Nachdem ich im Jahre 2012 den Olavsweg von (Oslo bzw.) Eidsvoll (ich bin später eingestiegen) nach Trondheim gepilgert bin,
hat es mich dieses Jahr und somit 12 Jahre später auf die schwedische Variante von Sundsvall nach Trondheim gezogen.
Zum Einstieg ein Resümée des Weges ...
Gegenüber der Olavswegvariante Oslo-Trondheim (643km) ist die schwedische Variante mit insgesamt 583km etwa 80km kürzer
(sofern man beide als Ganzes in Betracht zieht).
Natürlich kann man bei beiden Varianten auch irgendwo mittendrin einsteigen. Öffentliche Verkehrsmittel lassen das gut zu.
Im Vergleich zur Oslo-Variante schien mir die Schwedenvariante asphaltlastiger zu sein. Aufgrund der schon länger zurückliegenden Oslopilgerschaft verklärt sich sicherlich manches, aber eine Mitpilgerin hatte den gleichen Eindruck. Gegen Ende kurz vor dem Grenzübertritt nach Norwegen hatte es zB eine durchgehende Asphaltstrecke von 43km (davon habe ich 32km mit dem Pkw übersprungen).
Im schwedischen Teil sind die körperlichen Anforderungen eher gering. Es geht gemächlich von Sundsvall (Meereshöhe) langsam immer höher bis zum höchsten Punkt des Weges (650m NN) kurz hinter der Grenze nach Norwegen. Danach fällt das Gelände innerhalb von 2 Tagesetappen steil bis auf 40m ab (Vuku).
Das Gelände hinter Verdal bis nach Trondheim unterscheidet sich grundlegend vom schwedischen Teil. Es geht munter auf und ab mit einigen steilen und anstrengenden Passagen. Die letzten 4 Etappen waren (für mich) wg. der Wegbeschaffenheit die körperlich forderndsten Etappen des gesamten Weges. Es waren vorwiegend schmale Waldpfade mit Wurzelwerk und/oder Steinen, die bei entsprechendem Wetter nass, schlammig und sumpfig waren.
Bis auf ca. 3 Tage hatte ich tagsüber weitestgehend trockenes Wetter. Gelegentlich gab es nachts starke Regenfälle.
Manchmal war es ziemlich kalt mit schneidend kaltem Wind. Wenn die Sonne schien, konnte es angenehm warm werden (bis zu 23°C).
Die Landschaft ist abwechslungsreich und schön. Unterkünfte sind ausreichend vorhanden. Die ersten zwei hatte ich jeweils tags zuvor angerufen und reserviert. Danach bin ich auf gut Glück weitergelaufen bzw. habe am selben Tag angerufen. Hat meistens geklappt.
Die Schweden und Norweger sind Pilgern gegenüber sehr nett und aufgeschlossen. Oft ergab sich ein kurzer Schnack am Wegesrand.
Wenn Hilfe benötigt wurde, gab‘s keinerlei Probleme sie zu bekommen.
Häufig wurde man gegrüßt, auch aus entgegenkommenden Autos auf den Strassenpassagen.
Bei Strassenabschnitten ohne Gehweg am Rand fuhren die Autofahrer sehr rücksichtsvoll und langsam an einem vorbei bzw. holten weit auf die Gegenspur aus.
Sehr angenehm war, dass Supermärkte in Schweden und Norwegen auch sonntags geöffnet haben.
In beiden Ländern wird fast alles mit Karte bezahlt. Bargeld wird man nur schwer los.
Einmal wollte ich eine Lakritzstange (45Kr.) in bar bezahlen, was mir verweigert wurde.
Meiner Erinnerung nach gab es nur 2 Unterkünfte, die cash-Bezahlung verlangten.
Schweden war dabei das deutlich günstigere Land.
Ab der Grenze zu Norwegen verteuerten sich die Pilger-Unterkünfte.
Während ich in Schweden zwischen 165Kr. (Übernachtung in einer Hütte ohne Verpflegung) bis max. 800Kr. (mit allem Zick und Zack) bezahlte,
wurde das Preisgefüge mit Übertreten der Grenze etwas teurer (zwischen 450Kr. und 1100Kr., jew. mit Verpflegung). Gottseidank waren das in Norwegen max. 8 Übernachtungen.
In Schweden und Norwegen gilt das Allemannsretten (Jedermannsrecht), d.h. man darf überall ausserhalb der Sichtweite von Besiedlung irgendwo auf Wiesen, im Wald oder am See sein Zelt aufstellen.
Man kann natürlich auch Anwohner oder an Bauerhöfen fragen, ob man in der Nähe der Häuser campen darf.
Dadurch vergünstigen sich die Ausgaben für Unterkünfte enorm.
Allerdings muss man dann auch mehr Equipement und Verpflegung mitschleppen.
Ich war ohne Zelt unterwegs.
Mücken stellten sich auf dem gesamten Weg entgegen anderslautenden Aussagen nur als kleines Problem dar.
Mein in Sundsvall teuer bezahltes Mückenspray kam nur 3-4x zum Einsatz.
Dann war es aber äußerst wirkungsvoll. Die Mücken und Bremsen mochten mich danach nicht mehr.
In Norwegen habe ich von Mücken fast nichts gemerkt.
Für Pilger mit wenig(er) Zeit würde ich vorschlagen, den Weg nicht in Sundsvall zu beginnen, sondern später einzusteigen. Man kann viele Orte mit der Bahn ansteuern. Das geht problemlos. Gute Einstiegsorte wären Torpshammar, Bräcke, Östersund oder Åre.
Ausser dem Pilgerscenter in Selånger gibt es weitere in Frösö, Stiklestad und Trondheim.
In den drei letztgenannten kann man als Pilger übernachten.
Meine Etappen und Übernachtungen:
1.) Sundsvall über Selånger nach Matfors, ca. 32km. Übernachtung im Folkan Matfors, 250Kr. (ca. 21,68€ inkl. Handtuch ohne Verpflegung)
Nebenan befindet sich ein ICA-Supermarkt, wo man sich mit Verpflegung eindecken kann.
2.) Matfors - Stöde, ca. 24km. Übernachtung auf dem örtlichen Campingplatz in einer Holzhütte ohne sanitäre Einrichtung, ohne Verpflegung.
Im Ort gibt es einen ICA-Supermarkt. Sanitäreinrichtungen auf dem Campingplatz wie üblich Gemeinschaftsduschen und -Toiletten.
Übern.Kosten 400Kr. (Pilgerpreis !)
3.) Stöde - Torpshammar, ca. 20km. Übernachtung auf dem Abenteuercampingplatz Camp Midadventure in einer Holzhütte mit fliessend kaltem Wasser.
Gemeinschaftsduschen und Toiletten. Im Camp gab es einen Kletterpark, mehrere Ziplines und einen eigenen Badesee.
Übern.Kosten 350Kr. (Pilgerpreis) ohne Verpflegung.
4.) Torpshammar - Borgsjö, ca. 26km. Übernachtung auf dem Campingplatz Borgsjö Strand in einer Pilgerhütte mit fliessend kaltem Wasser nahe der Tankstelle. Gemeinschaftsduschen und -Toiletten.
Übern.Kosten 165Kr. (Pilgerpreis, ohne Verpflegung und günstigste Übernachtung meiner Wanderung).
In der Tankstelle nebenan konnte man Fertiggerichte kaufen. Und morgens frühstücken und Kaffee trinken.
5.) Borgsjö - Bräcke, ca. 43km. Die längste Etappe meiner Wanderung. Die Langstrecke war eigentlich so nicht geplant.
Ursprünglich wollte ich nach ca. 25km in einer Gratishütte ohne jegliche Einrichtung am See übernachten.
Diese war jedoch schon durch ein junges Liebespärchen belegt. Da wollte ich dann nicht stören.
Nach weiteren 5km hatte ich die Alternativunterkunft nicht gefunden ...
und dann stand da dieses Schild "Bräcke 12km". Da es erst 15:30Uhr war und die Sonne in Schweden um diese Jahreszeit spät untergeht, dachte ich mir "Das schaffst Du auch noch". Gesagt, getan.
Übernachtung in Gården Eriksberg bei Tord Lundqvist. Ich würde diesen Mann mit dem Alchimisten in Navarrenx vergleichen.
Sehr viel Charisma, ausgesprochen nett und hilfsbereit. Nach der langen Etappe bin ich dort für zwei Nächte geblieben - Pausentag.
Pro Übernachtung habe ich 500Kr. bezahlt (inkl. Frühstück, Abendessen, Waschmaschine und nette Plauschabende im Wohnzimmer).
In Bräcke kann man gut und günstig im Folkethus zu Mittag essen.
Darüberhinaus gibt es eine preisgekrönte Eisdiele gegenüber des Bahnhofs.
6.) Bräcke - Gällö, ca. 20km. Übernachtung auf dem Campingplatz Camp Viking in einer Holzhütte am See.
Sanitäreinrichtungen in fussläufiger Entfernung, Restaurant bei der Rezeption. Es gibt belgische Biere (Leffe, Trappisten, Duvel etc.).
Übern.Kosten 300Kr. (Pilgerpreis).
7.) Gällö - Pilgrimstad, ca. 20km. Übernachtung im örtlichen Vandrarhem (Wanderheim). Es gab 2 Zimmer mit je 2 Betten, Küche, Bad und
Wohnzimmer. Ich hatte alles für mich alleine. Über die Ü-Kosten bin ich mir nicht mehr ganz sicher. Ich meine 250Kr. + 50Kr. für das Frühstück (Müsli, Joghurt, Brot mit Käseaufschnitt, Kaffee, Milch).
8.) Pilgrimstad - Brunflo, ca. 24km. Übernachtung bei Privatleuten in einer kleinen 1-Raum Einliegerwohnung. Ü-Kosten 350Kr. ohne Verpflegung.
Pizzeria und 2 Supermärkte (ICA und Co-op) in fussläufiger Entfernung.
9.) Brunflo - Frösö, ca. 26km. Übernachtung im dortigen Pilgerscenter (Kosten ohne Verpflegung 350Kr.).
Es gab eine kleine Küche zur Selbstversorgung. Kaffee und Tee vorhanden.
10.) Frösö - Nälden, ca. 18km. Übernachtung im Sportheim des örtlichen Eishockey-Clubs (Mehrbettzimmer Albergue-like).
Kann über booking gebucht werden. Ü-Kosten 217,86Kr. ICA-Supermarkt direkt nebenan. Küche kann zur Selbstversorgung genutzt werden.
11.) Nälden - Wången, ca. 19km. Übernachtung auf dem Reiterhof in Wången (Wången Wärdshus). Ü-Kosten EZ 350Kr. + 100Kr. Frühstück.
Dusche und Toilette auf dem Flur.
12.) Wången - Mörsil, ca. 22km. Übernachtung im "Old Parsonage" (Altes Pfarrhaus). Ü-Kosten mit allem Zick und Zack (Frühstück, Bettwäsche, Handtuch, Nutzung Waschmaschine) etwa 800Kr. (genau weiss ich es nicht mehr).
Eine der wenigen Übernachtungen, die bar abgerechnet wurden.
Im Ort gibt es einen ICA-Supermarkt.
13.) Mörsil - Hållands Gården (Hotell), ca. 20km. Übernachtung im gleichnamigen Hotel, Kosten inkl. Frühstück 560Kr.
14.) Hållands Gården - Duvedsbyn, ca. 34km (davon habe ich den Abschnitt Undersåker bis Duved, etwa 23km, mit dem Bus geskippt).
Übernachtung in der Millestgården Eco Lodge, gebucht über Expedia Ü/F 56€.
15.) Duvedsbyn - Tännforsen (Touriststasjon), ca. 11km. Übernachtung in der Pilgerhütte für 795Kr. inkl. Abendessen, Frühstück u. Lunchpaket sowie Nutzung der Waschmaschine.
Den weiteren Weg von Tännforsen nach Skalstugan (ca. 32km an der Strasse) am nächsten Morgen habe ich geskippt.
Der Betreiber der Pilgerhütte hat mich nach Skalstugan gefahren.
16.) Skalstugan - Skogset/Sul, ca. 22km. 1. Station in Norwegen und Grenzübertritt.
Übernachtung im renovierten Stabbur auf der ehemaligen Farm Skogset. Ü/VP = 1000 NOK.
Hier konnte ich meine überzähligen schwedischen Kronen loswerden, da die Dame des Hauses gerne nach Åre/SWE zum Shoppen fuhr.
17.) Sul - Vuku, ca. 26km. Übernachtung im Auskin Kreative Senter, Ü/F = 650 NOK.
18.) Vuku - Munkeby, ca. 28km. Übernachtung in der Herberge Munkeby. Ü/F/Lunchpaket = 530 NOK.
19.) Munkeby - Troset Gård (Markabygda), ca. 18km. Ü/VP = 1100 NOK.
20.) Troset Gård - Borås, ca. 23km. Ü/F = 420 NOK.
21.) Borås - Ersgård, ca. 22km. Übernachtung in der Pilgerhütte "Smia" ohne Strom und Sanitäreinrichtungen.
Für Letzteres musste man 500m zum Hotel Ersgård laufen. Ü/VP = 850 NOK (sehr gutes Abendessen).
22.) Ersgård - Folden Gård, ca. 20km. Übernachtung im 6-Bett-Zimmer. Ü/VP 65€. Man konnte in NOK oder € bezahlen.
Die Hospitalera war Holländerin und sprach u.a. fliessend Deutsch.
23.) Folden Gård - Trondheim (Nidaros Pilegrimsgård), ca. 33km. Übernachtung im P-Hotels Brattøra neben dem Bahnhof mit Blick auf Hafen und Bahngleise. Ü/F = ca. 74€ (gebucht über Expedia).
Pilgerbegegnungen gab es wenige. Zunächst 2 Pilger an den ersten beiden Tagen. Dann lange nichts.
Gelegentlich wurde ich von Radpilgern überholt, die dann aber natürlich nicht mehr gesehen wurden.
Erst hinter Frösö bin ich einem holländischen Pilgerpaar ein paar mal begegnet.
In der Pilgerhütte am Tännforsen (Schwedens grösster Wasserfall) habe ich mit 3 holländischen Pilgern übernachtet.
In Sul/Skogset habe ich ein deutsches Pärchen aus dem Saarland getroffen, mit dem ich auf den restlichen Etappen bis Folden Gård die Herbergen geteilt habe.
In Folden Gård wurde es dann auf einmal voll. Kurz vor Schluss waren dort 10 Pilger gleichzeitig zu Gast: 1 Schwedin, 1 Holländer und 8 Deutsche.
Alles in allem eine interessante und abwechslungsreiche Wanderung.
Vermisst habe ich Einkehrmöglichkeiten, um unterwegs mal einen Kaffee zu trinken und etwas Warmes zu essen.
In vielen Orten gibt es sogenannte Hembygårds (eine Art Heimatmuseum), die Kaffee und Kuchen anbieten.
Leider nur zu beschränkten Zeiten (11-16 Uhr). Häufig kam ich entweder zu früh oder zu spät dort vorbei.
Ausweichen kann man bzgl. Kaffee auf die wenigen Tankstellen, die man passiert.
Dort gibt es immer einen Kaffeeautomaten und Kleinigkeiten zu essen.
Sitzgelegenheiten (Pilgrimsoffan) gab es immer dort, wo man sie eigentlich nicht braucht: in der Nähe von Ortschaften.
Wenn es aber durch Feld, Wald und Wiesen ging, war kilometerweit nichts vorhanden.
Wer gerne outdoor schläft, für den gab es gelegentlich sogenannte Shelter. Halboffene, aber vor Regen geschützte Holzhütten.
Diese kann man umsonst benutzen.
Manchmal mit Plumpsklo nebenan, manchmal ohne.
Waschgelegenheit im nahen See oder Fluss.
Meistens mit Feuerstelle.
Schweden und Norweger sprechen i.d.R. neben Ihrer Landessprache gutes Englisch.
Manchmal überraschend auch Deutsch.
Telefonieren wg. einer Unterkunftsreservierung stellt eigentlich kein Problem dar.
Ein paar kurze Sätze in Schwedisch oder Norwegisch einstudieren und schon hat man die Menschen auf seiner Seite.
Der Olavsweg ist durchgehend gut bis sehr gut mit dem Olavswegzeichen markiert.
Literatur zum Weg findet man u.a. im Outdoorführer.
Desweiteren gibt es mehrere Reisetagebücher zum Olavsleden.
Eine gute Quelle mit Informationen zum Weg bietet die Internetseite S:t Olavsleden.
Zu guter Letzt die Stempelfrage ...
Stempel gibt es wirklich mehr als genug.
Entweder in den Unterkünften, in oder aussen an den Kirchen oder häufig an Stellen, wo man nicht damit rechnet, z.B. mitten im Wald.
Dort steht oder hängt dann ein briefkastenähnliches Gebilde, in dem sich der Stempel und häufig ein Wander-/Gästebuch befindet.
Auf meiner Wanderung habe ich zwei komplette Pilgerausweise vollgestempelt.
Das ist nicht Pflicht. Man braucht nicht jeden Stempel. Einer pro Tag reicht.
Das gilt auch auf den letzten 100km.
Ich sammel halt gerne .
Um den Olavsbrief zu bekommen, bedarf es für Fusspilger der lückenlosen Dokumentierung der letzten 100km mit einem Stempel pro Tag.
Im Pilgerbüro im Nidaros Pilegrims Gård hinterm Dom sind die Mitarbeiter sehr nett.
Es wurde Kaffee und Gebäck gereicht.
Der Weg ist durchaus eine Empfehlung.
God tur ...
S:t Olavsleden Sundsvall/Selånger - Trondheim Jul./Aug. 2024
Re: S:t Olavsleden Sundsvall/Selånger - Trondheim Jul./Aug. 2024
Mensch, Uwe, willkommen zurück, und vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht! Da bleiben keine Frage offen . Ich bekomme richtig Lust, auch mal im Norden Europas zu pilgern
There is a crack, a crack in everything
That′s how the light gets in
Leonard Cohen
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- beliperegrina
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Re: S:t Olavsleden Sundsvall/Selånger - Trondheim Jul./Aug. 2024
Ja, das war spannend zu lesen.
Mange tak
Mange tak