren Muttersprache nicht Französisch war; 2. War ich an diesem Tag generell nicht so ganz gut drauf und wollte keine ausschweifende Diskussion in die Gänge setzen, aus der man sich wohlmöglich nur schwer entziehen kann; 3. Haderte ich als einziger Mann am Tisch und fühlte mich schlicht nicht dazu berufen, das "schwache Geschlecht" bzw. das als schwach postulierte Geschlecht zu verteidigen oder gar noch weiter zu mensplainen, war aber erstaunt, dass auch sonst keine widersprach.

Noch erstaunter war ich aber dann kurz vor Santiago, als ich mich im Gespräch mit anderen Pilgern an diesen Vortrag erinnerte und mir dann bewusst wurde und ich zugeben musste, dass all die genannten Thesen (zufällig?) auch meinen Erfahrungen (überwiegend) entsprachen. Es waren tatsächlich am meisten Frauen auf der Via Podiensis als überall sonst auf meinem. Wege unterwegs, und am Primitivo gab es tatsächlich einen deutlichen Männerüberschuss; die Frauen, die ich KENNENLERNTE, hatten tatsächlich häufig Liebeskummer oder eine Trennung im Gepäck, wohingegen bei Männern das Thema Beruf dominierte. Und zu guter letzt lief ich tatsächlich auch mit Pilgerinnen, die leidenschaftlich Tiere und Pflanzen analysierten und ablichteten, aber auch mit Pilgern, die sich stundenlang mit Dorf-/ und Stadtgeschichte beschäftigten.

So ganz überzeugt bin ich aber trotz eigener Erfahrung aber immer noch nicht, sondern möchte an den Zufall glauben.

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Randbemerkung: Ich finde den Threadtitel übrigens schon auf amüsante Weise patriarchal. Warum denn nicht "Pilgern Männer anders?“
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Bob
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von Bob »

Gertrudis hat geschrieben: 30. Aug 2023, 00:51 Männer haben oft ein großes Bedürfnis, erst mal zu zeigen, was sie leisten und was sie schon alles Tolles gemacht haben, und erst, wenn sie sich "sicher" fühlen, kommt dann das Zarte und die Sehnsucht und die Verletzlichkeit zum Vorschein (Männer haben also durchaus auch ein "Sicherheitsbedürfnis" ).
Das ist einfach nur sexistisch und diskriminierend
andrea+wildgans
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von andrea+wildgans »

Zunächst einmal danke für alle Eure Überlegungen und Erfahrungen! Finde ich sehr spannend!
Klar, dass "Frauen" und "Männer" heterogene Gruppen sind - und für jedes Beispiel lässt sich garantiert eine gegensätzliche Erfahrung finden...
Als ich die Frage einstellte, hätte ich spontan auch eher gesagt, dass es keine Unterschiede gibt - aber bei manchen Eurer Beiträge musste ich dann doch leicht schmunzeln, weil ich mich irgendwie ertappt fühlte! :) und auch vergleichbare Erfahrungen gemacht habe...
Und warum soll es eigentlich keine Unterschiede geben? Männer und Frauen trauern auch unterschiedlich... zumindest in der Tendenz und mit allen Ausnahmen...

@ Ötz - mit Deiner Anmerkung hast Du natürlich vollkommen recht! Aber die Anregung zu dieser Frage kam aus dem Thread zu dem Evangelischen Frauenpilgerweg - und so ist das dann eben in die Überschrift eingeflossen...

Ich hab Lust, da mal aufmerksam zu bleiben!

Liebe Grüße aus dem Emsland, Andrea
elcallo
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von elcallo »

Hallo zusammen,
meine Gedanke zum Beitrag von Camineiro:

Zitat: "Ich möchte dabei ausdrücklich betonen, dass ich nicht glaube, dass Frauen einen schlechteren Orientierungssinn als Männer haben.
Sie orientieren sich auf andere Art und Weise."

Da hast du völlig Recht, von uns Männern würde keiner jemals auf die Idee kommen, mal nach dem Weg zu fragen :lol: :lol: :lol:

Liebe Grüße an alle

elcallo
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ilfuchur
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von ilfuchur »

Also ich weiß nicht, ob Frauen anders pilgern. Ich finde nur, dass Männer nur sehr selten anders pilgern als Frauen. Ich kenne Herren, die ganz, ganz viele Fotos von schönen Blumen machen, weil sie Blumen einfach mögen. Ich hab als Frau ganz viele Fotos von toten Bäumen (ja, ich bin halt komisch). Ich bleibe als Frau an jedem Wegkreuz stehen und schnuppere die Zeiten, die es schon erlebt hat, ein Mitpilger hat jeden Caminostein gestreichelt und dessen Energie aufgefangen. An prahlende Männer kann ich mich nicht erinnern, dafür an ganz viele Frauen, die in ihrer Ehe sehr glücklich waren. Unlängst hörte ich auch, dass man beim Pilgern vielleicht vor sich wegläuft - ich laufe immer zu mir hin und ich denke, ich bin da nicht allein. Mir wurden Gespräche und Momente geschenkt, die ich nie vergessen werde - da gab es keinen Unterschied zwischen er*in.

Nein, ich glaube nicht, dass es beim Pilgern einen männlich/weiblich Unterschied gibt ... bis auf den vielleicht, dass Herren - das Gewicht, das Gewicht! - selten einen BH im Rucksack haben.
Aber bei 20 Pilger*innen gibt es 21 unterschiedliche Arten, Weisen, Beweggründe und Vorlieben beim Pilgern, weil jeder so pilgert, wie es für ihn gerade richtig und gut ist. Dafür ist Pilgern da!

Ich glaube, der große Unterschied liegt zwischen Pilgern und Alltag: Zu Fuß gehen tun nur selten Männer, die ein Auto mit lauter Hupe brauchen, um sich männlich zu fühlen :twisted:

:arrow: :arrow: :arrow:
Pilger, die beim Gehen manchmal einfach nur Bauch und Füße sind - #Bauchfüßler eben.
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Ronald
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von Ronald »

Naja, EIN Unterschied fällt mir schon ein: Männer müssen hinterm Baum nicht unbedingt den Rucksack absetzen ... 😉
*duck und wech*
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Frau Holle
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von Frau Holle »

Ronald hat geschrieben: 10. Sep 2023, 20:17 Naja, EIN Unterschied fällt mir schon ein: Männer müssen hinterm Baum nicht unbedingt den Rucksack absetzen ... 😉
*duck und wech*
Das muss ich auch nicht 👽
u l t r e i a
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Simsim
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von Simsim »

Frau Holle hat geschrieben: 10. Sep 2023, 20:38
Ronald hat geschrieben: 10. Sep 2023, 20:17 Naja, EIN Unterschied fällt mir schon ein: Männer müssen hinterm Baum nicht unbedingt den Rucksack absetzen ... 😉
*duck und wech*
Das muss ich auch nicht 👽
Ich auch nicht. Weder hinter, vor oder neben dem Baum. Weder zum pinkeln, noch zum k....😂. Und ich trage einen 80 Liter Riesenrucksack. Tja....nicht mal hier funktionieren die Verallgemeinerungen :roll:
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ilfuchur
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von ilfuchur »

Ronald hat geschrieben: 10. Sep 2023, 20:17 Naja, EIN Unterschied fällt mir schon ein: Männer müssen hinterm Baum nicht unbedingt den Rucksack absetzen ... 😉
*duck und wech*
:lol: :lol: :lol:

Das Problem mit dem Rucksack hab ich auch nicht, aber manchmal das Problem, einen Ort zu finden, an dem ich das machen kann, wozu ich ihn nicht absetzen muss.

Das ist der Unterschied: Männer brauchen einen Baum als Ziel, ich brauche einen Baum zum dahinter Verstecken.

:arrow: :arrow: :arrow:
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Simsim
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von Simsim »

ilfuchur hat geschrieben: 11. Sep 2023, 10:48
Ronald hat geschrieben: 10. Sep 2023, 20:17 Naja, EIN Unterschied fällt mir schon ein: Männer müssen hinterm Baum nicht unbedingt den Rucksack absetzen ... 😉
*duck und wech*
:lol: :lol: :lol:

Das Problem mit dem Rucksack hab ich auch nicht, aber manchmal das Problem, einen Ort zu finden, an dem ich das machen kann, wozu ich ihn nicht absetzen muss.

Das ist der Unterschied: Männer brauchen einen Baum als Ziel, ich brauche einen Baum zum dahinter Verstecken.

:arrow: :arrow: :arrow:
Und vielleicht auch tatsächlich noch ein Unterschied:

Es gibt leider einen Haufen Männer, die das normal finden....nämlich vor aller Augen zu pinkeln...gerade mal weggedreht. Frauen finden es zumeist eher weniger normal...daher verstecken sie sich. Mir wäre es sehr angenehm, auch diesen Unterschied aufzuheben und Männer in eindeutigen Positionen nicht mehr aktiv ignorieren zu müssen.
Also bitte: ALLE hinter Büsche und Bäume 🌳🌲!
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Icecube84
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von Icecube84 »

Oh ja, bin ich voll dafür :!:
Buen Camino,
Jani

Camino francés / Pilgerweg McPomm / Camino portugués / Jakobusweg Lüneburger Heide / Via Scandinavica
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ilfuchur
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von ilfuchur »

Da bin ich ganz und voll und voll und ganz dabei!!!!!!!

Allerdings gab es auf meinen Wegen nur einmal eine solche Situation... im Gegensatz zu nicht Caminos. Das ist vielleicht auch so ein Autuhupensyndrom :twisted:

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Simsim
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von Simsim »

ilfuchur hat geschrieben: 11. Sep 2023, 20:55 Da bin ich ganz und voll und voll und ganz dabei!!!!!!!

Allerdings gab es auf meinen Wegen nur einmal eine solche Situation... im Gegensatz zu nicht Caminos. Das ist vielleicht auch so ein Autuhupensyndrom :twisted:

:arrow: :arrow: :arrow:
Nur einmal???
Schon auf meinen ersten Caminos war es Thema unter Frauen: "Männer pinkeln einfach am Wegesrand aber wie machen WIR das, in der Meseta z.b. und überhaupt..., wenn es weit und breit kein Versteck gibt und ständig Leute angelaufen kommen...?"
Wir hatten dann unter viel Gelächter die Idee, uns unter den Regenponcho zu hocken 😅....
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Frau Holle
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Re: Pilgern Frauen anders?

Beitrag von Frau Holle »

Die Regenponcho-Idee hatte ich auch schon mal, aber noch nie umgesetzt, weil ich mich im Zweifel einfach in Richtung des Weges hocke und dann sehen die Leute nichts unbedecktes von mir. Und wenn eine Frau aus einem Dickicht kommt weiß man eh, dass sie pinkeln war, dann könnte sie mich da auch sitzen sehen.

Der große Vorteil daran, dass Frauen sich die Mühe machen einige Meter vom Weg wegzugehen ist aber auch, dass es direkt am Weg nicht so übertrieben stark nach Urin riecht und ich die meisten Geruchsbelästigungen beim laufen dürften wir vermutlich Männern verdanken, die keine Lust haben 10m zur Seite zu gehen
u l t r e i a
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