Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Von St. Jean Pied de Port auf dem navarrischen oder vom Somportpass auf dem aragonischen Weg nach Santiago
JuleKatrin
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Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von JuleKatrin »

Hallo liebe Pilger und Pilgerinnen,

am 04.05. geht es für mich in Saint-Jean-Pied-de-Port los auf meinen ersten Camino Frances, bis hoffentlich Santiago.
Ich frage mich nun, ob und wie ich meine Erinnerungen auf dem Weg festhalten soll. Wie war das bei euch? Habt ihr Tagebuch geschrieben, einen Blog geschrieben, Instagram- oder Facebookposts gemacht oder auch einfach gar nichts oder etwas völlig anderes?

Ich bin aktuell noch sehr unschlüssig, ob ich meine Wanderung für mich oder meine Freunde festhalten möchte. Vielleicht kann hier ja jemand aus eigener Erfahrung sprechen und mir Tipps geben.

Vielen Dank und viele Grüße
JuleKatrin aus Hamburg ⚓
Joker
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von Joker »

Ich habe immer ein Tagebuch geschrieben und dazu auch Dinge eingeklebt (Eintrittskarten usw). Aber das habe ich nur für mich gemacht.
Jeden Abend habe ich die am Tage gemachten Fotos nach Hause gemailt. Da hat meine Frau täglich eine Collage gemacht und die an Interessierte verschickt
„Nicht alle, die wandern, sind verloren …“

Gandalf
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beliperegrina
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von beliperegrina »

Hallo JuleKatrin,

Ich schreibe auf dem Camino immer Tagebuch, ganz analog mit Bleistift in ein Schulheft. Eintrittskarten, Fahrkarten und anderes klebe ich zuhause in eine Kladde.
Zwar muss ich mich manchmal echt zusammenreißen, um das nicht auf den nächsten Tag zu verschieben. Aber für mich sind diese Hefte (das vollgeschriebene schicke ich mitunter nachhause) sehr wertvoll. Mir würden sonst so viele Erinnerungen abhanden kommen.

Meinem Mann schicke ich auch immer wieder einige Fotos und rufe täglich an, und meine Freunde müssen aber warten. Früher habe ich meinen Mann selten angerufen und täglich nur kurz das gesunde Ankommen am Etappenort gesimst.
Das Abkoppeln umfasst bei mir auch eine deutliche Reduzierung der Kontakte zu meinen Freunden. Sicher ist das auch eine Frage der Dauer des Caminos.

Buen Camino,
Beate
andrea+wildgans
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von andrea+wildgans »

Moin JuleKatrin,

auf dem CF war ich vier Wochen alleine unterwegs, ab Leon kam eine Freundin dazu. Damals waren lange nicht so viel Pilger unterwegs. Da war das Tagebuchschreiben für mich eine ganz wichtige Hilfe, um Ein-drücke zum Aus-druck zu bringen, das war also eine aktive Form der Verarbeitung. Als die Freundin dazu kam, habe ich sehr viel weniger geschrieben, da geschah das Verarbeiten oft schon durch das Erzählen oder den Austausch. Gedanken, die ausgesprochen sind, drängen nicht mehr danach, aufgeschrieben zu werden.
Aber das Schreiben ist auch im Alltag "meine" Form der Verarbeitung, das war also nichts Neues für mich.
Deshalb wäre meine Empfehlung: Mach auf dem Camino das, was Du auch zuhause machst. Da werden sicherlich so viele neue Erfahrungen auf Dich zukommen, dass ich nicht auch noch eine "neue Form" der Verarbeitung wählen würde. Und es sind mehr Pilger unterwegs... da könnte es eventuell manchmal schwierig werden, Zeit zum Schreiben zu finden, und vieles erzählt man sich schon unterwegs.
Ich wünsche Dir, dass Du Deine Form findest, wie Du mit den Eindrücken umgehen willst und magst. Und dann wird es auch für Dich die dann stimmige sein!
Buen camino, Andrea
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Peter_S55
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von Peter_S55 »

Hallo,

ich habe mal in jungen Jahren mit einem Freund eine 10wöchige Reise nach Nordamerika gemacht. Und nach ein paar Tagen kein Tagebuch mehr geführt. Dies bereue ich nun sehr. Mein Freund ist 2 Jahre später gestorben und ich kann mit niemanden mehr die tollen Erlebnisse austauschen. Viele Fotos konnte man 1978 noch nicht machen, dafür fehlte mir das Geld, Flug und Greyhoundbus waren teuer.

Daher schreibe ich jetzt immer ein Tagebuch, um Gewicht zu sparen und weil ich eine Sauklaue habe. Wohl digital, also in mein Smartphone. Wenn ich in trüben Wintertagen die Tagebücher lese, erlebe ich die Route erneut und strahle über das ganze Gesicht. Auch kann ich jederzeit gemachte Erfahrungen für den nächsten Camino aufrufen, man glaubt gar nicht wie viel man über die Jahre vergisst.

Liebe Grüße
Peter
Nur wo Du zu Fuß warst, bist Du auch wirklich gewesen.

Johann Wolfgang von Goethe
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Gertrudis
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von Gertrudis »

Hab auch auf den meisten Wegen Tagebuch geschrieben, in Schulhefte. Wenn ich alleine unterwegs war, habe ich ausführlicher geschrieben. Zu zweit versuchen wir immer, gemeinsam unsere Erlebnisse zu notieren, das wird aber nicht so ausführlich aus den Gründen, die Andrea genannt hat - es ist einfach schon vieles ausgesprochen. Manche dieser Tagebücher habe ich dann nachträglich in Erlebnisberichte umgeschrieben. Ein, zwei Mal habe ich auch mit der Diktiergerätapp in mein Handy gelabert und nachträglich versucht, das in einen lesbaren Text zu verwandeln, was sich für mich als erstaunlich schwierig herausgestellt hat.
Das, was nicht oder zu knapp aufgeschrieben und zu Hause nicht nochmal überarbeitet wurde, ist leider zu großen Teilen aus dem Gedächtnis verschwunden.
Dann gibt es natürlich noch die Fotos - aber auch da ist es so, dass ein Bild, für das ich mir Zeit und Aufmerksamkeit genommen habe, mehr Erinnerung enthält als die einfach mal schnell so nebenbei geknipsten.
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Simsim
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von Simsim »

Ich schreibe auch Tagebuch.
Schon immer sowieso und auch auf meinen Caminos. Nach wie vor.
Es ist auch für mich eine Form der Verarbeitung und außerdem wirklich spannende Lektüre für später.

Auch für die Gespräche mit anderen ist meine jahrzehntelange Gewohnheit hilfreich, Erlebnisse und Wahrnehmungen in Worte zu fassen.

Ich merke übrigens eine Veränderung in meiner Schreibkreativität, seit ich ein Smartphone dabei habe. Ich schreibe insgesamt weniger und "flacher". Aber immerhin, ich schreibe noch.

Fotos mache ich kaum. So zwei oder drei pro Weg. Und die nutze ich dann hier fürs Bilderrätsel....🙂.
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Anhalter
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von Anhalter »

Ich hab es mit dem Tagebuch versucht. Es liegt mir nicht. Ich bin zu schreibfaul.
Auf meinem zweiten Camino habe ich dann mindestens einmal täglich ein kurzes Selfie-Video aufgenommen, einfach kurz zusammengefasst was so passiert ist, wer mir so begegnet ist, wie es mir geht usw. Hat sich weniger nach "Arbeit" angefühlt.

(dazu spart es noch Gewicht)
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Kater
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von Kater »

Auf meinen früheren Camino’s hatte ich immer Tagebuch geschrieben … hier mal ein Blatt oder eine Blüte dazwischen geklemmt, da mal ein Ticket. Fotos hatte ich natürlich auch immer gemacht. Fotos sind mir schon immer total wichtig gewesen. Sehe ich so ein Foto von früher, so fällt mir meist sofort wieder der gesamte Kontext ein.

Während meiner letzten langen Camino-Tour mit dem Bike von Deutschland nach Santiago wollte ich auch Tagebuch schreiben, bin aber nicht ein einziges Mal dazu gekommen. Habe also “nur” Foto- und Videomaterial zurückgebracht.
Nach meiner Rückkehr hatte ich dann aber doch das ganz starke Bedürfnis, doch noch einmal alles schriftlich aufzuarbeiten und auch die Masse an Bildmaterial zu Filmchen zusammenzufassen.

Das ging unerwartet flott voran und ich habe es dann noch etwas weiter aufgebohrt, und mein Buch daraus gemacht, damit auch andere es lesen können.

Meine kleine Filmserie, die bei YouTube zu sehen ist (KaterOnBike), habe ich versucht etwas unterhaltsam zu gestalten … mit Musik unterlegt … obwohl ich während der Tour tatsächlich nie Musik gehört hatte, sondern ohne Ablenkung einfach nur das phantastische das Hier und Jetzt genossen hatte.

Es hat mir einfach Spaß gebracht, meinen tollen Camino auf diese Art noch einmal intensivieren, konservieren und auch mit anderen teilen zu können.

LG
Kater(OnBike)
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donjohannes
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von donjohannes »

Ich bin ein Tagebuchschreiber. Im Idealfall schreib ich täglich am Abend. Ich war aber auch schon auf Wegen, wo die Kraft dafür gefehlt hat. Da hilft dann die Diktierfunktion am Smartphone. Die nutze ich bereits mehrmals kurz am Tag, immer gleich nach einer Begebenheit, und halte so Ideen, Gedanken oder Eindrücke fest damit ich sie später korrekt abfassen kann. Ich mach auch schnelle Schüsse mit dem Handy, damit man die Wegbeschaffenheit oder die Architektur oder einen Hund beschreiben kann. Diese Fotos sind nicht groß vorbereitet und haben kaum einen Schönheitswert. Sie sind auch nicht für andere oder zum Herzeigen gemacht, sondern nur als visuelle Stütze für die verbale Beschreibung im Anschluss. Von meinem Weg nach Jerusalem und retour habe ich über 11.000 solcher Schnappschüsse heimgebracht. Bei 14.000km waren das also im Schnitt ca. alle 1.250 Meter ein Bild :-)
Österreich -Santiago 1998
Liechtenstein - Jerusalem und zurück 2013-14 (http://www.4kmh.com/neo)
Triest - Cannes (Via Alpina Sacra) 2018 ( http://www.4kmh.com/vas )
Irland - Italien (Via Columbani) 2022
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ldrunner2
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von ldrunner2 »

Erinnerungen festhalten? Ja, klar!
Wie? So umfangreich und detailliert wie man/frau es mag.
Es kommt halt drauf an, willst du zusätzliches Gepäck tragen und dir ein dickes Büchlein samt Schreibzeug einpacken?
Dann noch eine große Fototasche mit ausgefeiltem Equipment dir umhängen?

Wie kommunizierst du unterwegs mit deinen *daheimgebliebenen*? Oder reservierst eine Albergue? Smartphone/ iphone?
Wie orientierst du dich? Smartphone/ iphone?

Falls du ohnehin Whatsapp oder andere Kommunikationskanäle benutzt, dann lade doch deine *daheimgebliebenen* in eine Chat-Gruppe ein.
Dort kannst du nach belieben Tagesberichte/ Statistiken mit Fotos festhalten. Und diese Fotos gehen dir nicht wie im Status nach 24h verloren!
Nach der Tour ist es auch nicht so aufwändig, noch mehr daraus zu machen, ... Fotobuch, "Dia"-Vortrag, ...
Dort kann man auch Besonderes wie Eintrittskarten, Credencial, ... einfügen oder vor Vortragsbeginn als Einstimmung auslegen.

Vergiss nicht die Adminrechte einzugrenzen, ansonsten bläht sich der Chat zu sehr auf, wenn jeder seinen Senf dazu gibt (dies kann im direkten Chat/ PN mit dir erfolgen) und erfordert später enorme Blätterei, falls du mal was suchst. Nach der Tour oder am Jahresende einen Schnitt machen, d.h. alle ausklinken und auf den nächsten Camino "vertrösten". Im neuen Jahr einen neuen Chat eröffnen, so wird das digitale Tagebuch auch nicht ellenlang.

Früher habe ich auch immer A5-Notizbücher mit Bleistift (lässt Korrekturen zu, aber verschmiert mit der Zeit) beschrieben, Fotos mit großer Kamera festgehalten. Dies zusammen zu bringen war stets ein zeitaufwändiger Akt.

Gutes Gelingen!
Bon Camino

Camino Portugues, Camino del Norte, Camino Vasco del Interior (Irun - Dulantzi), Camino Muxía y Fisterra,
Camino Primitivo retour
Eckart
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von Eckart »

Ich halte keine Erinnerungen schriftlich fest. Ich gehe einfach nächstes Jahr wieder einen Camino und erlebe etwas Neues.

Buen Camino
Eckart
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Walter
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von Walter »

Ich schreibe auch jeden Tag in mein Tagebuch, das, wie bei vielen anderen auch, aus einem Schulheft besteht.
Für die Familie und Freunde und Bekannte schreiben ich noch jeden Tag im Status von WhatsApp einen kleinen einseitigen Bericht und füge so rund 10 Fotos an.
Zuhause verarbeite ich meine Fotos, nach dem großen ausmisten, ;) zu einem Fotobuch, das ist dann die eigentliche Erinnerung. Am Ende des Buches klebe ich noch eine Einstecktasche ein, wo all das reinkommt, was mir wichtig war (Pilgerurkunde, kleines Gebet, besondere Belege, Foto-CD. usw.).

Gruß Walter
Cam. Frances, Cam. del Norte, Via Gebennensis, Via dela Plata, Via Podiensis, Via Regia, Jakobsweg Schweiz, Via Francigena, Olavsweg, Português, Ignatiusweg, Fränkisch Schwäbischer Jakobsweg, Münchner Jakobsweg, Via Scandinavica, Franziskusweg, Primitivo.
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Pilgerbär
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von Pilgerbär »

Ich habe auf der ersten Pilgerfahrt auch mit Block und Stift ✏ geschrieben. Neuerdings führe ich ein Tagebuch via WhatsApp. Hier stehen dann Text und Fotos in direktem Kontext und besondere Ereignissen könnte ich "direkt" festhalten.

Da dieses Tagebuch nur an mich versendet wird, kopiere ich morgens (meine Frau schläft ja schon mal etwas länger wie ich) den Inhalt auf eine Website. So entscheide ich nochmal was nur für mich bestimmt ist und was ich mit meiner Familie und Freunden teilen möchte.

Es gab übrigens auch schon Beschwerden wenn ich mal einen Tag nicht gepostet habe.

Das WhatsApp-Tagebuch lässt sich gut korrigieren, geht einfach und schnell und ich kann es zu Hause ggf auch ausdrucken...
Ultreya, euer Pilgerbär
JuleKatrin
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Re: Erinnerungen festhalten ja/nein/wie?

Beitrag von JuleKatrin »

Danke euch allen für die interessanten Erfahrungsberichte zum Theme Erinnerungen festhalten. Ich werde wohl ein kleines Schulheft mitnehmen und dann vor Ort schauen, was mir liegt und was mir Spaß macht. Das wird sich schon ergeben :-)

Viele Grüße
JuleKatrin ⚓️
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