Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Bis zu meinen notgedrungenen Reiseplanänderungen war mir der Camino Baztan kein Begriff.
Geplant hat ich den Aufstieg zum Somportpass und den Camino Aragones bis Puente la Reina und zurück gegen die Richtung nach Pamplona.
Nach meinem ersten Pilgertag erreichte ich Oloron Saint Maire, den Ausgangspunkt zum Aufstieg zum Col de Somport.
Aufgrund des starken Regens der letzten Zeit war der Fluss Aspe so über das Flussbett getreten, dass Etsaut komplett überschwemmt war und die Verbindungsstraße zum Col de Somport weggeschwemmt war. Der Weg wurde komplett gesperrt, kein Durchkommen für Autos, Bahnen, Züge, geschweige denn Fußgänger.
Gleich nach dem ersten Tag stand ich da mit der Frage: Was nun? Da ich den Camino Frances für mich ausgeschlossen hatte und ihn schon gelaufen bin, kam die Zugfahrt nach St. Jean Pied de Port erst einmal nicht in Frage um den Frances zu folgen. Außerdem hätte es am nächsten Tag auch keine Verbindung gegeben und ich hätte einen Tag in Oloron bleiben müssen.
Meinen Wunsch einen ruhigen Weg zu gehen wollte ich nicht aufgeben. Nach Rücksprache mit der Hospitaliera entschied ich mich dazu, zu Fuß nach St. Jean Pied de Port weiter zu laufen.
Also folgte ich vier Tage dem Camino Piemonte. Dieser Weg verbindet die aus dem Süden kommenden Wege mit dem Frances.
Es geht vier Tage lang durch das Pyrenäenvorland, auf und ab, ist sehr ruhig, gut ausgeschildert und war wunderschön.
Die erste halbe Tagesetappe nach L'Hospital St. Blaise, 23,3km war noch relativ "langweilig". Ich folgte einem kleinen, nicht befahrenen Landsträßchen, entlang von Maisfeldern. Im ersten Ort nach ca. 5km bot mir eine ältere Dame am Sonntag bei geschlossenem Tante-Emma-Laden eine Tasse Kaffee an. Sie freute sich, dass ich Interesse an der Kirche zeigte und schloss sie für mich auf. Nach einem Stempel, einem Kaffee mit Keksen und Schokolade zog ich von dannen und durfte den Kaffee nicht bezahlen. Gegen Mittag stand ein Schild vor einer Scheune: Pilger, komm rein - geöffnet. Ich fand eine Scheune mit einem liebevoll gedecktem Tisch mit Porzellantellern, Teekanne, Gebäck, Studentenfutter, Kleinigkeiten -allem was das Pilgerherz begehrt. Auf einem anderen Tisch stand eine Kaffeemaschine, ein Wasserkocher, Säfte, ein Likör... Ich setzte mich alleine in die Scheune, legte die Beine hoch und genoss die Pausenmöglichkeit, ansonsten gab es auf dem Weg keine Möglichkeiten. Nach einer Spende in das Sparschwein auf dem Tisch zog ich von dannen. Nach diesem Ort ging es in einen Wald hinein, er war wunderschön, nur sehr matschig und rutschig und die Kilometer zogen sich aufgrund des Wegzustandes in die Länge. Der Lehm hing an den Stiefeln, abwärts hatte ich großen Respekt, weil ich mit meinem Koordinationsproblem in dem rutschigen Gelände Angst hatte zu fallen. Über kleine Rinnsaale und Flüsschen kam ich zum Tagesziel: L'Hospital Saint Blaise. Außer einigen wenigen Häusern, einer Kirche und der Pilgerherberge gab es nichts, bis auf einen Automaten vor der Herberge. Dieser enthielt Frühstückspakete mit Zwieback, Tee, Marmelade und Kaffeepulver und einiges an Süßkram. 8 Betten hat die Herberge. Antoine der Hospitaliero würde sich um das Pilgermenue kümmern. Okay, das Menüe hatte ich mir anders vorgestellt, aber ich konnt aus einer großen Anzahl Dosensuppen als Vorspeise, vielen Mikrowellengerichten, einigen abgepackten Küchlein und Obst auswählen. Auf diesem Weg zählte die Devise: besser als nix.
Am Tag 2 führte der Weg nach Mauleon-Licharre, 17,1km. Auch wieder eine Herberge mit 8 Betten, aber dieses Mal ein Ort mit Einkaufsmöglichkeit. Bis zum Ende dieser Etappe gab es wieder keine Bar oder ähnliches. Der Weg war sehr schön. Es ging auf und ab, die Wolken im Tal leuchteten wunderschön und durch viele kleine Wege ging es auf und ab. Manchmal war ich mir nicht sicher, ob der Weg durch ein Bachbett läuft oder ob der vergangene Regen sich in diesen Rinnen den Weg sucht. Durch diverse Weidegebiete und Tore führte der Weg bergauf, später ging es auf einer Landstraße bergab. Immer saßen dicke, häßliche Kröten in einer Größe, wie ich sie noch nie gesehen habe, auf dem Weg. Das Bimmeln von Kuhglocken und Schafglocken begleitete mich munter auf vielen Kilometern.
Wissend, dass es auf dem Weg morgen, wieder keine Einkaufsmöglichkeit gibt, füllte ich meinen Obst, Nuss und Brotvorrat für die nächsten Tage auf. Auch wennn das Zusatzgewicht bedeutet: man ist froh, was essbares dabei zu haben.
Am Wegesrand fand ich Anfang/Mitte September oftmals Äpfel, Pfirsiche und Maronen. Meine italienischen Mitpilger haben unterwegs Maronen gesammelt, und diese kochten wir abends in der Herberge und knabberten diese in unserer kleinen Runde.
Der Weg ist sehr ruhig. Heute waren wir tatsächlich zu sechst in der Herberge, eine sehr nette, kleine Runde.
Tag 3 führte nach St. Just de Barre, 22,3km, ebenfalls ein Ort ohne irgendwas. Das man auf dem Weg keine Einkehrmöglichkeiten hat, nichts oder fast nichts kaufen kanan, ist für mich neu. Der Weg heute waren wunderschön. Okay, es ging sehr viel hoch und runter und vor allem ging es durch Matsche (mit Wasser verquirlte Exkremente ) rutschig hoch und runter und ich dachte oftmals: bitte nicht fallen! Durch Weidegebiete und Tore ging es wieder hoch und runter, die wenigen ebenen Meter waren nicht erwähnenswert. Viele Naturwege, wenige Straßenmeter. Schaf und Kuhherden, wilde Pferde standen auf dem Weg. Unter dem strahlend blauen Himmel leuchteten die Farben strahlend hell. Irgendwann ging es über einen Forstweg immer weiter hinauf, der Weg ging in Wiesenweg und Trampelpfade über. Schritt für Schritt aufwärts und ich genoss den Blick über die Berge und Hügel, die Farben, das Wetter. Dass meine Beine und Schuhe sich in einem sauberen Zustand befänden, könnte ich nicht sagen, aber das tägliche Schuheputzen gehört inzwischen dazu. Sofern es eine Wurzelbürste gibt, werden die Schuhe am Ende des Tages gründlich gereinigt. Das Wäschewaschen war etwas schwieriger, weil die Temperaturen nach der Ankunft sonnig, aber zu kalt für die Wäsche waren. Heizung gab es nicht. Aber das wichtigste waschen und auslüften war möglich. Der Abstieg über ein kleinstes Sträßchen zog sich in die Länge, vor allem dadurch, dass mein Knie höllisch schmerzte. Aufstiege kein Problem, aber die Abstiege: manchmal entfuhr mit ungewollt ein Schmerzschrei.
In St. Just Ibarre wird Pilgern ein Bett in einem Privathaushalt angeboten und dort traf ich auf meine vier Mitpilger. Das Haus war alt, etwas unordentlich und vollgestopft, aber ich bekam ein 140cm breites Bett in einem Zimmer für mich alleine. Da es nichts zu kaufen gab, war ich dankbar über das Angebot vom Abendbrot und Frühstück. Die Hospitaliera kochte für uns, das Frühstück gab es allerdings schon sehr früh, da die Bewohner morgens um 7.00 das Haus zur Arbeit verlassen mussten und wir somit auch gehen mussten.
Tagesetappe 4 führt nach St. Jean Pied de Port, 23,8km, bekanntlich der Einstiegsort für viele Pilger auf dem französischen Weg. Man riet uns durch die Hospitalieros die etwas kürzere Wegführung über die Landstraße zu nehmen. Auf der Hälfte der Strecke kann man auf den Originalweg zurückgehen, sofern man möchte. Auf der ersten Hälfte des Weges wäre das Gelände unwegsam, sehr rutschig und matschig durch die Wetterlage.
So ging es auf einem winzigen Sträßchen ohne Autoverkehr langsam aufwärts. Über das Sträßchen kann man zügig und einfach gehen, auch wenn es ständig aufwärts geht. Ohne Tageslicht hätte ich nicht durch das Gelände laufen wollen, aber über das Sträßchen war es kein Problem. Mitte September kann man fühstens ab 8 Uhr genügend sehen. Highlight heute: eine Bar wenige Meter neben dem Weg mit Blick über das Tal und Blick auf St. Jain Pied de Port. Um 10 Uhr genoss ich erstmals einen leckeren Caffee con leche der hier noch Café au lait heißt, da ich noch in Frankreich bin.
Alleine saß ich draußen in der Hotelbar und schnell merkte ich, dass die Temperaturen noch kühl sind und ich mich nur durch das Laufen so aufgeheizt fühle. Hinter der Bar gehe ich auf den Originalweg zurück. Der Weg läuft über einen zugewucherten Pfad durch Farne und Brombeerranken auf einen Wiesenweg im Hang oberhalb der Straße, die ich die ganze Zeit laufe. Auf Naturwegen geht es steil abwärts, dieser Weg wäre mit einem lädierten Knie über die Landstraße leichter zu laufen gewesen. Es schießt immer wieder schmerzhaft in mein Knie. Nach dem Abstieg folge ich über mehrere Kilometer den kleinen Straßen und Vororten nach St. Jean PdP. Der Camino Piemonte /GR78 endet hier und geht bis SJPdP in die Via Podensis über. Schlagartig sind wesentlich mehr Pilger auf dem Weg. Waren wir seit 5 Tagen zu fünft unterwegs, sieht man jetzt immer wieder Pilgergruppen. Vor der Herberge in SJPdP treffe ich meine Mitpilger und wir warten auf die Öffnungszeit. Heute werde ich mich von meinen italienischen Mitpilgern verabschieden, die von hier Richtung Irun weiter gehen um auf den Camino del Norte abzubiegen.
Bis kurz vor Pamplona (Trinidad del Arre) werde ich für drei Etappen dem französischen Weg folgen um dann den Camino Baztan entgegen der Richtung in fünft Tagen nach Bayonne zu folgen. Ich hoffe, ich finde den Weg. Generell ist er wohl nicht so gut gekennzeichnet und entgegen der Laufrichtung schon gar nicht. Die GPS-Daten habe ich mir heruntergeladen und so werde ich versuchen, den Weg zu finden. Ich sehne mich nach der Einsamkeit und Ruhe auf dem Weg und möchte mich nicht getrieben fühlen.
Geplant hat ich den Aufstieg zum Somportpass und den Camino Aragones bis Puente la Reina und zurück gegen die Richtung nach Pamplona.
Nach meinem ersten Pilgertag erreichte ich Oloron Saint Maire, den Ausgangspunkt zum Aufstieg zum Col de Somport.
Aufgrund des starken Regens der letzten Zeit war der Fluss Aspe so über das Flussbett getreten, dass Etsaut komplett überschwemmt war und die Verbindungsstraße zum Col de Somport weggeschwemmt war. Der Weg wurde komplett gesperrt, kein Durchkommen für Autos, Bahnen, Züge, geschweige denn Fußgänger.
Gleich nach dem ersten Tag stand ich da mit der Frage: Was nun? Da ich den Camino Frances für mich ausgeschlossen hatte und ihn schon gelaufen bin, kam die Zugfahrt nach St. Jean Pied de Port erst einmal nicht in Frage um den Frances zu folgen. Außerdem hätte es am nächsten Tag auch keine Verbindung gegeben und ich hätte einen Tag in Oloron bleiben müssen.
Meinen Wunsch einen ruhigen Weg zu gehen wollte ich nicht aufgeben. Nach Rücksprache mit der Hospitaliera entschied ich mich dazu, zu Fuß nach St. Jean Pied de Port weiter zu laufen.
Also folgte ich vier Tage dem Camino Piemonte. Dieser Weg verbindet die aus dem Süden kommenden Wege mit dem Frances.
Es geht vier Tage lang durch das Pyrenäenvorland, auf und ab, ist sehr ruhig, gut ausgeschildert und war wunderschön.
Die erste halbe Tagesetappe nach L'Hospital St. Blaise, 23,3km war noch relativ "langweilig". Ich folgte einem kleinen, nicht befahrenen Landsträßchen, entlang von Maisfeldern. Im ersten Ort nach ca. 5km bot mir eine ältere Dame am Sonntag bei geschlossenem Tante-Emma-Laden eine Tasse Kaffee an. Sie freute sich, dass ich Interesse an der Kirche zeigte und schloss sie für mich auf. Nach einem Stempel, einem Kaffee mit Keksen und Schokolade zog ich von dannen und durfte den Kaffee nicht bezahlen. Gegen Mittag stand ein Schild vor einer Scheune: Pilger, komm rein - geöffnet. Ich fand eine Scheune mit einem liebevoll gedecktem Tisch mit Porzellantellern, Teekanne, Gebäck, Studentenfutter, Kleinigkeiten -allem was das Pilgerherz begehrt. Auf einem anderen Tisch stand eine Kaffeemaschine, ein Wasserkocher, Säfte, ein Likör... Ich setzte mich alleine in die Scheune, legte die Beine hoch und genoss die Pausenmöglichkeit, ansonsten gab es auf dem Weg keine Möglichkeiten. Nach einer Spende in das Sparschwein auf dem Tisch zog ich von dannen. Nach diesem Ort ging es in einen Wald hinein, er war wunderschön, nur sehr matschig und rutschig und die Kilometer zogen sich aufgrund des Wegzustandes in die Länge. Der Lehm hing an den Stiefeln, abwärts hatte ich großen Respekt, weil ich mit meinem Koordinationsproblem in dem rutschigen Gelände Angst hatte zu fallen. Über kleine Rinnsaale und Flüsschen kam ich zum Tagesziel: L'Hospital Saint Blaise. Außer einigen wenigen Häusern, einer Kirche und der Pilgerherberge gab es nichts, bis auf einen Automaten vor der Herberge. Dieser enthielt Frühstückspakete mit Zwieback, Tee, Marmelade und Kaffeepulver und einiges an Süßkram. 8 Betten hat die Herberge. Antoine der Hospitaliero würde sich um das Pilgermenue kümmern. Okay, das Menüe hatte ich mir anders vorgestellt, aber ich konnt aus einer großen Anzahl Dosensuppen als Vorspeise, vielen Mikrowellengerichten, einigen abgepackten Küchlein und Obst auswählen. Auf diesem Weg zählte die Devise: besser als nix.
Am Tag 2 führte der Weg nach Mauleon-Licharre, 17,1km. Auch wieder eine Herberge mit 8 Betten, aber dieses Mal ein Ort mit Einkaufsmöglichkeit. Bis zum Ende dieser Etappe gab es wieder keine Bar oder ähnliches. Der Weg war sehr schön. Es ging auf und ab, die Wolken im Tal leuchteten wunderschön und durch viele kleine Wege ging es auf und ab. Manchmal war ich mir nicht sicher, ob der Weg durch ein Bachbett läuft oder ob der vergangene Regen sich in diesen Rinnen den Weg sucht. Durch diverse Weidegebiete und Tore führte der Weg bergauf, später ging es auf einer Landstraße bergab. Immer saßen dicke, häßliche Kröten in einer Größe, wie ich sie noch nie gesehen habe, auf dem Weg. Das Bimmeln von Kuhglocken und Schafglocken begleitete mich munter auf vielen Kilometern.
Wissend, dass es auf dem Weg morgen, wieder keine Einkaufsmöglichkeit gibt, füllte ich meinen Obst, Nuss und Brotvorrat für die nächsten Tage auf. Auch wennn das Zusatzgewicht bedeutet: man ist froh, was essbares dabei zu haben.
Am Wegesrand fand ich Anfang/Mitte September oftmals Äpfel, Pfirsiche und Maronen. Meine italienischen Mitpilger haben unterwegs Maronen gesammelt, und diese kochten wir abends in der Herberge und knabberten diese in unserer kleinen Runde.
Der Weg ist sehr ruhig. Heute waren wir tatsächlich zu sechst in der Herberge, eine sehr nette, kleine Runde.
Tag 3 führte nach St. Just de Barre, 22,3km, ebenfalls ein Ort ohne irgendwas. Das man auf dem Weg keine Einkehrmöglichkeiten hat, nichts oder fast nichts kaufen kanan, ist für mich neu. Der Weg heute waren wunderschön. Okay, es ging sehr viel hoch und runter und vor allem ging es durch Matsche (mit Wasser verquirlte Exkremente ) rutschig hoch und runter und ich dachte oftmals: bitte nicht fallen! Durch Weidegebiete und Tore ging es wieder hoch und runter, die wenigen ebenen Meter waren nicht erwähnenswert. Viele Naturwege, wenige Straßenmeter. Schaf und Kuhherden, wilde Pferde standen auf dem Weg. Unter dem strahlend blauen Himmel leuchteten die Farben strahlend hell. Irgendwann ging es über einen Forstweg immer weiter hinauf, der Weg ging in Wiesenweg und Trampelpfade über. Schritt für Schritt aufwärts und ich genoss den Blick über die Berge und Hügel, die Farben, das Wetter. Dass meine Beine und Schuhe sich in einem sauberen Zustand befänden, könnte ich nicht sagen, aber das tägliche Schuheputzen gehört inzwischen dazu. Sofern es eine Wurzelbürste gibt, werden die Schuhe am Ende des Tages gründlich gereinigt. Das Wäschewaschen war etwas schwieriger, weil die Temperaturen nach der Ankunft sonnig, aber zu kalt für die Wäsche waren. Heizung gab es nicht. Aber das wichtigste waschen und auslüften war möglich. Der Abstieg über ein kleinstes Sträßchen zog sich in die Länge, vor allem dadurch, dass mein Knie höllisch schmerzte. Aufstiege kein Problem, aber die Abstiege: manchmal entfuhr mit ungewollt ein Schmerzschrei.
In St. Just Ibarre wird Pilgern ein Bett in einem Privathaushalt angeboten und dort traf ich auf meine vier Mitpilger. Das Haus war alt, etwas unordentlich und vollgestopft, aber ich bekam ein 140cm breites Bett in einem Zimmer für mich alleine. Da es nichts zu kaufen gab, war ich dankbar über das Angebot vom Abendbrot und Frühstück. Die Hospitaliera kochte für uns, das Frühstück gab es allerdings schon sehr früh, da die Bewohner morgens um 7.00 das Haus zur Arbeit verlassen mussten und wir somit auch gehen mussten.
Tagesetappe 4 führt nach St. Jean Pied de Port, 23,8km, bekanntlich der Einstiegsort für viele Pilger auf dem französischen Weg. Man riet uns durch die Hospitalieros die etwas kürzere Wegführung über die Landstraße zu nehmen. Auf der Hälfte der Strecke kann man auf den Originalweg zurückgehen, sofern man möchte. Auf der ersten Hälfte des Weges wäre das Gelände unwegsam, sehr rutschig und matschig durch die Wetterlage.
So ging es auf einem winzigen Sträßchen ohne Autoverkehr langsam aufwärts. Über das Sträßchen kann man zügig und einfach gehen, auch wenn es ständig aufwärts geht. Ohne Tageslicht hätte ich nicht durch das Gelände laufen wollen, aber über das Sträßchen war es kein Problem. Mitte September kann man fühstens ab 8 Uhr genügend sehen. Highlight heute: eine Bar wenige Meter neben dem Weg mit Blick über das Tal und Blick auf St. Jain Pied de Port. Um 10 Uhr genoss ich erstmals einen leckeren Caffee con leche der hier noch Café au lait heißt, da ich noch in Frankreich bin.
Alleine saß ich draußen in der Hotelbar und schnell merkte ich, dass die Temperaturen noch kühl sind und ich mich nur durch das Laufen so aufgeheizt fühle. Hinter der Bar gehe ich auf den Originalweg zurück. Der Weg läuft über einen zugewucherten Pfad durch Farne und Brombeerranken auf einen Wiesenweg im Hang oberhalb der Straße, die ich die ganze Zeit laufe. Auf Naturwegen geht es steil abwärts, dieser Weg wäre mit einem lädierten Knie über die Landstraße leichter zu laufen gewesen. Es schießt immer wieder schmerzhaft in mein Knie. Nach dem Abstieg folge ich über mehrere Kilometer den kleinen Straßen und Vororten nach St. Jean PdP. Der Camino Piemonte /GR78 endet hier und geht bis SJPdP in die Via Podensis über. Schlagartig sind wesentlich mehr Pilger auf dem Weg. Waren wir seit 5 Tagen zu fünft unterwegs, sieht man jetzt immer wieder Pilgergruppen. Vor der Herberge in SJPdP treffe ich meine Mitpilger und wir warten auf die Öffnungszeit. Heute werde ich mich von meinen italienischen Mitpilgern verabschieden, die von hier Richtung Irun weiter gehen um auf den Camino del Norte abzubiegen.
Bis kurz vor Pamplona (Trinidad del Arre) werde ich für drei Etappen dem französischen Weg folgen um dann den Camino Baztan entgegen der Richtung in fünft Tagen nach Bayonne zu folgen. Ich hoffe, ich finde den Weg. Generell ist er wohl nicht so gut gekennzeichnet und entgegen der Laufrichtung schon gar nicht. Die GPS-Daten habe ich mir heruntergeladen und so werde ich versuchen, den Weg zu finden. Ich sehne mich nach der Einsamkeit und Ruhe auf dem Weg und möchte mich nicht getrieben fühlen.
Zuletzt geändert von Anne136 am 25. Sep 2024, 11:01, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Liebe Anne,
danke für den tollen Bericht. Ich wünsche Dir trotz der unerwarteten Planänderung einen bereichernden Weg.
BC
Alexandra
danke für den tollen Bericht. Ich wünsche Dir trotz der unerwarteten Planänderung einen bereichernden Weg.
BC
Alexandra
- beliperegrina
- Beiträge: 526
- Registriert: 8. Aug 2019, 14:32
- Wohnort: Raum Bonn
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Hallo Anne,
danke für den spannenden Bericht.
Ich bin gespannt auf die Fortsetzung .
Wie lang waren denn jeweils die 4 Etappen bis SJPdP?
Weiterhin einen superschönen Weg wünsche ich dir, und auf dass dein Knie schön mitläuft!!
danke für den spannenden Bericht.
Ich bin gespannt auf die Fortsetzung .
Wie lang waren denn jeweils die 4 Etappen bis SJPdP?
Weiterhin einen superschönen Weg wünsche ich dir, und auf dass dein Knie schön mitläuft!!
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Danke Anne! Witzig, genau dort (auf dem letzten Teil des Piémont) bin ich auch gerade. Im Faden über die Sperrung des Weges zum Somport-Pass werde ich weiter über die neuesten Entwicklungen berichten. Wenn es doch möglich ist, dort rüber zu kommen, geh ich wieder zurück nach Oloron.
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Fortsetzung:
Die nächsten drei Tage folgte ich dem bekannten Camino Frances, 24,2km. Auch wenn ich ursprünglich nicht auf diesen Weg laufen wollte, war es ein gutes Gefühl und es waren drei schöne Tage.
Meinen ersten Camino, 2008, startete ich aus Gründen des Zeitmangels in Pamplona und diese drei Etappen, die nun vor mir lagen, "fehlten" mir noch.
Hätte ich damals 2-3 Tage mehr Urlaub bekommen, wäre ich diese Etappen gelaufen.
St. Jean Pied de Port war brechendvoll. Laut meinen Informationen könne man in Roncesvalles nicht vorbuchen. Dieses, so erfuhr ich im Pilgerbüro, wäre nicht mehr so, aber das Kontingent der vorgebuchten Betten schien ausgeschöpft zu sein. Allein in St. Jean haben sich an diesem Tag 400 Neupilger eine Credencial besorgt. Hinzu kommen die Pilger, die schon im Vorfeld eine Credencial besorgt haben und wir, die schon als Pilger in St. Jean ankommen.
Na prima. Orisson ist ausgebucht, und in Roncesvalles sind 150 der 210 Betten vergeben. Das wird spannend und das ist genau der Grund, warum ich den Frances für mich ausgeschlossen habe. Ich möchte genießen, ich möchte Zeit haben und nicht rennen und um Betten kämpfen müssen. Dass sich die Zeiten geändert haben, ist mir bewusst, aber ich möchte spontan entscheiden können, wann und wo ich stoppe.
Für morgen war schlechtes Wetter angesagt und ich wurde früh wach. Es regnete, nicht gerade wenig. Am Nachmittag zuvor hatte ich mir im Sanitätshaus noch eine Kniebandage gekauft, hoffentlich entlastet mich diese und nimmt mir die Schmerzen etwas.
Auch etwas was ich sonst nicht mache: Ich laufe schon um sechs Uhr, bei Dunkelheit und Regen los. Einerseits die Bettenknappheit, andererseits finde ich nicht mehr in den Schlaf zurück.
Auch im Dunkeln finde ich den Weg gut, von Beginn an laufe ich mit meinem Cape. Im Schlepptau habe ich einen etwas verloren wirkenden Pilger aus Südkorea, der heute seine erste Etappe läuft. Er weiß nicht, wie die Zeichen aussehen, worauf er achten muss und so erkläre ich ihm die Beschilderung/Zeichen in Frankreich, dort sind es noch rot/weiße Balken. Auf der Straße läuft es sich gut aufwärts und zu Beginne stört mich der Regen noch nicht all zu sehr. Die Dunkelheit weicht dem Nebel, wahrscheinlich kann man 50 Meter weit schauen.
Orisson ist schnell erreicht und da ich früh dran bin, nehme ich die Gelegenheit auf einen heißen Kaffee und ein Croissant wahr. Die Regenkleidung muss draußen vor der Tür hängen bleiben. Kurze Zeit später geht es weiter und nichts ist ekeliger, als in von innen und außen nasse Kleidung zu steigen.
Obwohl es aufwärts geht und ich einen flotten Schritt drauf habe, ist es mir einfach nur kalt. Ich ziehe noch eine Lage Kleidung unter und bekomme ohne die Hilfe von Mitpilgern meinen Poncho nicht wieder alleine an. Irgendwo in der Nähe müssen Kühe, Schafe oder Pferde sein. Man hört die Glocken, aber viel sehen kann man nicht.
Von der Straße geht es über eine Wiese ins Gelände über. Es ist so nass, die Wiese quatscht unter den Füßen, es ist rutschig, aber ich stapfe gut gelaunt weiter - immer im Hinterkopf, dass ich kein reserviertes Bett habe. Eine Weile laufe ich in Begleitung, das lenkt etwas vom Wetter ab. Die Rolandsquelle habe ich auch hinter mir gelassen. Irgendwann geht es die letztes 5-6km steil durch einen Waldweg bergab. Es ist wieder das Gelände vor dem ich großen Respekt habe. Meine Koordinationsproblematik, Gleichgewichtsstörungen, meine Knieschmerzen und die MS generell, machen diese Passagen schwieriger als für "Normalos". So schnell ich aufwärts laufen kann, so gangunsicher und langsam bin ich im Abstieg. Aber: das wichtigste ist schon immer die Gesundheit. Lieber langsam abwärts, als kaputte Knochen. Und so laufe ich, manchmal verunsichert, langsam bergab. Manchmal schlittert es, die Matsche rutscht, aber Dank meines dritten und vierten Beines komme ich heile in Roncesvalles an.
Alles ist dreckig, ich bin, trotz Regenkleidung, durch und durch nass.
Froh da zu sein, reihe ich mich in die Schlange ein, und bekomme ein Bett im etwas veralteten Keller. Aber: ich habe ein Bett! Besser als nichts - das wird zur Devise auf diesem Weg. Kurz vor mir in der Schlange steht das mexikanische Pilgerpärchen, mit denen ich seit Oloron gemeinsam laufe.
Ohne Bewegung wird mir sehr schnell kalt. Am späten Nachmittag klärt es auf, das Wetter wird besser und langsam kommt der blaue Himmel zum Vorschein. Gute Voraussetzungen für morgen.
Roncesvalles - Zubiri, 21,4km
Nach einem Frühstück in der angeschlossenen Bar, dass sehr nett war, machte ich mich auf den Weg. Ich hatte das Gefühl, dass mein Poncho noch immer nicht richtig trocken ist - was eigentlich nicht sein kann. Aber vielleicht war es auch die hohe Luftfeuchtigkeit im Kellergewölbe...
Damit der Poncho schön durchlüften und trocknen kann, hänge ich ihn über meinen Rucksack. Es ist windig und 10min nach dem Start stelle ich fest, dass der Poncho nicht mehr da ist. Eine Windböe muss ihn mitgerissen haben. Also wieder zurück. Auch wenn ich unter ihm nicht trocken geblieben bin: besser als nix.
Nur nach wenigen Metern kommt mir ein Pilger mit meinem müllsackblauen Poncho entgegen. Er hat schon auf Facebook den Fund veröffentlicht. Dankbar, den Poncho zurück zu haben, verstaue ich ihn fester und laufe weiter. Viel ist mir gar nicht in Erinnerung von diesem Tag. Wohl aber: wir laufen Kolonne. Ein Pilger reiht sich wie auf einer Perlenschnur an den Nächsten. Alle sind gut gelaunt, man hört ganz viele Sprachen. Das Wetter wird immer besser, der Himmel wird strahlend blau. Die Farben funkeln, besonders die grünen Blätter vor dem blauen Himmel. Dazu frühherbstliche Beeren - ich genieße jeden Schritt. In einer Bar stelle ich mich in die Schlange und warte auf einen Kaffee. Gemeinsam mit der Südkoreanerin vom Abendessen sitzen wir nach 25min an einem Tisch mit einem Stück Tortilla und Kaffee. Es ist kein Vergleich zu den Tagen auf dem Piemonte, aber die Stimmung und das Gemeinsam-unterwegs-sein, ist auch schön. Vor Zubiri geht es in steinigen Wegen und Rillen bergab. Wieder habe ich Angst zu fallen. Einige Pilger joggen an mir vorbei und ich gehe Fuß vor Fuß langsam bergab, setze mich notfalls auf meinen Hintern um einen Stein herabzusteigen. Kurz bevor ich Zubiri sehe, höre ich die Kirchenglocke die volle Stunde schlagen. Es ist wie ein: willkommen, du hast es geschafft!
In Zubiri liegt meine Herberge kurz vor dem Ortsausgang. Meine dreckigen Schuhe, die gestern nicht trocknen konnten stehen nun windgeschützt in der Sonne, die Kleidung trocknet. Ich besuche die "Mexikaner" in ihrer Unterkunft und wir essen dort, jeder mit dem was wir mit uns führen oder vor Ort gekauft haben, zu Abend. Morgen werden wir uns trennen und nie wieder sehen. Es waren sechs schöne Tage, gemeinsam in der Herberge.
Ich werde morgen bis kurz vor Pamplona laufen, bevor ich auf den Camino Baztan abbiege. Marisa und ihr Mann werden weiter dem Frances nach Santiago und dann nach Fatima folgen. Wir bleiben in Kontakt.
Zubiri - Trinidad del Arre:
In Zubiri wurde ich tatsächlich als letzte in meinem Schlafsaal wach. Ich habe himmlisch geschlafen. Das Ohropax schirmt mich gut ab und auch wenn meine Art aus dem oberen Etagenbett zu kommen, belächelt wurde, es klappt prima. Warum haben Etagenbetten immer so schmale, schmerzhafte Sprossen an der Leiter. Ich lasse mich einfach in Bauchlage langsam durch die Leiteröffnung herabrutschen, bis ich die letzte Sprosse oder den Boden erreiche. In der Küche koche ich mir noch einen letzten Kaffee aus dem Frühstückspaket in L´Hospital und esse einen Teil der Tortilla, die ich gestern abgepackt im Dorf gekauft habe. Die Reste verteile, biete ich meinen Mitpilgern an. Nichts kommt um und ich mache mich auf den Weg. Es läuft sich leicht bis Trinidad del Arre. Mir sind nicht viele Besonderheiten im Hinterkopf geblieben. Karawanen an Pilgern, diverse Bars am Wegesrand, deren Angebot ich gerne nutze für eine kleinen Auszeit. Auch heute habe ich mir ein Bett reserviert. Ich habe die Zeit, mich hinzusetzen, mich zu unterhalten, über die Gegend zu gucken und zu genießen. Lachen muss ich über den Pilgerhund eines Radpilgers. Am Rad hängt ein großer Anhänger und in ihm sitzt eine großer Hund in stoischer Gelassenheit. Er wird fotografiert wie eine Berühmtheit und er ist völlig uninteressiert.
Im Lauf mache ich mir Gedanken dazu, dass ich meinen Rucksack in Trinidad abstellen könnte um die 4,5km nach Pamplona zu laufen um mir diese schöne Stadt anzusehen, vielleicht... Pamplona liegt nicht auf meinem geplanten Weg, soll ich, soll ich nicht. Abends könnte ich mit dem Bus, ggf. Taxi zurückfahren.
Es sind noch 1,5h bis zur Herbergsöffnung. Die Albergue in Trinidad liegt in einem alten Gebäude eines ehemaligen Klosters? Ich stelle meinen Rucksack ab und laufe weiter in das Städtchen, dass nichts Besoneres zu bieten hat. In einer Bar trinke ich einen Kaffee, schreibe Tagebuch und versuche eine geöffnete Apotheke zu finden - was mir nicht gelingt. Es ist Samstag. Mein Ibuprofen ist aus und ich brauche zur Sicherheit etwas für mein Knie. Schade ich mir damit, trotz Knieschmerzen weiterzulaufen? In der Ebene und beim Aufwärtslaufen habe ich keine Probleme, nur Abwärts ist teils wirklich schmerzhaft. Ich habe noch nie solche Probleme gehabt. Ich sage mir doch immer: Gesundheit geht vor.
Der Herbergsgarten ist gemütlich und schön, die Herberge einfach, es riecht etwas muffig und feucht. Für Damen gibt es ein kleines Extrazimmer - und wie immer sind meine Mitpilger darauf ausgerichtet, alles hermetisch abzuriegeln. Offene, und auch nur geringst geöffnete Fensterspalten, werden abgelehnt. So lange wie möglich sitze ich im Garten. Ein ungarischer Mitpilger ist Arzt und hat tonnenweise Voltaren in seinem Rucksack. Er versorgt mich für die nächsten Tage und ich bin froh, für den Notfall ausgerüstet zu sein. Sobald die Sonne verschwindet, wird es kalt und früh liegen wir alle wieder in unserem Schlafsack.
Ab morgen folge ich von hier aus dem Camino Baztan, entgegen der Laufrichtung. Nach allem was ich in den letzten Tagen gelesen habe, ist dieser Camino in Laufrichtung schon nicht immer gut ausgeschildert. Noch nie bin ich mit GPS gelaufen. Gut, dass ich eine Powerbox dabei habe um mein Handy nachladen zu können. Hoffentlich finde ich den Weg. Ich freue mich auf diesen mir unbekannten und ruhigen Weg. Es war schön, die Caminostimmung zu erleben, aber ich freue mich auf fünf ruhige Tage. Es geht nach Bayonne, wieder nach Frankreich. Bayonne liegt im Norden und von dort aus gibt es gute Verbindungen nach Bilbao, von wo aus ich nach Hause fliege.
Die nächsten drei Tage folgte ich dem bekannten Camino Frances, 24,2km. Auch wenn ich ursprünglich nicht auf diesen Weg laufen wollte, war es ein gutes Gefühl und es waren drei schöne Tage.
Meinen ersten Camino, 2008, startete ich aus Gründen des Zeitmangels in Pamplona und diese drei Etappen, die nun vor mir lagen, "fehlten" mir noch.
Hätte ich damals 2-3 Tage mehr Urlaub bekommen, wäre ich diese Etappen gelaufen.
St. Jean Pied de Port war brechendvoll. Laut meinen Informationen könne man in Roncesvalles nicht vorbuchen. Dieses, so erfuhr ich im Pilgerbüro, wäre nicht mehr so, aber das Kontingent der vorgebuchten Betten schien ausgeschöpft zu sein. Allein in St. Jean haben sich an diesem Tag 400 Neupilger eine Credencial besorgt. Hinzu kommen die Pilger, die schon im Vorfeld eine Credencial besorgt haben und wir, die schon als Pilger in St. Jean ankommen.
Na prima. Orisson ist ausgebucht, und in Roncesvalles sind 150 der 210 Betten vergeben. Das wird spannend und das ist genau der Grund, warum ich den Frances für mich ausgeschlossen habe. Ich möchte genießen, ich möchte Zeit haben und nicht rennen und um Betten kämpfen müssen. Dass sich die Zeiten geändert haben, ist mir bewusst, aber ich möchte spontan entscheiden können, wann und wo ich stoppe.
Für morgen war schlechtes Wetter angesagt und ich wurde früh wach. Es regnete, nicht gerade wenig. Am Nachmittag zuvor hatte ich mir im Sanitätshaus noch eine Kniebandage gekauft, hoffentlich entlastet mich diese und nimmt mir die Schmerzen etwas.
Auch etwas was ich sonst nicht mache: Ich laufe schon um sechs Uhr, bei Dunkelheit und Regen los. Einerseits die Bettenknappheit, andererseits finde ich nicht mehr in den Schlaf zurück.
Auch im Dunkeln finde ich den Weg gut, von Beginn an laufe ich mit meinem Cape. Im Schlepptau habe ich einen etwas verloren wirkenden Pilger aus Südkorea, der heute seine erste Etappe läuft. Er weiß nicht, wie die Zeichen aussehen, worauf er achten muss und so erkläre ich ihm die Beschilderung/Zeichen in Frankreich, dort sind es noch rot/weiße Balken. Auf der Straße läuft es sich gut aufwärts und zu Beginne stört mich der Regen noch nicht all zu sehr. Die Dunkelheit weicht dem Nebel, wahrscheinlich kann man 50 Meter weit schauen.
Orisson ist schnell erreicht und da ich früh dran bin, nehme ich die Gelegenheit auf einen heißen Kaffee und ein Croissant wahr. Die Regenkleidung muss draußen vor der Tür hängen bleiben. Kurze Zeit später geht es weiter und nichts ist ekeliger, als in von innen und außen nasse Kleidung zu steigen.
Obwohl es aufwärts geht und ich einen flotten Schritt drauf habe, ist es mir einfach nur kalt. Ich ziehe noch eine Lage Kleidung unter und bekomme ohne die Hilfe von Mitpilgern meinen Poncho nicht wieder alleine an. Irgendwo in der Nähe müssen Kühe, Schafe oder Pferde sein. Man hört die Glocken, aber viel sehen kann man nicht.
Von der Straße geht es über eine Wiese ins Gelände über. Es ist so nass, die Wiese quatscht unter den Füßen, es ist rutschig, aber ich stapfe gut gelaunt weiter - immer im Hinterkopf, dass ich kein reserviertes Bett habe. Eine Weile laufe ich in Begleitung, das lenkt etwas vom Wetter ab. Die Rolandsquelle habe ich auch hinter mir gelassen. Irgendwann geht es die letztes 5-6km steil durch einen Waldweg bergab. Es ist wieder das Gelände vor dem ich großen Respekt habe. Meine Koordinationsproblematik, Gleichgewichtsstörungen, meine Knieschmerzen und die MS generell, machen diese Passagen schwieriger als für "Normalos". So schnell ich aufwärts laufen kann, so gangunsicher und langsam bin ich im Abstieg. Aber: das wichtigste ist schon immer die Gesundheit. Lieber langsam abwärts, als kaputte Knochen. Und so laufe ich, manchmal verunsichert, langsam bergab. Manchmal schlittert es, die Matsche rutscht, aber Dank meines dritten und vierten Beines komme ich heile in Roncesvalles an.
Alles ist dreckig, ich bin, trotz Regenkleidung, durch und durch nass.
Froh da zu sein, reihe ich mich in die Schlange ein, und bekomme ein Bett im etwas veralteten Keller. Aber: ich habe ein Bett! Besser als nichts - das wird zur Devise auf diesem Weg. Kurz vor mir in der Schlange steht das mexikanische Pilgerpärchen, mit denen ich seit Oloron gemeinsam laufe.
Ohne Bewegung wird mir sehr schnell kalt. Am späten Nachmittag klärt es auf, das Wetter wird besser und langsam kommt der blaue Himmel zum Vorschein. Gute Voraussetzungen für morgen.
Roncesvalles - Zubiri, 21,4km
Nach einem Frühstück in der angeschlossenen Bar, dass sehr nett war, machte ich mich auf den Weg. Ich hatte das Gefühl, dass mein Poncho noch immer nicht richtig trocken ist - was eigentlich nicht sein kann. Aber vielleicht war es auch die hohe Luftfeuchtigkeit im Kellergewölbe...
Damit der Poncho schön durchlüften und trocknen kann, hänge ich ihn über meinen Rucksack. Es ist windig und 10min nach dem Start stelle ich fest, dass der Poncho nicht mehr da ist. Eine Windböe muss ihn mitgerissen haben. Also wieder zurück. Auch wenn ich unter ihm nicht trocken geblieben bin: besser als nix.
Nur nach wenigen Metern kommt mir ein Pilger mit meinem müllsackblauen Poncho entgegen. Er hat schon auf Facebook den Fund veröffentlicht. Dankbar, den Poncho zurück zu haben, verstaue ich ihn fester und laufe weiter. Viel ist mir gar nicht in Erinnerung von diesem Tag. Wohl aber: wir laufen Kolonne. Ein Pilger reiht sich wie auf einer Perlenschnur an den Nächsten. Alle sind gut gelaunt, man hört ganz viele Sprachen. Das Wetter wird immer besser, der Himmel wird strahlend blau. Die Farben funkeln, besonders die grünen Blätter vor dem blauen Himmel. Dazu frühherbstliche Beeren - ich genieße jeden Schritt. In einer Bar stelle ich mich in die Schlange und warte auf einen Kaffee. Gemeinsam mit der Südkoreanerin vom Abendessen sitzen wir nach 25min an einem Tisch mit einem Stück Tortilla und Kaffee. Es ist kein Vergleich zu den Tagen auf dem Piemonte, aber die Stimmung und das Gemeinsam-unterwegs-sein, ist auch schön. Vor Zubiri geht es in steinigen Wegen und Rillen bergab. Wieder habe ich Angst zu fallen. Einige Pilger joggen an mir vorbei und ich gehe Fuß vor Fuß langsam bergab, setze mich notfalls auf meinen Hintern um einen Stein herabzusteigen. Kurz bevor ich Zubiri sehe, höre ich die Kirchenglocke die volle Stunde schlagen. Es ist wie ein: willkommen, du hast es geschafft!
In Zubiri liegt meine Herberge kurz vor dem Ortsausgang. Meine dreckigen Schuhe, die gestern nicht trocknen konnten stehen nun windgeschützt in der Sonne, die Kleidung trocknet. Ich besuche die "Mexikaner" in ihrer Unterkunft und wir essen dort, jeder mit dem was wir mit uns führen oder vor Ort gekauft haben, zu Abend. Morgen werden wir uns trennen und nie wieder sehen. Es waren sechs schöne Tage, gemeinsam in der Herberge.
Ich werde morgen bis kurz vor Pamplona laufen, bevor ich auf den Camino Baztan abbiege. Marisa und ihr Mann werden weiter dem Frances nach Santiago und dann nach Fatima folgen. Wir bleiben in Kontakt.
Zubiri - Trinidad del Arre:
In Zubiri wurde ich tatsächlich als letzte in meinem Schlafsaal wach. Ich habe himmlisch geschlafen. Das Ohropax schirmt mich gut ab und auch wenn meine Art aus dem oberen Etagenbett zu kommen, belächelt wurde, es klappt prima. Warum haben Etagenbetten immer so schmale, schmerzhafte Sprossen an der Leiter. Ich lasse mich einfach in Bauchlage langsam durch die Leiteröffnung herabrutschen, bis ich die letzte Sprosse oder den Boden erreiche. In der Küche koche ich mir noch einen letzten Kaffee aus dem Frühstückspaket in L´Hospital und esse einen Teil der Tortilla, die ich gestern abgepackt im Dorf gekauft habe. Die Reste verteile, biete ich meinen Mitpilgern an. Nichts kommt um und ich mache mich auf den Weg. Es läuft sich leicht bis Trinidad del Arre. Mir sind nicht viele Besonderheiten im Hinterkopf geblieben. Karawanen an Pilgern, diverse Bars am Wegesrand, deren Angebot ich gerne nutze für eine kleinen Auszeit. Auch heute habe ich mir ein Bett reserviert. Ich habe die Zeit, mich hinzusetzen, mich zu unterhalten, über die Gegend zu gucken und zu genießen. Lachen muss ich über den Pilgerhund eines Radpilgers. Am Rad hängt ein großer Anhänger und in ihm sitzt eine großer Hund in stoischer Gelassenheit. Er wird fotografiert wie eine Berühmtheit und er ist völlig uninteressiert.
Im Lauf mache ich mir Gedanken dazu, dass ich meinen Rucksack in Trinidad abstellen könnte um die 4,5km nach Pamplona zu laufen um mir diese schöne Stadt anzusehen, vielleicht... Pamplona liegt nicht auf meinem geplanten Weg, soll ich, soll ich nicht. Abends könnte ich mit dem Bus, ggf. Taxi zurückfahren.
Es sind noch 1,5h bis zur Herbergsöffnung. Die Albergue in Trinidad liegt in einem alten Gebäude eines ehemaligen Klosters? Ich stelle meinen Rucksack ab und laufe weiter in das Städtchen, dass nichts Besoneres zu bieten hat. In einer Bar trinke ich einen Kaffee, schreibe Tagebuch und versuche eine geöffnete Apotheke zu finden - was mir nicht gelingt. Es ist Samstag. Mein Ibuprofen ist aus und ich brauche zur Sicherheit etwas für mein Knie. Schade ich mir damit, trotz Knieschmerzen weiterzulaufen? In der Ebene und beim Aufwärtslaufen habe ich keine Probleme, nur Abwärts ist teils wirklich schmerzhaft. Ich habe noch nie solche Probleme gehabt. Ich sage mir doch immer: Gesundheit geht vor.
Der Herbergsgarten ist gemütlich und schön, die Herberge einfach, es riecht etwas muffig und feucht. Für Damen gibt es ein kleines Extrazimmer - und wie immer sind meine Mitpilger darauf ausgerichtet, alles hermetisch abzuriegeln. Offene, und auch nur geringst geöffnete Fensterspalten, werden abgelehnt. So lange wie möglich sitze ich im Garten. Ein ungarischer Mitpilger ist Arzt und hat tonnenweise Voltaren in seinem Rucksack. Er versorgt mich für die nächsten Tage und ich bin froh, für den Notfall ausgerüstet zu sein. Sobald die Sonne verschwindet, wird es kalt und früh liegen wir alle wieder in unserem Schlafsack.
Ab morgen folge ich von hier aus dem Camino Baztan, entgegen der Laufrichtung. Nach allem was ich in den letzten Tagen gelesen habe, ist dieser Camino in Laufrichtung schon nicht immer gut ausgeschildert. Noch nie bin ich mit GPS gelaufen. Gut, dass ich eine Powerbox dabei habe um mein Handy nachladen zu können. Hoffentlich finde ich den Weg. Ich freue mich auf diesen mir unbekannten und ruhigen Weg. Es war schön, die Caminostimmung zu erleben, aber ich freue mich auf fünf ruhige Tage. Es geht nach Bayonne, wieder nach Frankreich. Bayonne liegt im Norden und von dort aus gibt es gute Verbindungen nach Bilbao, von wo aus ich nach Hause fliege.
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Danke liebe Anne für den tollen Bericht und das Teilen deiner Erfahrungen. Na, dann hat sich der Umweg bzw. die neue Route ja richtig gelohnt. Da bekommt ich richtig Lust gleich loszuwandern.
Das Sehnen nach Einsamkeit und Ruhe auf dem Weg, das kann ich gut nachvollziehen.
Ich wünsche Dir weiterhin einen feinen Weg.
Bon Camino, Steven
Das Sehnen nach Einsamkeit und Ruhe auf dem Weg, das kann ich gut nachvollziehen.
Ich wünsche Dir weiterhin einen feinen Weg.
Bon Camino, Steven
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Trinidad del Arre - Lanz rückwärts über den Camino Baztan, 24,5km
Als ich in meinem Bett erwache herrscht schon reges Treiben. Heute trennt sich mein Weg vom Weg meiner Mitpilger. Für mich geht es weiter Richtung Norden, meine Mitpilger folgen dem Frances.
Hoffentlich finde ich den Weg. Die GPS-Daten habe ich auf meinem Handy gespeiechert und ich sollte angesagt bekommen, wann und wo ich abbiegen muss. Zusätzlich habe ich die Koordinaten über Gronze.com.
Bei einem Tee und etwas trockenem Brot warte ich darauf, dass es hell wird. Ich starte und gehe die wenigen Meter zurück aus dem Ort hinaus über die schöne alte Brücke und folge dem Fluss. Der Weg ist klar und eindeutig, es gibt nur diesen einen Weg über das Sträßchen in einem Naherholungsgebiet.
Dass die nächste Großstadt nicht weit entfernt ist, spürt man deutlich . Ich sehe und höre größere Straßen und Autos, es geht an Industriegebäuden und unter einer großen Brücke durch. Das Flüsschen ist nett, es plätschert neben dem Weg, ist mal besser - mal schlechter zu sehen. Mit der Zeit wird es ländlicher. Heute ist Sonntag, Geschäfe - sofern es sie gibt - werden nicht offen sein. Nach fast zwei Stunden komme ich zu einer Brücke, dahinter ein Kirchlein und ein Dorf. Auch wenn der Weg mich nicht in dieses Dorf führt, biege ich die 100 Meter dorthin ab. Nebe der Kirche ist der Dorfplatz und die Bar soll in 15min öffnen. Die Kirche ist zu, auch wenn es Sonntag ist. Die Bar hat eine große Terasse an dem Fluss dem ich folge und so setze ich mich dort in die Morgensonne. Die Wirtin, die die Tische reinigt, sieht mich und so kann ich mein kleines Frühstück bestellen. Serviert wird hingegen meiner Erwartung mindestens ein halber Meter dick belegtes Baguette. Ein Toastada hat es nicht gegeben. Auf Pilger ist man hier auch nicht eingestellt, einen Stempel für die Credencial gibt es nicht. Einen großen Teil des Baguettes lasse ich mir einpacken, wer weiß, wann und wo ich wieder was finde.
Eine Notration Nüsse und etwas Obst habe ich immer dabei.
Hinter der Ortschaft wurde es immer schöner. Der Weg führte in einen Wald hinein und über ganz schmale Pfade ging es langsam aufwärts. Manchmal war die Wegführung unklar und in den ersten Metern eines ggf. falschen Weges schlägt das GPS noch keinen Alarm, aber wenig später schon. Ich war mir so sicher, dass es auf dem "Hauptweg" weitergeht, aber die Vermutung war falsch. Auf noch einem unscheinbareren Weg ging es weiter aufwärts. Wenn mal ein gelber Pfeil auftaucht, bin ich erleichtert über die Gewissheit richtig zu sein. Noch nie bin ich auf solche Art und Weise gelaufen, aber ohne wäre es nicht möglich. Zeitweise geht der Wald in große grüne Wiesen über und in den Wiesen kann man nicht sehen, wie es weiter geht. Auf diesen weitläufigen Wiesen am Hang tollen die Pferde umher. Sie galoppieren in großer Freude über die Wiesen, springen und scheinen ihr Leben zu genießen. Am Ende der Wiese gibt es eine Baumlücke und ich vermute, dass ich dort lang muss. In der Baumlücke sehe ich mal wieder eine Trittspur.
Im Wald fühle ich mich so wohl, keine Angst, einfach zufrieden. Mir kommt ein älterer Pilger entgegen und er freut sich genau so wie ich . Wir unterhalten uns kurz und siehe dar: Er wäre eigentlich zur Zeit Hospitaliero in Sarrance, auf dem Weg zum Somport - der Weg, den ich ursprünglich geplant habe. Der Hospitaliero aus den Niederlanden sucht sich momentan auch eine andere Freizeitbeschäftigung, Sarrance ist geschlossen. Er meint, dass es Monate dauern werde, bis der ursprünliche Weg wieder hergestellt sei.
Ich komme durch mehrere Dörfer und die Wegführung ist für mich nicht eindeutig erkennbar. Geht der Weg nun auf dem Seitenstreifen weiter, oder auf dem Trampelpfad neben der Straße, der wieder in Richtung Fluss führt. Leider ist der Kontakt zum Internet weg, ich habe mich zu wenig mit der Technik beschäftigt und beschließe, dass der Weg wohl am Bach weiterlaufen wird. Ich weiß, dass er heute immer in Sichtweite, nicht fern von mir ist. Schnell merke ich, dass das nicht stimmen kann, aber ich bin mir sicher gesehen zu haben, dass der Fluss wieder auf den Weg/oder umgekehrt stößt. Warum drehe ich nicht einfach um? Warum mache ich es mir so schwer? Warum höre ich nicht auf mein Bauchgefühl auch wenn Straße nicht so schön ist? Anstatt umzudrehen entscheide ich mich dazu, mich durch das Gebüsch zur Straße zurückzuschlagen. Wenn mir hier was passiert such mich hier niemand, warum auch? Auch wenn ich mir die Handlung im Nachhiein nicht erklären kann, stapfe ich durch Brombeerranken, Brennnesseln, Sträucher und was so meinen Weg kreuzt. Der Weg zurück wäre länger gewesen, aber ich wöre trotzdem schneller als auf diese Art. Ich höre die Straße, ich kann sie durch die Büsche sehen, - aber nein: ich kämpfe mich durch das Gebüsch. Über eine kleine Mauer und einen Elektrozaun und über eine Wiese. Und fast geschafft, ich bin auf einem Landwirtschaflichen Betrieb, hinter der Scheune schießt ein großer Hund an einer Kette auf mich zu und dann muss ich nur noch über das verschlossene Tor klettern und bin zurück auf dem richtigen Weg. Auf der Straße angekommen lese ich am Schild der Toreinfahrt: Achtung, bissiger Hund! So ein Quatsch mache ich nicht wieder und plötzlich redet mein GPS wieder mit mir - ich bin auf dem richtigen Weg.
Jetzt geht es eine Weile an einer größeren, unbefahrenen Straße entlang. So schön es im Wald war, so ätzend empfinde ich große Straßen.
Nach ca. 1,5 - 2km geht es wieder auf einem Schotterweg und mir kommen zwei Pilger entgegen. Schon 3 Pilger in einer Tagesetappe, das sind noch weniger Menschen als auf den 5 Etappen des Piemonte. Kurz biege ich nach rechts in das Dorf ab. Vielleicht gibt es eine Bar - aber das ist Wunschdenken. Ich setze mich vor der Kirche auf eine Mauer und pausiere dort eine kurze Weile.
Dann geht es zurück auf den Weg den ich gekommen bin. Geschätzt waren es 600 Meter Umweg, aber es war nett kurz durch das Dorf zu schauen. Über eine Landstraße an der ich viele Greifvögel über den Wiesen und Hügeln sehe laufe ich nach Olagüe. Ich bin erleichtert, an meinem Zielort zu sein. Die Herberge hinter der Kirche ist verschlossen, und da die Öffnung für 15.00 Uhr angekündigt ist, gehe ich zur einzigen Bar im Ort. Das Essen ist nicht wirklich lecker, frittierte Fleischbällchen die ich nicht zuordnen kann und aus mehr Brot als Fleisch bestehen und Pommes mit einem Milchkaffee - was anderes gibt es nicht. Aber es ist was zu essen, auch wenn ich noch mein Riesenbaguette im Rucksack habe. Nach der Mahlzeit ist die Herberge noch immer verschlossen. Ich rufe bei der Nummer aus Gronze an und wenig später kommt eine alte Dame und schließt mir das Pfarrhaus auf.
Schon im Treppenhaus riecht es feucht und muffig. Alle Fensterläden der Herberge sind geschlossen, ich fühle mich hier überhaupt nicht wohl. Ich bekomme meinen Stempel, bezahle meine 8 Euro und die Dame verschwindet wieder. Es gibt drei Schlafräume mit mehreren Etagenbetten, eine stark riechende Küche, wobei der Geruch aus dem angrenzenden Waschraum verstärkt wird. Die Duschen sehen von außen aus wie Kleiderschränke, eine Klotür fehlt gänzlich und abschließen geht auch nicht. Im Aufenthaltsraum steht ein Einzelbett neben dem Wohnzimmertisch und ich beschließe dieses zu nehmen. Einzig der in der Sonne liegende Balkon macht mich etwas glücklich.
Ich kann mir nicht vorstellen, hier alleine zu schlafen. Dicke Spinnenweben über meinem Bett - wobei ich auch die anderen nehmen könnte, die Farbe blättert von der Decke und aus den Küchenschränken riecht es so nach Muff: Ich kann hier nicht bleiben, der Gedanke fühlt sich nicht gut an. Ich ziehe das Bett wieder ab, ein Blick in die App sagt: 5km bis zur nächsten Unterkunft in Lanz. Es ist noch keine 17.00 Uhr - also weiter. Nach Lanz geht es ohne Höhenmeter über eine Landstraße und ich laufe den Turbo, hatte genug Zeit mich auszuruhen.
Knapp eine Stunde später stehe ich vor der Albergue in Lanz und nach einem kurzen Telefonat mit der Hospitaliera kommt diese und öffnet mir. Auch hier bin ich alleine, aber hier fühle ich mich wesentlich wohler. Der Geruch, es ist heller und freundlicher und ich kann die Albergue abschließen. Der Schlüssel ist in einem Kästchen mit Zahlencode an der Tür.
In diesem Ort ist heute eine Siesta. Die Kinder toben gut gelaunt durch die Gassen, meinen Vorrat kann ich auch in der Bar für morgen nicht auffüllen, es wird nichts mehr verkauft oder gekocht. Nur ein abgepacktes "Schokoladencreme-Croissant" kann ich erstehen.
In der Herberge schreibe ich noch Tagebuch, die Wäsche hängt seit meiner Ankunft zum Trocknen auf der Leine. Ich schließe mich ein, lege mich in meinen Schlafsack und schlafe schnell ein. Bis zu einem Geklopfe und Gerüttel an der Tür. In der Dunkelheit ist noch ein Pärchen angekommen. Wo die um diese Uhrzeit herkommen ist mir schleierhaft. Draußen ist es stockdunkel und auch in Laufrichtung ist der Weg nur spärlich ausgeschildert...
Als ich in meinem Bett erwache herrscht schon reges Treiben. Heute trennt sich mein Weg vom Weg meiner Mitpilger. Für mich geht es weiter Richtung Norden, meine Mitpilger folgen dem Frances.
Hoffentlich finde ich den Weg. Die GPS-Daten habe ich auf meinem Handy gespeiechert und ich sollte angesagt bekommen, wann und wo ich abbiegen muss. Zusätzlich habe ich die Koordinaten über Gronze.com.
Bei einem Tee und etwas trockenem Brot warte ich darauf, dass es hell wird. Ich starte und gehe die wenigen Meter zurück aus dem Ort hinaus über die schöne alte Brücke und folge dem Fluss. Der Weg ist klar und eindeutig, es gibt nur diesen einen Weg über das Sträßchen in einem Naherholungsgebiet.
Dass die nächste Großstadt nicht weit entfernt ist, spürt man deutlich . Ich sehe und höre größere Straßen und Autos, es geht an Industriegebäuden und unter einer großen Brücke durch. Das Flüsschen ist nett, es plätschert neben dem Weg, ist mal besser - mal schlechter zu sehen. Mit der Zeit wird es ländlicher. Heute ist Sonntag, Geschäfe - sofern es sie gibt - werden nicht offen sein. Nach fast zwei Stunden komme ich zu einer Brücke, dahinter ein Kirchlein und ein Dorf. Auch wenn der Weg mich nicht in dieses Dorf führt, biege ich die 100 Meter dorthin ab. Nebe der Kirche ist der Dorfplatz und die Bar soll in 15min öffnen. Die Kirche ist zu, auch wenn es Sonntag ist. Die Bar hat eine große Terasse an dem Fluss dem ich folge und so setze ich mich dort in die Morgensonne. Die Wirtin, die die Tische reinigt, sieht mich und so kann ich mein kleines Frühstück bestellen. Serviert wird hingegen meiner Erwartung mindestens ein halber Meter dick belegtes Baguette. Ein Toastada hat es nicht gegeben. Auf Pilger ist man hier auch nicht eingestellt, einen Stempel für die Credencial gibt es nicht. Einen großen Teil des Baguettes lasse ich mir einpacken, wer weiß, wann und wo ich wieder was finde.
Eine Notration Nüsse und etwas Obst habe ich immer dabei.
Hinter der Ortschaft wurde es immer schöner. Der Weg führte in einen Wald hinein und über ganz schmale Pfade ging es langsam aufwärts. Manchmal war die Wegführung unklar und in den ersten Metern eines ggf. falschen Weges schlägt das GPS noch keinen Alarm, aber wenig später schon. Ich war mir so sicher, dass es auf dem "Hauptweg" weitergeht, aber die Vermutung war falsch. Auf noch einem unscheinbareren Weg ging es weiter aufwärts. Wenn mal ein gelber Pfeil auftaucht, bin ich erleichtert über die Gewissheit richtig zu sein. Noch nie bin ich auf solche Art und Weise gelaufen, aber ohne wäre es nicht möglich. Zeitweise geht der Wald in große grüne Wiesen über und in den Wiesen kann man nicht sehen, wie es weiter geht. Auf diesen weitläufigen Wiesen am Hang tollen die Pferde umher. Sie galoppieren in großer Freude über die Wiesen, springen und scheinen ihr Leben zu genießen. Am Ende der Wiese gibt es eine Baumlücke und ich vermute, dass ich dort lang muss. In der Baumlücke sehe ich mal wieder eine Trittspur.
Im Wald fühle ich mich so wohl, keine Angst, einfach zufrieden. Mir kommt ein älterer Pilger entgegen und er freut sich genau so wie ich . Wir unterhalten uns kurz und siehe dar: Er wäre eigentlich zur Zeit Hospitaliero in Sarrance, auf dem Weg zum Somport - der Weg, den ich ursprünglich geplant habe. Der Hospitaliero aus den Niederlanden sucht sich momentan auch eine andere Freizeitbeschäftigung, Sarrance ist geschlossen. Er meint, dass es Monate dauern werde, bis der ursprünliche Weg wieder hergestellt sei.
Ich komme durch mehrere Dörfer und die Wegführung ist für mich nicht eindeutig erkennbar. Geht der Weg nun auf dem Seitenstreifen weiter, oder auf dem Trampelpfad neben der Straße, der wieder in Richtung Fluss führt. Leider ist der Kontakt zum Internet weg, ich habe mich zu wenig mit der Technik beschäftigt und beschließe, dass der Weg wohl am Bach weiterlaufen wird. Ich weiß, dass er heute immer in Sichtweite, nicht fern von mir ist. Schnell merke ich, dass das nicht stimmen kann, aber ich bin mir sicher gesehen zu haben, dass der Fluss wieder auf den Weg/oder umgekehrt stößt. Warum drehe ich nicht einfach um? Warum mache ich es mir so schwer? Warum höre ich nicht auf mein Bauchgefühl auch wenn Straße nicht so schön ist? Anstatt umzudrehen entscheide ich mich dazu, mich durch das Gebüsch zur Straße zurückzuschlagen. Wenn mir hier was passiert such mich hier niemand, warum auch? Auch wenn ich mir die Handlung im Nachhiein nicht erklären kann, stapfe ich durch Brombeerranken, Brennnesseln, Sträucher und was so meinen Weg kreuzt. Der Weg zurück wäre länger gewesen, aber ich wöre trotzdem schneller als auf diese Art. Ich höre die Straße, ich kann sie durch die Büsche sehen, - aber nein: ich kämpfe mich durch das Gebüsch. Über eine kleine Mauer und einen Elektrozaun und über eine Wiese. Und fast geschafft, ich bin auf einem Landwirtschaflichen Betrieb, hinter der Scheune schießt ein großer Hund an einer Kette auf mich zu und dann muss ich nur noch über das verschlossene Tor klettern und bin zurück auf dem richtigen Weg. Auf der Straße angekommen lese ich am Schild der Toreinfahrt: Achtung, bissiger Hund! So ein Quatsch mache ich nicht wieder und plötzlich redet mein GPS wieder mit mir - ich bin auf dem richtigen Weg.
Jetzt geht es eine Weile an einer größeren, unbefahrenen Straße entlang. So schön es im Wald war, so ätzend empfinde ich große Straßen.
Nach ca. 1,5 - 2km geht es wieder auf einem Schotterweg und mir kommen zwei Pilger entgegen. Schon 3 Pilger in einer Tagesetappe, das sind noch weniger Menschen als auf den 5 Etappen des Piemonte. Kurz biege ich nach rechts in das Dorf ab. Vielleicht gibt es eine Bar - aber das ist Wunschdenken. Ich setze mich vor der Kirche auf eine Mauer und pausiere dort eine kurze Weile.
Dann geht es zurück auf den Weg den ich gekommen bin. Geschätzt waren es 600 Meter Umweg, aber es war nett kurz durch das Dorf zu schauen. Über eine Landstraße an der ich viele Greifvögel über den Wiesen und Hügeln sehe laufe ich nach Olagüe. Ich bin erleichtert, an meinem Zielort zu sein. Die Herberge hinter der Kirche ist verschlossen, und da die Öffnung für 15.00 Uhr angekündigt ist, gehe ich zur einzigen Bar im Ort. Das Essen ist nicht wirklich lecker, frittierte Fleischbällchen die ich nicht zuordnen kann und aus mehr Brot als Fleisch bestehen und Pommes mit einem Milchkaffee - was anderes gibt es nicht. Aber es ist was zu essen, auch wenn ich noch mein Riesenbaguette im Rucksack habe. Nach der Mahlzeit ist die Herberge noch immer verschlossen. Ich rufe bei der Nummer aus Gronze an und wenig später kommt eine alte Dame und schließt mir das Pfarrhaus auf.
Schon im Treppenhaus riecht es feucht und muffig. Alle Fensterläden der Herberge sind geschlossen, ich fühle mich hier überhaupt nicht wohl. Ich bekomme meinen Stempel, bezahle meine 8 Euro und die Dame verschwindet wieder. Es gibt drei Schlafräume mit mehreren Etagenbetten, eine stark riechende Küche, wobei der Geruch aus dem angrenzenden Waschraum verstärkt wird. Die Duschen sehen von außen aus wie Kleiderschränke, eine Klotür fehlt gänzlich und abschließen geht auch nicht. Im Aufenthaltsraum steht ein Einzelbett neben dem Wohnzimmertisch und ich beschließe dieses zu nehmen. Einzig der in der Sonne liegende Balkon macht mich etwas glücklich.
Ich kann mir nicht vorstellen, hier alleine zu schlafen. Dicke Spinnenweben über meinem Bett - wobei ich auch die anderen nehmen könnte, die Farbe blättert von der Decke und aus den Küchenschränken riecht es so nach Muff: Ich kann hier nicht bleiben, der Gedanke fühlt sich nicht gut an. Ich ziehe das Bett wieder ab, ein Blick in die App sagt: 5km bis zur nächsten Unterkunft in Lanz. Es ist noch keine 17.00 Uhr - also weiter. Nach Lanz geht es ohne Höhenmeter über eine Landstraße und ich laufe den Turbo, hatte genug Zeit mich auszuruhen.
Knapp eine Stunde später stehe ich vor der Albergue in Lanz und nach einem kurzen Telefonat mit der Hospitaliera kommt diese und öffnet mir. Auch hier bin ich alleine, aber hier fühle ich mich wesentlich wohler. Der Geruch, es ist heller und freundlicher und ich kann die Albergue abschließen. Der Schlüssel ist in einem Kästchen mit Zahlencode an der Tür.
In diesem Ort ist heute eine Siesta. Die Kinder toben gut gelaunt durch die Gassen, meinen Vorrat kann ich auch in der Bar für morgen nicht auffüllen, es wird nichts mehr verkauft oder gekocht. Nur ein abgepacktes "Schokoladencreme-Croissant" kann ich erstehen.
In der Herberge schreibe ich noch Tagebuch, die Wäsche hängt seit meiner Ankunft zum Trocknen auf der Leine. Ich schließe mich ein, lege mich in meinen Schlafsack und schlafe schnell ein. Bis zu einem Geklopfe und Gerüttel an der Tür. In der Dunkelheit ist noch ein Pärchen angekommen. Wo die um diese Uhrzeit herkommen ist mir schleierhaft. Draußen ist es stockdunkel und auch in Laufrichtung ist der Weg nur spärlich ausgeschildert...
- beliperegrina
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- Registriert: 8. Aug 2019, 14:32
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Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Uhi, abenteuerlich. Weiter so, ich freue mich, dass ich in Gedanken mitlaufen darf. Buen camino, Anne
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Lantz - Lekaroz (Uharte), ca. 27km - die Königsetappe auf diesem Weg
Heute kann ich nicht viel schreiben. Nur so viel: ich bin kaputt, müde, ausgelaugt und sehr hungrig.
Wissend, dass es in Lantz nichts zu essen gibt und die einzige Bar im Dorf geschlossen hat (Warum? Weil gestern das Dorffest war, weil Montag ist?)
mümmel ich die inzwischen trockenen Brotreste vom Vortag und koche mir einen heißen Tee dazu. Ich entscheide mich, bei den drei verschiedenen Teesorten die in der Albergue existieren, für den Tee, der am kürzesten das Haltbarkeitsdatum überschritten hat - was auch schon ein Jahr her ist.
Der Teegeschmack wird sowieso vom Chlorgeschmack des typischen spanischen Leitungswasser verändert. Besser als nix und was Warmes.
Meine spät in Lantz aufgetauchten Mitpilger brummeln, wenn ich den Herren verstanden hat, ärgert er sich über mich und meine frühmorgendliche Störaktion. Ich ärgere mich über den Pilger, fühle mich aber nicht wirklich als Störung, ist es doch schon 7.45Uhr und irgendwie muss ich mich und meine Gegenstände aus dem Schlafsaal befördern und das Rauschen der Wasserleitung lässt sich auch nur bedingt vermeiden.
Egal, wir werden uns nicht wieder sehen, laufen in die gegengesetzte Richtung.
Durch das Dorf biege ich wieder in die Natur ab und kurze Zeit später bin ich im Wald. Das Navi sagt mir mal wieder brav den Weg an und irgendwann sagt es mir beharrlich, dass ich falsch bin. Ich laufe dennoch weiter, weil es keinen abzweigenden Weg gab. Noch immer bin ich scheinbar beratunsresistent war das quatschende Handy angeht. Aber natürlich hat es recht. Gronze hat mal wieder keine Verbindung zum Netz, aber ich versuche es mit der Samsung-Health ab, die mir den Weg ansagt. Und siehe dar: irgendwie schaffe ich es, von Ansage auf Landkarte umzustellen - ich wusste nicht mal, dass das geht und sehe den Weg und meine gelaufene Strecke. Ich drehe wieder um, vielleicht waren es 300 bis 400 Meter, die ich nicht auf die Ansage hören wollte. Als ich dort stehe, wo das Handy mich abzweigen lassen möchte, verstehe ich die Welt nicht. Wo soll dort denn bitte ein Weg sein? Als erstes muss ich durch einen größeren Baumschaden klettern, diverse umgestürzte Bäume liegen dort, wo der Weg sein soll.
Auf das Handy blickend versuche ich den Weg zu laufen, den das Handy ansagt. Nach wie vor sehe ich keinen Weg, aber als ich mich umdrehe, sehe ich tatsächlich einen gelben Pfeil. Weiter geht es aufwärts, immer der Linie auf der Anzeige folgend und kletter den Wald hinauf. Einzig, dass ich zurückblickend gelbe Pfeile sehe, beruhigen mich etwas. Ohne GPS würde es gar nicht gehen. Der Wald lichtet sich und ich sehe einen Trampelpfad an einem Feld der mit der Wegführung übereinstimmt. Froh, den angesagten Weg wieder zu sehen folge ich ihm freudig.
Heute erreiche ich den höchsten Punkt dieses Weges, knapp über 900 Meter Höhe.
Das Dorf Mayach, wo viele Pilger übernachten ist ein schnuckeliges, gut gepflegtes Dorf. Es gefällt mir, aber auch hier gibt es keinen Möglichkeit auf eine Kaffeepause.
Andauernd geht es hoch und runter auf jedem möglichen Straßenbelag. Oben auf einem Berg in der Nähe sehe ich ein Häuschen und kann mir schon denken, dass ich dort hoch muss. Am Fuße des Berges liegt die Ruine eines alten, verlassenen Klosters. Der Kirchenraum ist verfallen und dunkel, im Eingangsportal der Kirchentür ist ein Gitter angebracht. Auf dem Mäuerchen vor der Ruine pausiere ich kurz, trinke etwas Wasser und knabbere einige Nüsse.
Das Trinksystem für die Wasserflasche ist sehr praktisch. Ich kann im Laufen trinken, muss den Rucksack dafür nicht absetzen - aber das Wasser schmeckt scheußlich und intensiv nach dem Kunststoff des Trinkschlauches. Dafür, dass diese Trinkschläuche so teuer sind, hätte ich sie mir geschmacksneutral gewünscht.
Jetzt geht es aufwärts auf Naturwegen. Ganz eindeutig sind die Wegweiser nicht, aber ich bin nicht alleine. Diverse Wanderer oder Touristen sind plötzlich mit mir unterwegs und wir steigen den Berg emport, Richtung Haus (stellt sich als Schutzhütter heraus) auf dem Berg.
Wenn ich stehenbleibe und mich umdrehe habe ich einen wunderschönen Blick in die Landschaft und über die Berge.
Überall höre ich Glocken bimmeln, überall sehe ich Wildpferde und Schafherden die ohne Einzäunung im Gelände leben. Es ist wunderschön, aber mit den Höhenmetern wird es kälter und windiger, und ich steige in die Wolken empor.
Etwas Angst habe ich, dass der Wolkennebel mir die Sicht versperrt, aber das passiert nicht. Oben angekommen, sehe ich wo der Weg weiter verläuft. Es fühlt sich einfach gut an, hier oben zu stehen und zu genießen. Schade, dass es so kalt ist. Bei klarer Sonne und bei weniger Wind wäre es schön hier oben zu pausieren und einfach zu genießen. Der Weg führt über Wiesen und durch viele Pfützen und dann geht es wieder abwärts.
Und wieder diese Angst zu rutschen, zu fallen und sich zu verletzten. Auch wenn keine Absturzgefahr besteht, der Respekt läuft immer mit.
Die Bäume sind moosig, alles ist grün, ein Zeichen für ausreichend Regen und Feuchtigkeit. Zwei verfallene Häuser ( oder einfach zwei große Steinhaufen) deuten auf ein Zeichen von Zivilisaiton hin.
Am Ortseingang von Almandoz steht nicht nur das Ortsschild, nein es weist auf ein Hotel mit einer Bar hin. Warum denke ich auf diesem Weg ständig ans Essen? Wahrscheinlich weil die Möglichkeiten zum Einkauf oder zur Einkehr so rar sind.
Aber auch hier: die Bar ist geschlossen. Zählt der September nicht mehr zur Saison? Auf dem Frances und Portugues kannst du von einer Bar zu nächsten winken, und hier gibt es über viele Kilometer keine Möglichkeit einzukehren.
Über Sträßchen die nicht viel befahren sind geht es weiter auf und ab und von einem Dorf kann man in das weite Baztantal sehen. Den größeren Ort den ich sehe soll Elizando sein. Ich möchte in Beroeta in der Herberge übernachten.
Auch als ich in Beroeta ankomme: ein wunderschönes, ordentliches und gut gepflegtes Dorf, aber ich bin hungrig und hier gibt es nichts, meine Vorräte sind erschöpft. Im Schatten pausiere ich und überlege was ich mache: Checke ich in die noch verschlossene Herberge ein und hoffe darauf, dass ich in der Küche Nudeln finde, oder dass noch Pilger kommen - die mit mir teilen? Oder soll ich ein Taxi zum nächsten Supermarkt nehmen und zurückfahren? Oder laufe ich noch ein Stück?! In Elizando gibt es Unterkünfte und Supermärkte, oder ich versuche ein Bett in der Jugendherberge am Stadtrand von Elizando zu bekommen? Dort werde ich verpflegt und muss mich um nichts mehr kümmern?
Ich beschließe weiter zu laufen und rufe in der Jugendherberge an. Tatsächlich, es gibt ein freies Bett. 30 Euro im Einzelzimmer mit Abendbrot und Frühstück. Gerne bezahle ich den Betrag, ich habe keine Energie mehr.
Schön ist die Jugendherberge nicht, aber das ist mir egal. Ein kahles Zimmer mit 10 Betten habe ich für mich alleine, außer mir sind nur Grundschüler vor Ort, die Kinder sind gut gelaunt und laut. Ich ruhe mich kurz auf dem Bett aus und frage mich, ob die Ameisen von mir eingeschleppt wurden (habe kurz vor Elizando pausiert und mehrere Pfirsiche gepflückt und den Rucksack auf den Boden gestellt) oder sind das einheimische Ameisen. Egal, es sind nur Ameisen.
Da es noch Stunden bis zum Abendessen sind, laufe ich doch noch die 1,5km bis Elizando (da hätte ich mir auch hier ein Bett organisieren können) um meine Vorräte aufzufüllen. Wer weiß, ob der Supermarkt schon geöffnet hat, wenn ich hier morgenfrüh entlang komme. Sicher ist sicher.
Obst, neue Nüsse, ein Brot, Joghurt und eine Dose Limonade muss ich morgen mit mir rumschleppen - oder dass, was davon dann noch existiert.
Ich trinke nie Limonade, aber auf dem Weg zurück zur Jugendherberge trinke ich die Limonade und die tut soooo gut. Genau das richtige, was ich gerade benötige - Zucker, Energie!
Abends gibt es in einem überlauten Speisesaal Reis mit Tomatensuppe, ein Stück Tortilla mit Salat und eine Banane zum Nachtisch.
Frühstück ist im Preis enthalten, gibt es aber erst ab 8.30 Uhr, da bin ich schon unterwegs.
So laut wie die Kinder durch die Jugendherberge toben: ich schlafe himmlisch und bei Kinderlärm ein.
Wenn ich den Gang zum Supermarkt mitrechne, dann bin ich heute knapp über 30km gelaufen.
Hätte mir das jemand vor der Reise gesagt, ich hätte gesagt: dass kann ich nicht. Aber ich kann so viel mehr, als ich denke. Ich bin zäh und der Herzenswunsch diesen Weg zu laufen setzt jede Menge Endorphine in mir frei. Meine MS und meine Gehbehinderung können mich nicht stoppen.
Ich bin stolz auf mich und dankbar, dass ich das erleben darf.
Heute kann ich nicht viel schreiben. Nur so viel: ich bin kaputt, müde, ausgelaugt und sehr hungrig.
Wissend, dass es in Lantz nichts zu essen gibt und die einzige Bar im Dorf geschlossen hat (Warum? Weil gestern das Dorffest war, weil Montag ist?)
mümmel ich die inzwischen trockenen Brotreste vom Vortag und koche mir einen heißen Tee dazu. Ich entscheide mich, bei den drei verschiedenen Teesorten die in der Albergue existieren, für den Tee, der am kürzesten das Haltbarkeitsdatum überschritten hat - was auch schon ein Jahr her ist.
Der Teegeschmack wird sowieso vom Chlorgeschmack des typischen spanischen Leitungswasser verändert. Besser als nix und was Warmes.
Meine spät in Lantz aufgetauchten Mitpilger brummeln, wenn ich den Herren verstanden hat, ärgert er sich über mich und meine frühmorgendliche Störaktion. Ich ärgere mich über den Pilger, fühle mich aber nicht wirklich als Störung, ist es doch schon 7.45Uhr und irgendwie muss ich mich und meine Gegenstände aus dem Schlafsaal befördern und das Rauschen der Wasserleitung lässt sich auch nur bedingt vermeiden.
Egal, wir werden uns nicht wieder sehen, laufen in die gegengesetzte Richtung.
Durch das Dorf biege ich wieder in die Natur ab und kurze Zeit später bin ich im Wald. Das Navi sagt mir mal wieder brav den Weg an und irgendwann sagt es mir beharrlich, dass ich falsch bin. Ich laufe dennoch weiter, weil es keinen abzweigenden Weg gab. Noch immer bin ich scheinbar beratunsresistent war das quatschende Handy angeht. Aber natürlich hat es recht. Gronze hat mal wieder keine Verbindung zum Netz, aber ich versuche es mit der Samsung-Health ab, die mir den Weg ansagt. Und siehe dar: irgendwie schaffe ich es, von Ansage auf Landkarte umzustellen - ich wusste nicht mal, dass das geht und sehe den Weg und meine gelaufene Strecke. Ich drehe wieder um, vielleicht waren es 300 bis 400 Meter, die ich nicht auf die Ansage hören wollte. Als ich dort stehe, wo das Handy mich abzweigen lassen möchte, verstehe ich die Welt nicht. Wo soll dort denn bitte ein Weg sein? Als erstes muss ich durch einen größeren Baumschaden klettern, diverse umgestürzte Bäume liegen dort, wo der Weg sein soll.
Auf das Handy blickend versuche ich den Weg zu laufen, den das Handy ansagt. Nach wie vor sehe ich keinen Weg, aber als ich mich umdrehe, sehe ich tatsächlich einen gelben Pfeil. Weiter geht es aufwärts, immer der Linie auf der Anzeige folgend und kletter den Wald hinauf. Einzig, dass ich zurückblickend gelbe Pfeile sehe, beruhigen mich etwas. Ohne GPS würde es gar nicht gehen. Der Wald lichtet sich und ich sehe einen Trampelpfad an einem Feld der mit der Wegführung übereinstimmt. Froh, den angesagten Weg wieder zu sehen folge ich ihm freudig.
Heute erreiche ich den höchsten Punkt dieses Weges, knapp über 900 Meter Höhe.
Das Dorf Mayach, wo viele Pilger übernachten ist ein schnuckeliges, gut gepflegtes Dorf. Es gefällt mir, aber auch hier gibt es keinen Möglichkeit auf eine Kaffeepause.
Andauernd geht es hoch und runter auf jedem möglichen Straßenbelag. Oben auf einem Berg in der Nähe sehe ich ein Häuschen und kann mir schon denken, dass ich dort hoch muss. Am Fuße des Berges liegt die Ruine eines alten, verlassenen Klosters. Der Kirchenraum ist verfallen und dunkel, im Eingangsportal der Kirchentür ist ein Gitter angebracht. Auf dem Mäuerchen vor der Ruine pausiere ich kurz, trinke etwas Wasser und knabbere einige Nüsse.
Das Trinksystem für die Wasserflasche ist sehr praktisch. Ich kann im Laufen trinken, muss den Rucksack dafür nicht absetzen - aber das Wasser schmeckt scheußlich und intensiv nach dem Kunststoff des Trinkschlauches. Dafür, dass diese Trinkschläuche so teuer sind, hätte ich sie mir geschmacksneutral gewünscht.
Jetzt geht es aufwärts auf Naturwegen. Ganz eindeutig sind die Wegweiser nicht, aber ich bin nicht alleine. Diverse Wanderer oder Touristen sind plötzlich mit mir unterwegs und wir steigen den Berg emport, Richtung Haus (stellt sich als Schutzhütter heraus) auf dem Berg.
Wenn ich stehenbleibe und mich umdrehe habe ich einen wunderschönen Blick in die Landschaft und über die Berge.
Überall höre ich Glocken bimmeln, überall sehe ich Wildpferde und Schafherden die ohne Einzäunung im Gelände leben. Es ist wunderschön, aber mit den Höhenmetern wird es kälter und windiger, und ich steige in die Wolken empor.
Etwas Angst habe ich, dass der Wolkennebel mir die Sicht versperrt, aber das passiert nicht. Oben angekommen, sehe ich wo der Weg weiter verläuft. Es fühlt sich einfach gut an, hier oben zu stehen und zu genießen. Schade, dass es so kalt ist. Bei klarer Sonne und bei weniger Wind wäre es schön hier oben zu pausieren und einfach zu genießen. Der Weg führt über Wiesen und durch viele Pfützen und dann geht es wieder abwärts.
Und wieder diese Angst zu rutschen, zu fallen und sich zu verletzten. Auch wenn keine Absturzgefahr besteht, der Respekt läuft immer mit.
Die Bäume sind moosig, alles ist grün, ein Zeichen für ausreichend Regen und Feuchtigkeit. Zwei verfallene Häuser ( oder einfach zwei große Steinhaufen) deuten auf ein Zeichen von Zivilisaiton hin.
Am Ortseingang von Almandoz steht nicht nur das Ortsschild, nein es weist auf ein Hotel mit einer Bar hin. Warum denke ich auf diesem Weg ständig ans Essen? Wahrscheinlich weil die Möglichkeiten zum Einkauf oder zur Einkehr so rar sind.
Aber auch hier: die Bar ist geschlossen. Zählt der September nicht mehr zur Saison? Auf dem Frances und Portugues kannst du von einer Bar zu nächsten winken, und hier gibt es über viele Kilometer keine Möglichkeit einzukehren.
Über Sträßchen die nicht viel befahren sind geht es weiter auf und ab und von einem Dorf kann man in das weite Baztantal sehen. Den größeren Ort den ich sehe soll Elizando sein. Ich möchte in Beroeta in der Herberge übernachten.
Auch als ich in Beroeta ankomme: ein wunderschönes, ordentliches und gut gepflegtes Dorf, aber ich bin hungrig und hier gibt es nichts, meine Vorräte sind erschöpft. Im Schatten pausiere ich und überlege was ich mache: Checke ich in die noch verschlossene Herberge ein und hoffe darauf, dass ich in der Küche Nudeln finde, oder dass noch Pilger kommen - die mit mir teilen? Oder soll ich ein Taxi zum nächsten Supermarkt nehmen und zurückfahren? Oder laufe ich noch ein Stück?! In Elizando gibt es Unterkünfte und Supermärkte, oder ich versuche ein Bett in der Jugendherberge am Stadtrand von Elizando zu bekommen? Dort werde ich verpflegt und muss mich um nichts mehr kümmern?
Ich beschließe weiter zu laufen und rufe in der Jugendherberge an. Tatsächlich, es gibt ein freies Bett. 30 Euro im Einzelzimmer mit Abendbrot und Frühstück. Gerne bezahle ich den Betrag, ich habe keine Energie mehr.
Schön ist die Jugendherberge nicht, aber das ist mir egal. Ein kahles Zimmer mit 10 Betten habe ich für mich alleine, außer mir sind nur Grundschüler vor Ort, die Kinder sind gut gelaunt und laut. Ich ruhe mich kurz auf dem Bett aus und frage mich, ob die Ameisen von mir eingeschleppt wurden (habe kurz vor Elizando pausiert und mehrere Pfirsiche gepflückt und den Rucksack auf den Boden gestellt) oder sind das einheimische Ameisen. Egal, es sind nur Ameisen.
Da es noch Stunden bis zum Abendessen sind, laufe ich doch noch die 1,5km bis Elizando (da hätte ich mir auch hier ein Bett organisieren können) um meine Vorräte aufzufüllen. Wer weiß, ob der Supermarkt schon geöffnet hat, wenn ich hier morgenfrüh entlang komme. Sicher ist sicher.
Obst, neue Nüsse, ein Brot, Joghurt und eine Dose Limonade muss ich morgen mit mir rumschleppen - oder dass, was davon dann noch existiert.
Ich trinke nie Limonade, aber auf dem Weg zurück zur Jugendherberge trinke ich die Limonade und die tut soooo gut. Genau das richtige, was ich gerade benötige - Zucker, Energie!
Abends gibt es in einem überlauten Speisesaal Reis mit Tomatensuppe, ein Stück Tortilla mit Salat und eine Banane zum Nachtisch.
Frühstück ist im Preis enthalten, gibt es aber erst ab 8.30 Uhr, da bin ich schon unterwegs.
So laut wie die Kinder durch die Jugendherberge toben: ich schlafe himmlisch und bei Kinderlärm ein.
Wenn ich den Gang zum Supermarkt mitrechne, dann bin ich heute knapp über 30km gelaufen.
Hätte mir das jemand vor der Reise gesagt, ich hätte gesagt: dass kann ich nicht. Aber ich kann so viel mehr, als ich denke. Ich bin zäh und der Herzenswunsch diesen Weg zu laufen setzt jede Menge Endorphine in mir frei. Meine MS und meine Gehbehinderung können mich nicht stoppen.
Ich bin stolz auf mich und dankbar, dass ich das erleben darf.
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Ganz vielen Dank noch einmal! Toller Bericht und Hut ab!
Ich fürchte immer, hungrig laufen oder gar schlafen zu müssen und schleppe fast immer zuviel Essen mit. Ich finde es mutig, das nicht zu tun!
Übrigens war ich vor ein paar Tagen am anderen Ende, nämlich in Bayonne, um auf den Baztan zu starten. Aber da kam die Information, dass es doch möglich ist, über den Somport zu gehen. Und so bin ich schnurstracks zurück nach Oloron getrampt und sitze heute abend bei traumhaftem Wetter oben am Pass, wo ich zelten werde.
Freu mich auf weitere Berichte von Dir!
Ich fürchte immer, hungrig laufen oder gar schlafen zu müssen und schleppe fast immer zuviel Essen mit. Ich finde es mutig, das nicht zu tun!
Übrigens war ich vor ein paar Tagen am anderen Ende, nämlich in Bayonne, um auf den Baztan zu starten. Aber da kam die Information, dass es doch möglich ist, über den Somport zu gehen. Und so bin ich schnurstracks zurück nach Oloron getrampt und sitze heute abend bei traumhaftem Wetter oben am Pass, wo ich zelten werde.
Freu mich auf weitere Berichte von Dir!
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Somport ist nur verschoben, nicht gestrichen.
Liebe Simsim, dir alles Gute auf dem Aragones!
Ich schreibe ja von daheim, bin schon zurück, aber am 7. September war nicht abzusehen, wann der Weg wieder gangbar ist.
Auf den Baztan war ich nicht vorbereitet, habe die Wegbeschreibung rückwärts gelesen. Hätte ich von vorne nach hinten gelesen, hätte ich den Hinweis: letzte Möglichkeit zum Einkauf! gelesen.
Von den 2 Wochen war nur die erste Etappe planmäßig, alles andere war improviert - aber wunderschön, vielleicht, weil nichts geplant war.
Liebe Simsim, dir alles Gute auf dem Aragones!
Ich schreibe ja von daheim, bin schon zurück, aber am 7. September war nicht abzusehen, wann der Weg wieder gangbar ist.
Auf den Baztan war ich nicht vorbereitet, habe die Wegbeschreibung rückwärts gelesen. Hätte ich von vorne nach hinten gelesen, hätte ich den Hinweis: letzte Möglichkeit zum Einkauf! gelesen.
Von den 2 Wochen war nur die erste Etappe planmäßig, alles andere war improviert - aber wunderschön, vielleicht, weil nichts geplant war.
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Liebe Anne, Dein Bericht ist so lebendig, dass ich mich beim Lesen jetzt wirklich in Echtzeit mit Dir auf dem Weg gefühlt hätte
Aber jetzt, wo ich weiß, dass Du wieder zu Hause bist, ist es auch ein sehr schönes beruhigendes Gefühl, Du hast es geschafft und es geht Dir gut! Und jetzt freue ich mich darauf, die Fortsetzung der Geschichte ganz entspannt lesen zu können . So ein bisschen von "rückwärts", wie Du Deine Wegbeschreibung gelesen hast
Liebe Grüße
Aber jetzt, wo ich weiß, dass Du wieder zu Hause bist, ist es auch ein sehr schönes beruhigendes Gefühl, Du hast es geschafft und es geht Dir gut! Und jetzt freue ich mich darauf, die Fortsetzung der Geschichte ganz entspannt lesen zu können . So ein bisschen von "rückwärts", wie Du Deine Wegbeschreibung gelesen hast
Liebe Grüße
C.Lebaniego,Reconquista https://gertrudisaltendorfer.wordpress.com/
Aragonés etc.: https://gertrudisaltendorferblog.wordpress.com/
Ruta de la Lana: https://gertrudisaltendorferrutadelalana.wordpress.com/
Aragonés etc.: https://gertrudisaltendorferblog.wordpress.com/
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Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Liebe Gerturdis, ich lese gerade deinen Blog vom Lebaniego. Ich überlege schon, welchen Weg ich nächstes Mal einschlagen werde.
Santiago muss nicht immer sein, ich habe schon 6 Compostellas. Mich reizen die ruhigeren Wege - aber ich freue mich immer über Begegnungen und das gemeinsame Auf-dem-Weg-sein.
Anne
Santiago muss nicht immer sein, ich habe schon 6 Compostellas. Mich reizen die ruhigeren Wege - aber ich freue mich immer über Begegnungen und das gemeinsame Auf-dem-Weg-sein.
Anne
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Lekaroz - Monasterio Urdax, 23km
Obwohl ich so erschöpft war, war der Schlaf unterbrochen von etlichen Wachphasen. Obwohl ich neben dem offenen Fenster schlief und es draußen kühl war, war wir entsetzlich heiß. Gefühlsmäßig würde ich sagen, mein Stoffwechsel läuft auf Hochtouren.
Um 7.00 Uhr war ich startklar. Da es Frühstück frühestens in einer Stunde geht, gehe ich kurz zum Speisesaal um mein Wasser aufzufüllen.
Ungefragt bietet man mir schon jetzt ein Frühstück an und ich nehme das Angebot gerne an.
Alleine sitze ich in dem großen Speisesaal und um mich herum wird für die Schüler eingedeckt. Ich bekomme eine riesige Kanne Kaffee, Baguette, Marmelade und was es so in Spanien zum Frühstück gibt. Mein Wasser fülle ich auch noch auf und bei Dunkelheit laufe ich los. Den Weg bis Elizando bin ich gestern schon gelaufen und schaue gar nicht auf die Routenführung, stelle aber fest, dass man mich eigentlich abseits der Straße geführt hätte, aber egal, denn die Wege laufen wieder zusammen. Verwundert stelle ich fest, dass ich auf dem geplanten und gelaufenem Weg an keiner geöffneten Bar vorbeikomme. Sicherlich hätte es irgendwo eine in einer Seitenstraße gegeben, aber da ich gut gefrühstückt habe, ist es nicht schlimm.
Ich bin einfach froh darüber, dass es so wie gemacht, richtig war. Über viele kleine Sträßchen und Pisten geht es erst durch das Baztantal, den Fluss Baztan kreuze ich immer mal, dann geht es wieder langsam aufwärts. Nach ca. 2,5h komme ich am Ortsrand von ??? an einer geöffneten Bar vorbei und ich genieße es, mich mit einem leckeren Caffee con leche in die Bar zu setzen. Wieder mal bestelle ich ein Bocadillo und bekomme ein riesiges Baguette. Wissend, dass es an meinem Zielort Urdax nichts zu kaufen gibt, bin ich dankbar über das Baguette - auch wenn mich der Preis erstaunt.
Ich mag es, einfach am Wegesrand eine Pause einzulegen und zu entspannen. Auch in dieser Bar ist man nicht auf Pilger eingestellt und ich kann keinen Stempel für die Credencial erhalten.
Nach der Pause lief ich bei angenehmen Sonnenschein weiter. Es leuchtete mal wieder herrlich blau und grün, der Frühnebel hatte sich inzwischen verzogen. Habe ich mir gestern zum Ende der Etappe mir die Frage gestellt: "Was mache ich hier, warum tue ich mir das an und quäle mich?", war dieser Gedanke heute keine Sekunde in meinem Kopf. Generell ist mein Kopf beim Laufen sehr leer. Mir gehen keine schweren Themen, das Leben etc. durch den Kopf. Ich bin einfach im hier und jetzt. Ich freue mich an der Natur, an jedem Schritt, über jedes Lächeln, über alles und bin dankbar, dass mein Körper so gut mit macht. Nachdem ich das Baztantal durchschritten habe, geht es wieder vermehrt auf Pisten, Feldwege, Trampelpfade und Waldwege bergauf. Schritt für Schritt geht es höher, aber die Steigungen sind gut machbar. Mich fasziniert immer, wie schnell man aus den Tälern wieder emporsteigt und wie mit jedem Schritt aufwärts der Blick über die Landschaft weiter wird. Ich kann sehen, wo ich ungefährt her komme und wo ich gestern in das Tal hinabgekommen sein muss. Nicht, dass ich den Weg sehe, aber ich kann über das Tal blicken. Auch heute ist mir noch kein Pilger entgegengekommen, aber das geschieht gewöhnlich erst ab Mittag, wenn wir uns auf der halben Strecke begegnen.
Die Vegetation ist immer mal unterschiedlich. Meist sind es Laubbäume durch die der Wald führt, aber heute stehen auch Nadelbäume am Wegesrand. So leicht mir der Aufstieg fällt, so schwer wird es wieder im Abstieg.
Die Schwere bezieht sich nicht darauf, dass das Gelände unwegsam ist, aber generell ist meine Koordination und Gangunsicherheit im Abstieg so viel präsenter und sichtbarer. Meine Angst vor dem Fallen bremst mich sicherlich zusätzlich aus, aber auch heute zählt die Devise: Schritt für Schritt abwärts. Das Navi pfeift mich einige Male auf den richtigen Weg zurück und auch mit Navi/GPS muss ich manchmal schauen, welcher Weg wohl gemeint sein könnte, besonders wenn man keinen sieht.
Kurz nachdem der Abstieg beginnt geht es mir an einem schönen Rastplatz so. Am Hang sind Mauerreste zu sehen, etliche Bänke stehen rum, aber wo soll denn hier der Weg sein? Dieser Rastplatz bietet mehrere "Ausgänge", keiner ist als richtig zu erkennen. Und dann, als ich mal wieder mit Blick auf das Display laufe, gibt es wieder zwei Möglichkeiten. Ich hätte nicht gedacht, dass der kleine Trampelpfad der Weg ist, aber dennoch ist es so.
Manchmal kommen so einige Zusatzmeter beim Laufen zustande, aber nicht immer meldet sich das Handy direkt - gerade wenn beide Wege anfangs fast parallel laufen.
Ich komme wieder an einer Straße raus und laufe auf dem Seitenstreifen weiter, was mir nicht behagt, weil die Laster nah am Rand um die Kurven den Berg hinaufkommen und mich ggf. erst spät sehen. Und wieder meldet sich das GPS, dass ich falsch bin. Die Straße fühlt sich auch nicht richtig an, aber wieder habe ich keinen Weg gesehen. Kurz zuvor gab es eine kleine Lücke in den Leitplanken der Straße, und dadurch geht es für mich weiter, erst noch parallel zur Straße, nur etwas tiefer, dann führt der Weg wieder von der Straße weg. Kommt man aus der Gegenrichtung, ist der Weg einfach zu finden. Man kommt automatisch auf dem Weg zur Lücke in der Leitplanke und läuft selbstverständlich am Straßenrand in Laufrichtung weiter. Aus meiner Perspektive war diese Lücke eindeutig nicht als Weg zu erkennen. Der Weg ist zu wenig belaufen, als das die Trampelpfade breit und ausgetreten sind. Der Waldweg wird irgendwann breiter und führt über eine lange Strecke den Berg hinunter und ab hier kommen mir mehrere Pilger den Berg hinauf entgegen. Alle keuchen schwer, und ich werde gefragt, wie lange es noch aufwärts führt.
Im Laufen bin ich zeitlos, habe keine Empfindung für Entfernungen und Uhrzeiten. Ich schaue öfter mal zwecks Wegführung aufs Handy, aber auf die Uhrzeit schaue ich dabei nie. Ich kannn die Pilger vertrösten, ein großer Teil des Aufstieges ist geschafft. Die Einen kämpfen mit dem Aufstieg und ich kämpfe mal wieder mit dem Abstieg auf der Schotterpiste. Ich mag diese kleinen rutschenden Steine unter den Schuhen nicht. Oftmals laufe ich etwas zickzack auf dem Weg, immer dorthin, wo nicht so viele Steine liegen.
Viele Maronenbäume stehen am Wegesrand und ich denke an meinen Abend in der Herberge mit meinen italienischen Pilgerfreunden. Sie haben auf dem Weg Maronen gesammelt, und abends gab es für alle gekochte Maronen - rösten ging ohne Backofen nicht. Aber es war gemütlich in der Küche. Das gemeinsame Lachen und reden in englich, italienisch, spanisch... Geröstete Maronen erinnern mich auch an einen Tag am Ende des Weges in Muxia, als wir an einem verregneten Morgen unter dem Vordach einer Bar Abschied von der Reise nahmen und als Snack Maronen bekamen. Es war kalt, es hat geregnet und es war sehr gemütlich draußen zu sitzen und die Reise Revue passieren zu lassen.
Kurz vor der Ankunft in Urdax steht ein Wegweiser am Straßenrand. Es ist nicht mehr weit und ich bin froh drum. Mein Knie zickt bei langen Abstiegen, aber es macht besser mit, als ich an Tag 3 zu hoffen wagte. Da kam mir der Gedanke aufgeben zu müssen, wenn ich die Schmerzen und Beschwerden nicht in den Griff bekommen.
Die Klosteralbergue in Urdax ist verschlossen, aber der Hospitaliero kommt schnell und öffnet. Leider sind Kirche und Kreuzgang zu. Das alte Klostergebäude hat schiefe, ausgetretene Stufen, aber ich fühle mich in den Räumlichkeiten wohl. Das Gebäude ist kalt und die Luft ist feucht. Eine Heizung gibt es nicht. Nicht jede Dusche funktioniert, aber dafür ist die funktionierende Dusche schön warm.
Warum ich auf die Idee komme, trotz der Kälte Wäsche zu waschen ist mir schleierhaft, aber ich mache es - wahrscheinlich, weil ich es gestern schon nicht getan habe.
Nach mir kommt noch eine US-Amerikanerin, mit der man sich sehr gut unterhalten kann und später noch zwei Spanier. Leider kommen sie nicht in die Albergue rein - und wir nicht raus. Die Tür ist abgeschlossen und der Hospitaliero geht in der nächsten Stunde auch nicht an´s Telefon. Draußen gibt es einige wenige Häuser, aber ansonsten kann man draußen nichts machen.
Da es mir unheimlich kalt ist, lege ich mich mit voller Montur und allen Schichten in den Schlafsack und warte, dass die Zeit vergeht.
Der Hospitaliero hat und ein Abendessen angeboten und er bringt es zu 21 Uhr. Das ist eine Zeit, wo wir alle oftmals schon im Schlafsack liegen.
Gut, dass ich bis dahin noch etwas Baguette und eine Apfel habe. Gestern habe ich mir auch noch etwas Schokolade als schnellen Energielieferanten gekauft und auch so ein kleiner Schokosnack ist nicht zu verachten.
Zum Abendessen wird für jeden ein Linseneintopf gebracht. Gerne hätte ich noch einen zweiten Teller davon gegessen, aber den gibt es nicht.
Als Hauptmahlzeit gibt es für jeden eine Boulette, als Nachspeise einen einfachen kleinen Joghurt, dazu Leitungswasser. Für 12 Euro finde ich die Mahlzeit etwas dürftig und wir alle haben noch etwas Hunger, aber mal wieder: besser als nix.
Ich weiß nicht mehr, worüber wir beim Essen geredet haben, aber die Gespräche sind gut. Da uns allen lausekalt ist, räumen wir noch schnell die Küche auf (die Jungs wollen das unbedingt machen) und wir drei Mädels verabschieden uns in´s Bett.
Für morgen habe ich mir ein Bett beim Pfarrer in Ustardix reserviert, ca. 21km und danach geht es schon mit einer Kurzetappe von 14km nach Bayonne. Die Zeit vergeht so schnell.
Obwohl ich so erschöpft war, war der Schlaf unterbrochen von etlichen Wachphasen. Obwohl ich neben dem offenen Fenster schlief und es draußen kühl war, war wir entsetzlich heiß. Gefühlsmäßig würde ich sagen, mein Stoffwechsel läuft auf Hochtouren.
Um 7.00 Uhr war ich startklar. Da es Frühstück frühestens in einer Stunde geht, gehe ich kurz zum Speisesaal um mein Wasser aufzufüllen.
Ungefragt bietet man mir schon jetzt ein Frühstück an und ich nehme das Angebot gerne an.
Alleine sitze ich in dem großen Speisesaal und um mich herum wird für die Schüler eingedeckt. Ich bekomme eine riesige Kanne Kaffee, Baguette, Marmelade und was es so in Spanien zum Frühstück gibt. Mein Wasser fülle ich auch noch auf und bei Dunkelheit laufe ich los. Den Weg bis Elizando bin ich gestern schon gelaufen und schaue gar nicht auf die Routenführung, stelle aber fest, dass man mich eigentlich abseits der Straße geführt hätte, aber egal, denn die Wege laufen wieder zusammen. Verwundert stelle ich fest, dass ich auf dem geplanten und gelaufenem Weg an keiner geöffneten Bar vorbeikomme. Sicherlich hätte es irgendwo eine in einer Seitenstraße gegeben, aber da ich gut gefrühstückt habe, ist es nicht schlimm.
Ich bin einfach froh darüber, dass es so wie gemacht, richtig war. Über viele kleine Sträßchen und Pisten geht es erst durch das Baztantal, den Fluss Baztan kreuze ich immer mal, dann geht es wieder langsam aufwärts. Nach ca. 2,5h komme ich am Ortsrand von ??? an einer geöffneten Bar vorbei und ich genieße es, mich mit einem leckeren Caffee con leche in die Bar zu setzen. Wieder mal bestelle ich ein Bocadillo und bekomme ein riesiges Baguette. Wissend, dass es an meinem Zielort Urdax nichts zu kaufen gibt, bin ich dankbar über das Baguette - auch wenn mich der Preis erstaunt.
Ich mag es, einfach am Wegesrand eine Pause einzulegen und zu entspannen. Auch in dieser Bar ist man nicht auf Pilger eingestellt und ich kann keinen Stempel für die Credencial erhalten.
Nach der Pause lief ich bei angenehmen Sonnenschein weiter. Es leuchtete mal wieder herrlich blau und grün, der Frühnebel hatte sich inzwischen verzogen. Habe ich mir gestern zum Ende der Etappe mir die Frage gestellt: "Was mache ich hier, warum tue ich mir das an und quäle mich?", war dieser Gedanke heute keine Sekunde in meinem Kopf. Generell ist mein Kopf beim Laufen sehr leer. Mir gehen keine schweren Themen, das Leben etc. durch den Kopf. Ich bin einfach im hier und jetzt. Ich freue mich an der Natur, an jedem Schritt, über jedes Lächeln, über alles und bin dankbar, dass mein Körper so gut mit macht. Nachdem ich das Baztantal durchschritten habe, geht es wieder vermehrt auf Pisten, Feldwege, Trampelpfade und Waldwege bergauf. Schritt für Schritt geht es höher, aber die Steigungen sind gut machbar. Mich fasziniert immer, wie schnell man aus den Tälern wieder emporsteigt und wie mit jedem Schritt aufwärts der Blick über die Landschaft weiter wird. Ich kann sehen, wo ich ungefährt her komme und wo ich gestern in das Tal hinabgekommen sein muss. Nicht, dass ich den Weg sehe, aber ich kann über das Tal blicken. Auch heute ist mir noch kein Pilger entgegengekommen, aber das geschieht gewöhnlich erst ab Mittag, wenn wir uns auf der halben Strecke begegnen.
Die Vegetation ist immer mal unterschiedlich. Meist sind es Laubbäume durch die der Wald führt, aber heute stehen auch Nadelbäume am Wegesrand. So leicht mir der Aufstieg fällt, so schwer wird es wieder im Abstieg.
Die Schwere bezieht sich nicht darauf, dass das Gelände unwegsam ist, aber generell ist meine Koordination und Gangunsicherheit im Abstieg so viel präsenter und sichtbarer. Meine Angst vor dem Fallen bremst mich sicherlich zusätzlich aus, aber auch heute zählt die Devise: Schritt für Schritt abwärts. Das Navi pfeift mich einige Male auf den richtigen Weg zurück und auch mit Navi/GPS muss ich manchmal schauen, welcher Weg wohl gemeint sein könnte, besonders wenn man keinen sieht.
Kurz nachdem der Abstieg beginnt geht es mir an einem schönen Rastplatz so. Am Hang sind Mauerreste zu sehen, etliche Bänke stehen rum, aber wo soll denn hier der Weg sein? Dieser Rastplatz bietet mehrere "Ausgänge", keiner ist als richtig zu erkennen. Und dann, als ich mal wieder mit Blick auf das Display laufe, gibt es wieder zwei Möglichkeiten. Ich hätte nicht gedacht, dass der kleine Trampelpfad der Weg ist, aber dennoch ist es so.
Manchmal kommen so einige Zusatzmeter beim Laufen zustande, aber nicht immer meldet sich das Handy direkt - gerade wenn beide Wege anfangs fast parallel laufen.
Ich komme wieder an einer Straße raus und laufe auf dem Seitenstreifen weiter, was mir nicht behagt, weil die Laster nah am Rand um die Kurven den Berg hinaufkommen und mich ggf. erst spät sehen. Und wieder meldet sich das GPS, dass ich falsch bin. Die Straße fühlt sich auch nicht richtig an, aber wieder habe ich keinen Weg gesehen. Kurz zuvor gab es eine kleine Lücke in den Leitplanken der Straße, und dadurch geht es für mich weiter, erst noch parallel zur Straße, nur etwas tiefer, dann führt der Weg wieder von der Straße weg. Kommt man aus der Gegenrichtung, ist der Weg einfach zu finden. Man kommt automatisch auf dem Weg zur Lücke in der Leitplanke und läuft selbstverständlich am Straßenrand in Laufrichtung weiter. Aus meiner Perspektive war diese Lücke eindeutig nicht als Weg zu erkennen. Der Weg ist zu wenig belaufen, als das die Trampelpfade breit und ausgetreten sind. Der Waldweg wird irgendwann breiter und führt über eine lange Strecke den Berg hinunter und ab hier kommen mir mehrere Pilger den Berg hinauf entgegen. Alle keuchen schwer, und ich werde gefragt, wie lange es noch aufwärts führt.
Im Laufen bin ich zeitlos, habe keine Empfindung für Entfernungen und Uhrzeiten. Ich schaue öfter mal zwecks Wegführung aufs Handy, aber auf die Uhrzeit schaue ich dabei nie. Ich kannn die Pilger vertrösten, ein großer Teil des Aufstieges ist geschafft. Die Einen kämpfen mit dem Aufstieg und ich kämpfe mal wieder mit dem Abstieg auf der Schotterpiste. Ich mag diese kleinen rutschenden Steine unter den Schuhen nicht. Oftmals laufe ich etwas zickzack auf dem Weg, immer dorthin, wo nicht so viele Steine liegen.
Viele Maronenbäume stehen am Wegesrand und ich denke an meinen Abend in der Herberge mit meinen italienischen Pilgerfreunden. Sie haben auf dem Weg Maronen gesammelt, und abends gab es für alle gekochte Maronen - rösten ging ohne Backofen nicht. Aber es war gemütlich in der Küche. Das gemeinsame Lachen und reden in englich, italienisch, spanisch... Geröstete Maronen erinnern mich auch an einen Tag am Ende des Weges in Muxia, als wir an einem verregneten Morgen unter dem Vordach einer Bar Abschied von der Reise nahmen und als Snack Maronen bekamen. Es war kalt, es hat geregnet und es war sehr gemütlich draußen zu sitzen und die Reise Revue passieren zu lassen.
Kurz vor der Ankunft in Urdax steht ein Wegweiser am Straßenrand. Es ist nicht mehr weit und ich bin froh drum. Mein Knie zickt bei langen Abstiegen, aber es macht besser mit, als ich an Tag 3 zu hoffen wagte. Da kam mir der Gedanke aufgeben zu müssen, wenn ich die Schmerzen und Beschwerden nicht in den Griff bekommen.
Die Klosteralbergue in Urdax ist verschlossen, aber der Hospitaliero kommt schnell und öffnet. Leider sind Kirche und Kreuzgang zu. Das alte Klostergebäude hat schiefe, ausgetretene Stufen, aber ich fühle mich in den Räumlichkeiten wohl. Das Gebäude ist kalt und die Luft ist feucht. Eine Heizung gibt es nicht. Nicht jede Dusche funktioniert, aber dafür ist die funktionierende Dusche schön warm.
Warum ich auf die Idee komme, trotz der Kälte Wäsche zu waschen ist mir schleierhaft, aber ich mache es - wahrscheinlich, weil ich es gestern schon nicht getan habe.
Nach mir kommt noch eine US-Amerikanerin, mit der man sich sehr gut unterhalten kann und später noch zwei Spanier. Leider kommen sie nicht in die Albergue rein - und wir nicht raus. Die Tür ist abgeschlossen und der Hospitaliero geht in der nächsten Stunde auch nicht an´s Telefon. Draußen gibt es einige wenige Häuser, aber ansonsten kann man draußen nichts machen.
Da es mir unheimlich kalt ist, lege ich mich mit voller Montur und allen Schichten in den Schlafsack und warte, dass die Zeit vergeht.
Der Hospitaliero hat und ein Abendessen angeboten und er bringt es zu 21 Uhr. Das ist eine Zeit, wo wir alle oftmals schon im Schlafsack liegen.
Gut, dass ich bis dahin noch etwas Baguette und eine Apfel habe. Gestern habe ich mir auch noch etwas Schokolade als schnellen Energielieferanten gekauft und auch so ein kleiner Schokosnack ist nicht zu verachten.
Zum Abendessen wird für jeden ein Linseneintopf gebracht. Gerne hätte ich noch einen zweiten Teller davon gegessen, aber den gibt es nicht.
Als Hauptmahlzeit gibt es für jeden eine Boulette, als Nachspeise einen einfachen kleinen Joghurt, dazu Leitungswasser. Für 12 Euro finde ich die Mahlzeit etwas dürftig und wir alle haben noch etwas Hunger, aber mal wieder: besser als nix.
Ich weiß nicht mehr, worüber wir beim Essen geredet haben, aber die Gespräche sind gut. Da uns allen lausekalt ist, räumen wir noch schnell die Küche auf (die Jungs wollen das unbedingt machen) und wir drei Mädels verabschieden uns in´s Bett.
Für morgen habe ich mir ein Bett beim Pfarrer in Ustardix reserviert, ca. 21km und danach geht es schon mit einer Kurzetappe von 14km nach Bayonne. Die Zeit vergeht so schnell.
Re: Camino Baztan und letzte Etappen Camino Piemonte
Monasterio Urdax - Ustardix, 21,3km
Das Gespräch vom Abendessen mit dem Pilger geht mir noch durch den Kopf. Diese besonderen Begegnungen habe ich immer auf den ruhigen Nebenwegen.
Sowohl die US-Amerikanerin, die das erste Mal auf einen Camino läuft, als auch mein spanischer? Mitpilger, laufen wie auch ich, nicht nach Santiago. Wir alle laufen nur über einen kürzeren Zeitraum. Mein Pilgerkollege ist auch schon viele Wege gelaufen und er sagt wie es ist: der Weg ist das Ziel. Santiago ist eine schöne Stadt, auf auf unseren Wegen nur der kleinste Teil der Reise. Ein schönes ZIel, es ist schön dort anzukommen und die Athmosphäre und das Glücksgefühl zu erleben, aber viel wichtiger ist alles, was man in der Zeit bis zum ZIel erlebt.
Nachdem mir eine campingerfahrene Pilgerfreundin noch schreibt, dass es besser ist, im Schlafsack nicht so viele Lagen zu tragen, zwecks Wäremespeicher etc. habe ich zum Schlafen wieder einige Schichten ausgezogen, und in der Nacht tatsächlich nicht gefroren.
Morgens hänge ich meine komplett feuchte, gestern gewaschene Kleidung an meinen Rucksack und laue heute als mobiler Wäscheständer durch die Gegend. Nicht, dass das Ganze schick aussieht, aber die Sonne wird bald wieder herauskommen und bis zu meiner Ankunft in Ustardix wird alles trocken sein. Nachdem ich meinen letzten Teebeutel aufgebrüht habe, mein trockenes Baguette von gestern darin eingeweicht habe, geht es um 8.00 Uhr nach draußen und auf in den neuen Tag.
Morgen starte ich zum letzten Mal auf dieser Reise. Es ist gut anzukommen, die Tage verfliegen einfach so und plötzlich ist man da. Auch wenn ich nur 13 Tage im gesamten laufe, spüre ich, dass mein Körper Ruhe braucht und erschöpft ist, aber ich bin so stolz auf meine Beine, dass sie so gut mitmachen. Blasen habe ich auch keine - und all das ohne besondere Fußpflege, ohne Hirschtalg, Blasenpflaster, Tape etc. Die Schuhe und Strümpfe müssen zum Fuß passen und eine Einheit geben.
Daheim habe ich verschiedene Wandersocken aus meiner Kollektion mit dem "neuen" Schuh getestet. Die Socken von Falke waren zu dick vom Material, meine No-Name-Socken waren auch zu warm, aber mit den Socken aus dem Merinomix sitzen sie hervorragend.
Vor zwei Jahren ist mir auf dem ersten Tag des Camino Portugues von jetzt auf gleich die Sohle von meinen guten Wanderschuhen abgefallen. Sie waren wohl doch zu alt, haben zwischenzeitlich zu lange ungenutzt im Schrank gestanden. Damals bin ich mit dem Taxi zum nächsten Decathlon am Stadtrand von Porto und habe innerhalb von ganz kurzer Zeit neue Wanderschuhe gekauft. Ich musste das nehmen womit ich mich auf die Schnelle wohl fühlte und noch nie hatte ich so viele Blasen.
Obwohl die Wege gut sind, es sind mal wieder breite Feldwege, kleine Landstraßen, Schotterstraßen etc., und ich mich gesundheitlich gut fühle, merke ich, dass meine Beine sehr müde sind. Die Steigungen fallen mir heute schwer, sind aber nicht so hoch. Ich schwitze und oftmals muss ich bei den Anstiegen kurz stehen bleiben. So ganz ist heute nicht mein Tag.
Als ich in einem Anstieg um eine Kurve laufe, sitzt dort mal wieder ein gewaltiger Vogel auf einem Stein. Leider ist er zu weit weg um zu erkennen, ob es ein Adler oder ein Geier ist, aber der Vogel beeindruckt mich dort oben auf seinem Stein. Ich komme mit einer einheimischen jungen Frau auf einem Spaziergang in´s Gespräch und sie erzählt mir, dass der Vogel/diese Vogelart dort oben regelmäßig sitzt. Leider reicht mein Sprachverständinis nicht aus, um die Vogelart zu erfragen - aber ich glaube es ist eine Adlerart. Noch öfter drehe ich mich im Laufen um und schaue auf den Vogel zurück.
Immer wieder geht es auf und ab, auch wenn die Steigungen nicht mehr so groß und langgezogen sind. Heute kommen mir mehr Pilger als in den letzten Tagen entgegen, aber die Menge ist sehr überschaubar, aber ich schätze, dass es mehr als 10, aber weniger als 15 Personen gewesen sind.
Ob der ursprünglich von mir geplante Weg zum Col de Somport und weiter nach Pamplona bergiger gewesen wäre, als der Piemonte, die drei Tage Frances und jetzt der Baztan? Ich weiß es nicht. Ich stelle mir auch die Frage, ob der Primitivo mehr oder weniger Höhenmeter auf die Gesamtstrecke gehabt haben. Auf dem Weg zum Somport wäre ich auf jeden Fall in den ersten drei Tagen höher hinauf gelaufen, bis auf 1600 Meter. Der Ibanetapass liegt bei 1300 Meter, der höchste Punkt auf dem Baztan bei 900 und... Meter. Es ist egal, aber die Frage stelle ich mir.
Ich laufe stillvergnügt vor mich hin und komme an die Stelle, die zwei Wegvarianten bietet. Entweder kann ich über Espelette laufen (dort übernachten etliche Pilger) oder über Souraide. Kurz bevor ich mich entscheiden muss komme ich in´s Gespräch mit einer Joggerin und sie meint, dass der Weg über Souraide etwas länger, aber schöner wäre. Wie lang die Streckendistanz ist, keine Ahnung? Aber es ist mir egal, groß kann der Umweg nicht sein und so laufe ich über Landstraßen über Souraide nach Ustardix weiter. Unter einem großen Baum steht eine Bank und ich setze mich noch kurz hin und esse einen kurz zuvor gepflückten Apfel. Auch heute gibt es keine Einkehrmöglichkeit am Wegesrand. Wahrscheinlich wäre es in Espelette anders gewesen, aber es ist okay so wie es ist. Vielleicht hätte es auch in Souraide etwas zu Trinken gegeben, habe in die Ortschaft bin ich nicht abgebogen, weil ich dort nicht übernachten möchte.
Zum Schluss geht es durch einen Wald und einige Naturwege und dann erreiche ich Ustardix. Das Pfarrhaus liegt direkt neben der Kirche, der Weg führt direkt daran vorbei. Die Adresse vom Pfarrhaus steht als Unterkunft mit im Verzeichnis, aber es handelt sich nicht um eine "normale" Herberge.
Der Priester vor Ort lädt in sein Haus ein. Ich klingel und mir wird von einer Pfarrsekretärin geöffnet. Ich bekomme meine Credencial gestempelt, dann wird der Priester geholt. Man begrüßt mich und führt mich durch das Wohnhaus. In einem Anbau scheint es einige Räumlichkeiten für Kirchenveranstaltungen, Kommuniunsunterricht und Gruppen zu geben. Neben die Tische stellt man mir ein Klappbett, holt eine Matratze und baut mir so ein Lager für die Nacht. Im anderen Gruppenraum steht ein Wäscheständer, Kaffeemaschine, Wasserkocher, einige Kleinigkeiten und eine Mikrowelle. Alles ist etwas usselig, besonders das Bad, aber es ist total in Ordnung.
Ich habe meinen eigenen Eingang zum Gruppennraum und wieder mal bin ich alleine. Bei Pastor im Haus hängt bald die frische Wäsche im Fenster, denn dort steht die Sonne und ich möchte nicht wieder nasse Wäsche mit mir rumtragen. Da das Fenster nach hinten raus geht, erlaube ich mir einfach, die Wäsche dort an das schmiedeeiserne Gitter zu hängen.
Im Supermarkt hole ich mir einen frischen Eintopf zum Aufwärmen in der Mikrowelle und etwas Obst. Morgen früh hat der Priester zu 7.00 Uhr zum gemeinsamen Frühstück eingeladen.
Für Bayonne habe ich leider kein Bett in der Herberge bekommen, alles ist ausgebucht, aber es gibt noch alternative Unterkünfte für Pilger und dort habe ich zentrumsnah eine Unterkunft.
Morgen sind es noch 14km in der Ebene, dann bin ich an meinem persönlichen Ziel.
Ich habe überlegt, ob ich den letzten verbleibenden Tag evtl. noch die "erste" Etappe des Camino del Norte laufe, aber ich habe mich dagegen entschieden. Einerseits fühlt sich der Weg mit Abschluss in Bayonne komplett an, andererseits wäre es umständlicher, wenn ich aus einem Dorf wieder mit dem Bus oder Taxi nach Bayonne zurückfahren müsste, oder in den nächsten Ort wo es eine Busverbindung nach Bilbao gibt.
Da ich schon öfter in Bilbao war, habe ich mir auch Gedanken gemacht, ob ich vielleicht einen Zwischenstopp in San Sebastian oder Biarritz einlegen soll, habe mich aber dagegen entschieden.
Morgen werde ich mir die Zeit nach meiner Ankunft in Bayonne vertreiben, dann geht es am Folgemorgen nach Bilbao. Dort habe ich ein Bett in der Jugendherberge und werde mich zum Abschluss noch einmal mit Angela und Gionato treffen. Mit diesen zwei Pilgern bin ich die ersten 5 Tage auf dem Piamonte unterwegs gewesen, bevor sie von St. Jean Pied de Port direkt nach Irun gelaufen sind um dem Küstenweg zu folgen. Wie der Zufall es so will, sind wir drei morgen noch einmal im gleichen Ort.
Die Nacht im Pfarrhaus schlafe ich kaum, einen Grund dafür habe ich nicht. Es ist ruhig, aber mir ist mal wieder viel zu warm, die Matratze ist so weich und durchhängend, ich habe Schmerzen in den Beinen... Es wird Zeit für mich anzukommen.
Das Gespräch vom Abendessen mit dem Pilger geht mir noch durch den Kopf. Diese besonderen Begegnungen habe ich immer auf den ruhigen Nebenwegen.
Sowohl die US-Amerikanerin, die das erste Mal auf einen Camino läuft, als auch mein spanischer? Mitpilger, laufen wie auch ich, nicht nach Santiago. Wir alle laufen nur über einen kürzeren Zeitraum. Mein Pilgerkollege ist auch schon viele Wege gelaufen und er sagt wie es ist: der Weg ist das Ziel. Santiago ist eine schöne Stadt, auf auf unseren Wegen nur der kleinste Teil der Reise. Ein schönes ZIel, es ist schön dort anzukommen und die Athmosphäre und das Glücksgefühl zu erleben, aber viel wichtiger ist alles, was man in der Zeit bis zum ZIel erlebt.
Nachdem mir eine campingerfahrene Pilgerfreundin noch schreibt, dass es besser ist, im Schlafsack nicht so viele Lagen zu tragen, zwecks Wäremespeicher etc. habe ich zum Schlafen wieder einige Schichten ausgezogen, und in der Nacht tatsächlich nicht gefroren.
Morgens hänge ich meine komplett feuchte, gestern gewaschene Kleidung an meinen Rucksack und laue heute als mobiler Wäscheständer durch die Gegend. Nicht, dass das Ganze schick aussieht, aber die Sonne wird bald wieder herauskommen und bis zu meiner Ankunft in Ustardix wird alles trocken sein. Nachdem ich meinen letzten Teebeutel aufgebrüht habe, mein trockenes Baguette von gestern darin eingeweicht habe, geht es um 8.00 Uhr nach draußen und auf in den neuen Tag.
Morgen starte ich zum letzten Mal auf dieser Reise. Es ist gut anzukommen, die Tage verfliegen einfach so und plötzlich ist man da. Auch wenn ich nur 13 Tage im gesamten laufe, spüre ich, dass mein Körper Ruhe braucht und erschöpft ist, aber ich bin so stolz auf meine Beine, dass sie so gut mitmachen. Blasen habe ich auch keine - und all das ohne besondere Fußpflege, ohne Hirschtalg, Blasenpflaster, Tape etc. Die Schuhe und Strümpfe müssen zum Fuß passen und eine Einheit geben.
Daheim habe ich verschiedene Wandersocken aus meiner Kollektion mit dem "neuen" Schuh getestet. Die Socken von Falke waren zu dick vom Material, meine No-Name-Socken waren auch zu warm, aber mit den Socken aus dem Merinomix sitzen sie hervorragend.
Vor zwei Jahren ist mir auf dem ersten Tag des Camino Portugues von jetzt auf gleich die Sohle von meinen guten Wanderschuhen abgefallen. Sie waren wohl doch zu alt, haben zwischenzeitlich zu lange ungenutzt im Schrank gestanden. Damals bin ich mit dem Taxi zum nächsten Decathlon am Stadtrand von Porto und habe innerhalb von ganz kurzer Zeit neue Wanderschuhe gekauft. Ich musste das nehmen womit ich mich auf die Schnelle wohl fühlte und noch nie hatte ich so viele Blasen.
Obwohl die Wege gut sind, es sind mal wieder breite Feldwege, kleine Landstraßen, Schotterstraßen etc., und ich mich gesundheitlich gut fühle, merke ich, dass meine Beine sehr müde sind. Die Steigungen fallen mir heute schwer, sind aber nicht so hoch. Ich schwitze und oftmals muss ich bei den Anstiegen kurz stehen bleiben. So ganz ist heute nicht mein Tag.
Als ich in einem Anstieg um eine Kurve laufe, sitzt dort mal wieder ein gewaltiger Vogel auf einem Stein. Leider ist er zu weit weg um zu erkennen, ob es ein Adler oder ein Geier ist, aber der Vogel beeindruckt mich dort oben auf seinem Stein. Ich komme mit einer einheimischen jungen Frau auf einem Spaziergang in´s Gespräch und sie erzählt mir, dass der Vogel/diese Vogelart dort oben regelmäßig sitzt. Leider reicht mein Sprachverständinis nicht aus, um die Vogelart zu erfragen - aber ich glaube es ist eine Adlerart. Noch öfter drehe ich mich im Laufen um und schaue auf den Vogel zurück.
Immer wieder geht es auf und ab, auch wenn die Steigungen nicht mehr so groß und langgezogen sind. Heute kommen mir mehr Pilger als in den letzten Tagen entgegen, aber die Menge ist sehr überschaubar, aber ich schätze, dass es mehr als 10, aber weniger als 15 Personen gewesen sind.
Ob der ursprünglich von mir geplante Weg zum Col de Somport und weiter nach Pamplona bergiger gewesen wäre, als der Piemonte, die drei Tage Frances und jetzt der Baztan? Ich weiß es nicht. Ich stelle mir auch die Frage, ob der Primitivo mehr oder weniger Höhenmeter auf die Gesamtstrecke gehabt haben. Auf dem Weg zum Somport wäre ich auf jeden Fall in den ersten drei Tagen höher hinauf gelaufen, bis auf 1600 Meter. Der Ibanetapass liegt bei 1300 Meter, der höchste Punkt auf dem Baztan bei 900 und... Meter. Es ist egal, aber die Frage stelle ich mir.
Ich laufe stillvergnügt vor mich hin und komme an die Stelle, die zwei Wegvarianten bietet. Entweder kann ich über Espelette laufen (dort übernachten etliche Pilger) oder über Souraide. Kurz bevor ich mich entscheiden muss komme ich in´s Gespräch mit einer Joggerin und sie meint, dass der Weg über Souraide etwas länger, aber schöner wäre. Wie lang die Streckendistanz ist, keine Ahnung? Aber es ist mir egal, groß kann der Umweg nicht sein und so laufe ich über Landstraßen über Souraide nach Ustardix weiter. Unter einem großen Baum steht eine Bank und ich setze mich noch kurz hin und esse einen kurz zuvor gepflückten Apfel. Auch heute gibt es keine Einkehrmöglichkeit am Wegesrand. Wahrscheinlich wäre es in Espelette anders gewesen, aber es ist okay so wie es ist. Vielleicht hätte es auch in Souraide etwas zu Trinken gegeben, habe in die Ortschaft bin ich nicht abgebogen, weil ich dort nicht übernachten möchte.
Zum Schluss geht es durch einen Wald und einige Naturwege und dann erreiche ich Ustardix. Das Pfarrhaus liegt direkt neben der Kirche, der Weg führt direkt daran vorbei. Die Adresse vom Pfarrhaus steht als Unterkunft mit im Verzeichnis, aber es handelt sich nicht um eine "normale" Herberge.
Der Priester vor Ort lädt in sein Haus ein. Ich klingel und mir wird von einer Pfarrsekretärin geöffnet. Ich bekomme meine Credencial gestempelt, dann wird der Priester geholt. Man begrüßt mich und führt mich durch das Wohnhaus. In einem Anbau scheint es einige Räumlichkeiten für Kirchenveranstaltungen, Kommuniunsunterricht und Gruppen zu geben. Neben die Tische stellt man mir ein Klappbett, holt eine Matratze und baut mir so ein Lager für die Nacht. Im anderen Gruppenraum steht ein Wäscheständer, Kaffeemaschine, Wasserkocher, einige Kleinigkeiten und eine Mikrowelle. Alles ist etwas usselig, besonders das Bad, aber es ist total in Ordnung.
Ich habe meinen eigenen Eingang zum Gruppennraum und wieder mal bin ich alleine. Bei Pastor im Haus hängt bald die frische Wäsche im Fenster, denn dort steht die Sonne und ich möchte nicht wieder nasse Wäsche mit mir rumtragen. Da das Fenster nach hinten raus geht, erlaube ich mir einfach, die Wäsche dort an das schmiedeeiserne Gitter zu hängen.
Im Supermarkt hole ich mir einen frischen Eintopf zum Aufwärmen in der Mikrowelle und etwas Obst. Morgen früh hat der Priester zu 7.00 Uhr zum gemeinsamen Frühstück eingeladen.
Für Bayonne habe ich leider kein Bett in der Herberge bekommen, alles ist ausgebucht, aber es gibt noch alternative Unterkünfte für Pilger und dort habe ich zentrumsnah eine Unterkunft.
Morgen sind es noch 14km in der Ebene, dann bin ich an meinem persönlichen Ziel.
Ich habe überlegt, ob ich den letzten verbleibenden Tag evtl. noch die "erste" Etappe des Camino del Norte laufe, aber ich habe mich dagegen entschieden. Einerseits fühlt sich der Weg mit Abschluss in Bayonne komplett an, andererseits wäre es umständlicher, wenn ich aus einem Dorf wieder mit dem Bus oder Taxi nach Bayonne zurückfahren müsste, oder in den nächsten Ort wo es eine Busverbindung nach Bilbao gibt.
Da ich schon öfter in Bilbao war, habe ich mir auch Gedanken gemacht, ob ich vielleicht einen Zwischenstopp in San Sebastian oder Biarritz einlegen soll, habe mich aber dagegen entschieden.
Morgen werde ich mir die Zeit nach meiner Ankunft in Bayonne vertreiben, dann geht es am Folgemorgen nach Bilbao. Dort habe ich ein Bett in der Jugendherberge und werde mich zum Abschluss noch einmal mit Angela und Gionato treffen. Mit diesen zwei Pilgern bin ich die ersten 5 Tage auf dem Piamonte unterwegs gewesen, bevor sie von St. Jean Pied de Port direkt nach Irun gelaufen sind um dem Küstenweg zu folgen. Wie der Zufall es so will, sind wir drei morgen noch einmal im gleichen Ort.
Die Nacht im Pfarrhaus schlafe ich kaum, einen Grund dafür habe ich nicht. Es ist ruhig, aber mir ist mal wieder viel zu warm, die Matratze ist so weich und durchhängend, ich habe Schmerzen in den Beinen... Es wird Zeit für mich anzukommen.