Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Durch Portugal nach Santiago
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Hoib3rgA
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Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 01: Etappe Porto - Villa Cha (22km) am 07.04.2024
Der Tag startet mit dem klingeln des Weckers um 6:00 Uhr in der Früh. Da ich schon vor dem Wecker wach war, fiel das Aufstehen nicht schwer 😉
Ob ich aufgeregt bin? Jahaaa
Auch wenn es nicht der erste Jakobsweg für mich ist, so ist es doch immer wieder ein neues, und auch völlig anderes Abenteuer, auf welches man sich einlässt. Geplant war, alleine zu gehen, und in 15 Tagen über SdC nach Fisterra „durchzurauschen“.
Aber mein Weg sollte etwas anderes für mich bereit halten. Nach ein paar Gesprächen mit anderen, die den Weg schon gegangen sind, und ein wenig eigener Recherche, ist das neue Ziel:
- den Weg genießen
- das Ziel ist SdC
- über die Variante Espiritual

Um 10:25 Uhr bin ich in Porto gelandet, und habe dort dann zum ersten Mal eine Facebookbekanntschaft getroffen, welche ebenfalls den CP da Costa gehen wird.
Per Metro ging es nun erstmal rein in die Stadt. Nach einem kurzen Fußmarsch erreichen wir die Kathedrale. Auf dem Platz spielte jemand Musik, während wir
auf den Stufen Platz nahmen.
Es soll ja Usus sein, dass ein „erfahrener“ Pilger, einem Pilgerneuling, eine Jakobsmuschel überreicht. Und so war es dann auch bei uns. Für mich war das ein wirklich ergreifender Moment, auch wenn es nur eine kleine Geste ist, hat es mich so sehr gefreut, dass ich jemanden eine Muschel übergeben darf.

Wir sind dann zur Linie 1, der historischen Tram. Kurz nach 12 waren wir dort, laut Plan sollte alle 20 min eine Bahn fahren. Nun ja … sollte. Die um 12:20 Uhr kam schon mal nicht, und die um 12:40 Uhr fuhr um 12:55 Uhr ab … ohne uns, da kurz vor uns die Bahn dann voll war.
Nun gut, noch haben wir Zeit! Ich wollte ja nicht rennen … entschleunigen war das Ziel.
Um es abzukürzen, wir standen dann bis 14 Uhr in der Sonne, und es kam keine Bahn!
Das war zwar Entschleunigung pur, aber so war es nicht gewünscht.
Es half nichts, wir mussten los, schließlich wartet „Sandra“ mit dem Abendessen auf uns.
Per Uber ließen wir uns an die Flussmündung fahren, und kamen so nun endlich auf den Weg.
Vergeblich habe ich Ausschau nach einem Supermarkt gemacht, denn meine Trinkblase wollte noch befüllt werden.
Wer auf dem Weg aus Porto raus eine Beschilderung sucht, wird leider herbe enttäuscht, man ist da wirklich auf sich gestellt! So kam es dann auch, dass wir, ich, vor lauter ratschen, die erste Brücke in Matosinhos verpasst haben … und so einen Umweg von 2km hatten.
Da wir noch gut in der Zeit lagen, ich noch immer nichts zu trinken, sind wir auf halber Strecke in einer Strandbar eingekehrt. An meiner durstigen Situation sollte sich allerdings nichts ändern 😂
Scheinbar wollte man uns nicht da haben, denn bedient wurde jeder um uns herum, wir jedoch nicht. Auch auf Blickkontakt, und dann auch mal ein Handzeichen, wurde nicht reagiert.
Aber gut, wie war das mit entschleunigen? 😉
Nach etwa 15 min sind wir weiter gezogen, in eine Bar etwas abseits des Strandes, dahinter ein geöfffneter Supermarkt … Jackpot 🤪
Zu essen gab es leider nichts, bzw. hat man darauf hingewiesen, dass es gerade relativ lange dauern würde, bis die Küche die Sandwiches zubereitet hat, da so eine große Nachfrage ist. Um Sandra nicht unnötig lange warten zu lassen, ging es für mich also ohne „Frühstück“ weiter. Was soll’s, ist ja eh erst 16 Uhr, und um 20 Uhr haben wir uns bei Sandra angekündigt … was wir dann auch um 20 min unterbieten konnten 🥰
Nach Matosinhos erwarten einen dann die Holzdielen am Strand entlang. Hier hörten wir dann auch das erste „Bom Caminho“, und in mir entfachte das Feuer des pilgerns so richtig. Es sind nur zwei kleine Worte, aber sie bedeuten irgendwie doch so viel! Man fühlt sich … „zu Hause“ und „richtig“.
Der Weg an sich ist sehr laut, was aber sicher daran lag, dass zum einen Sonntag und zum anderen eben auch richtig tolles Wetter war! Und ja, so toll, dass wir, vor allem ich, ein klein wenig Sonnenbrand bekommen haben. Blöd ist, dass nur die linke Seite rot, und dann irgendwann hoffentlich auch braun wird. Mal sehen wieviele Etappen ich rückwärts gehen muss, um beidseitig braun zu werden 😂
Heute steht nur eine kurze Etappe an, einfach um den Körper nicht gleich zu sehr zu fordern.
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Hoib3rgA
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 02: Etappe Villa Cha -> Pavoa de Varzim (16km) M 08.04.2024

Tag 02: Etappe Villa Cha - Pavoa de Varzim (15,9km)
Ich habe bei Sandra so gut geschlafen, dass ich erst gegen 7 Uhr aufgewacht bin … so ausgeruht war ich irgendwie schon lange nicht mehr. 🥰
Nachdem der gestrige Tag eher stressig war, sollte es heute ein sehr ruhiger werden. Geplant war eine Etappe mit rund 13 km bis nach Pavoa de Varzim, es war also genug Zeit, seeeehr gemütlich aufzustehen, um dann auch noch in Ruhe zu frühstücken.
Per Zufall habe ich dort Lilian kennen lernen dürfen, und haben uns recht schnell in ein Gespräch vertieft. Sie gab noch einen guten Rat mit auf den Weg „Wenn man eine schwarze Wolke am Himmel seht, bleib sofort stehen und zieh die Regensachen an“
Nun gut, ich habe es vernommen … und wurden von Petrus getestet. Ich nehm es gleich mal vorweg: Er hat gewonnen 😂

Aus Villa Cha raus führt der Weg wieder über die schon bekannten Holzbalken. Viele empfinden das gehen darauf unangenehm, ich finde das ganz und gar nicht. Ich gehe bei weitem lieber auf den Holzwegen, als z.B. auf Asphalt.
Dass man nicht mehr in einer Großstadt ist, merkt man sofort an der Ruhe auf und neben der Wege. Würde das Meer nicht toben, wäre es fast totenstill.
Die Wege sind teilweise mit Sand bedeckt, stellenweise verschwand der Weg auch komplett unter einer Düne 🤪

In Villa de Condo habe ich nach der Brücke den eigentlichen Weg verlassen, und bin statt dessen wieder dem Flussufer zurück zum Meer gefolgt. Man hat ja Zeit, und vorne an der Flussmündung war ein Leuchtturm. Auch wenn dies ein Umweg von rund 2 bis 3 km war, so habe ich den Weg, und mir auch die Zeit genommen, um dort hin zu gehen.
Dort angekommen, zog der zuvor blaue Himmel, innerhalb von ein zwei Minuten zu … und verwandelte das Blau über einem in eine schwarze Wolke.
Die Worte von Lilian schwebten zwar im Kopf herum, aber ein Foto von der Brandung ist doch sicher noch drin.
Ja, war es … und schon öffnete Petrus die Schleuse! Was war besser? Stehen bleiben, und versuchen den Poncho aus dem Rucksack zu kramen? Oder in ein etwa 100m entferntes Restaurant (Strandbar) zu gehen. Die Entscheidung fiel für die Variante „Restaurant“.
Nun ja, sagen wir mal so, wenn man es nicht erlebt hat, weiß man nicht, wie nass man auf 100m werden kann 😅
Noch blöder war, dass mir in dieser Strandbar kein Einlass gewährt wurde! Obwohl kein Gast da war, wollte man mir nur Einlass gewähren, wenn ich dort esse. Mir war aber nur nach trinken.
So wurde ich der Tür verwiesen, und stand, im wahrsten Sinn des Wortes, im Regen 🤷🏼‍♂️
Etwa 100m weiter waren ein paar Restaurants und Cafés, wo ich dann mein Glück versuchte. Gleich im ersten Café durfte man Platz nehmen … tropfend wie ein defekter Wasserhahn.

Gestärkt mit Kaffee und leckerem Gebäck, ging es dann wieder auf den Weg. Der Regenschauer war längst vorbei, und der Himmel wieder blau.

Kurz vor Caxinas ereilte einen dann das selbe Schauspiel erneut, innerhalb von zwei Minuten wurde aus einem schönen Blau, ein tiefes schwarz. Diesmal war ich jedoch vorbereitet, und war unter dem Poncho versteckt, bevor Petrus seine Schleuse öffnete.

Ich habe Zeit … entschleunigen … also kann ich auch nochmal einkehren.
Ich ging noch ein Stück, und fand dann in einem wahnsinnig tollem Café einen Platz. Stempel gab es hier zwar keinen, dafür aber einen sehr schicken Aufkleber für den Pilgerpass.

Nochmals gestärkt, und mit viel „Augenfreude und Gastfreundlichkeit“ des Cafés, machte ich mich dann auf den Weg nach Pavoa de Varzim.

Für dass, das heute sehr viel Regen angesagt wurde, hatte ich nochmal viel Sonne gehabt … und auch eine Lektion von Petrus gelehrt bekommen.
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Hoib3rgA
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 03: Etappe Pavoa de Varzim - Marinhas (26km) am 09.04.2024
Hoch über den Dächern von Pavoa de Varzim (Hotelzimmer im 10. Stock) sucht sich langsam die Sonne ihren Weg durch die Schlitze im Rollo.
Es ist 7:30 Uhr morgens, und so langsam komme auch ich in Schwung.
Mit dem Schwung, meldet sich auch tatsächlich schon ein kleines Hungergefühl 🙈
Zum Glück gibt es hier ein Frühstück, und so wird vor dem Aufbruch auf die nächste Etappe, erstmal etwas für das leibliche Wohl getan. Ich habe ja Zeit … entschleunigen ist angesagt.
Auch wenn nur rund 23 km auf der Agenda stehen (was ja eh immer mehr wird 🤷🏼‍♂️), lasse ich es ruhig angehen.
Nach dem Frühstück werden dann die Pferde gesattelt, oder Esel … oder wie auch immer man sich nennen mag 😂

Der Weg aus Pavoa de Varzim raus verläuft am Strand, wie man es schon kennt, auf einem sehr langen Holzsteg. Diesmal sind es ca 5 km, welchen man mit Holz unter den Füßen zurück legt.
Wenn man das Ende dieses Teilstücks erreicht hat, kommen ein paar Cafés / Bars.
Wer noch irgendwo einkehren möchte, sollte diese Möglichkeit nutzen, denn ab jetzt kommt eine sehr lange Durstsrecke! Ich kann nicht sagen wie weit es war, aber gefühlte 10km kam auf dem Weg weder eine Bar, noch ein Café!
Nun ja, also vorbei am Fußballplatz, weiter entlang des Golfplatzes, geht man dann zwar ländlicher, dafür aber auf Kopfsteinpflaster. Man durchquert den Naturpark, und kommt irgendwann nach Apulia.
Der Weg verläuft eigentlich geradeaus durch den Ort, an einer Kreuzung kann man jedoch links Richtung Meer oder auch rechts gehen, und findet dann nach paar hundert Meter ein Café. Ich bin links gegangen, da es dort zwei Cafés angezeigt hat … die Trefferquote das eines offen hat, ist somit doppelt so hoch 😎
Der nächste größere Ort ist dann Fao, wo man den Fluss über eine stählerne Brücke (wird gerade renoviert) überquert.
Hier bin ich dann am Flussufer entlang nach Esposende gepilgert, wo ich zum einen auf einen kleinen „Souvenirladen“ gestoßen bin (ein super lieber Inhaber, ist auf jeden Fall einen kurzen Halt wert) , und ein paar km weiter die Altstadt von Esposende erkunden durfte. In einer netten Bar mit Musik, habe ich mir nochmal eine Auszeit gegönnt, bevor ich zum letzten Etappenteil bis nach Marinhas aufgebrochen bin.

Frisch geduscht bin ich schon mal, jetzt heißt die nächste Challenge „finde etwas zum Abendessen“, bevor dann vom Balkon aus dem Sonnenuntergang entgegengefiebert wird.

Heute war ein echt schöner Tag mit viel Sonnenschein, leider jedoch noch mit einem recht kühler Wind, aber … viel Natur. Ab morgen soll es dann richtig warm werden, mal sehen was Petrus für mich bereit hält.
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Hoib3rgA
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 04: Etappe Marinhas -> Viana do Castelo (23km) am 10.04.2024
Ich lasse mich heute von der Sonne wecken, die unter dem Rollo durchscheinen durfte. Gemütlich mache ich mich fürs Frühstück fertig, welches am Vortag schon „bestellt werden musste“. So wie die Bestellung dann war, wurde es auch gereicht … sehr einfach, aber okay … auf jeden Fall um Welten besser, als die Pizza am Vorabend. Egal, was soll’s, auch wenn man ein Stück vom Meer entfernt ist, hat man vom Speiseraum aus einen schönen Meerblick. Auch heute gab es zum Frühstück schon sehr nette Gespräche, zum einen mit zwei Schwestern aus einem Nachbarort von mir, und ebenfalls mit einem Pärchen.

Nachdem ich mitbekommen habe, wie schlammig der Weg durch den Wald hier her zu dieser Unterkunft war, verwerfe ich noch schnell kurzfristig den Plan, heute am Meer im Sand und auf schmalen Wegen, sich den Weg nach Viana do Castelo zu suchen.
Ich folge also dem offiziellen Weg im Landesinneren … der auch die ein oder andere „Schlammpackung“ bereit gehalten hat. Beschweren darf man sich allerdings nicht, denn ich bin (fast) trockenen Fußes ans Ziel gekommen.
Der Weg ist heute deutlich anspruchsvoller als die letzten Tage, endlich mal keine Holzstege. Meine Füße dürfen eher viele Waldwege, als auch Kopfsteinpflaster spüren, das Auge wird von einer tollen Landschaft, als auch vielen kleineren Dörfern verwöhnt. Auch wenn es längere Durstrecken gibt, was Cafes oder Bars angeht, so ist das heute kein Vergleich zu gestern.
Aus Castelo do Neiva raus, ging es erstmal gut bergauf, und dann hinein in ein schönes Waldstück. Obwohl es die letzten Tage nicht mehr wirklich viel geregnet hat (in 4 Tagen ein Tag mit Regen), war der Weg leider sehr schlammig. Man musste schon etwas aufpassen, wo man hintritt, denn wer hier trockenen und sauberen Fußes durchkommen möchte, muss ein wenig die „begehbaren“ Stellen suchen 🤪
An einer langen Mauer, gespickt mit Hunderten beschrifteter „Andenkensteine“ trifft man auf ein Pavillion, welches zum pausieren einlädt. Für das leibliche Wohl sorgen allerlei Obst und Getränke, welche man sich nehmen darf, und einen entsprechenden Obolus in eine Kasse wirft. Ein „Kiosk auf Vertrauensbasis“ ;-)
Kurz darauf habe ich es dann aber gut gemeistert, und habe den einzig „nassen Teil“ des Weges ziemlich gut gemeistert
Hier am Ende des Weges erscheint dann eine wunderschöne Kirche, von welcher auf der gegenüberliegenden Seite „ein paar Stufen“ zu einer Kapelle hinauf führen.
Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen, und habe die Herausforderung angenommen 😂
192 Stufen später hat man es auch schon geschafft, und hat von der „Capela da Senhora do Crasto“ einen wunderschönen Blick hinunter auf die „Igreja e Mosteiro de São Romão do Neiva“. Der Ort hat natürlich zum verweilen eingeladen - entschleunigen ;-)
Und ja, es sind auch 192 Stufen bis nach unten … woran manch einer vielleicht im ersten Moment nicht denken würde. Nicht dass ich das nicht auf dem Schirm gehabt hätte (Böse Zungen behaupten dies 🙈) … war ich dennoch froh, wieder unten angekommen zu sein.
Geflügelt von der Treppensteigerei, setze ich meinen Weg fort, und entdeckte dann, in ich meine Barroco, eine wunderschöne Kirche! Im Boden eingelassen, als auch der Türgriff selbst, ist eine goldene Jakobsmuschel. Sieht man aus der Kirche nach draußen, entfaltet die Glastüre ihre volle Pracht … eine wunderschöne Jakobsmuschel in vielen schönen Farben leuchtet einem entgegen.
Der restliche Weg führt immer weiter bergab, hinab zur „Eifel Brücke“ rüber nach Viana do Castelo. Die 21 km zuvor haben sich weniger gezogen, wie diese 500m auf dem stählernen Koloss.
Hat man die Brücke verlassen, befindet man sich auch schon mitten im Ort.
Bevor ich meine Unterkunft aufsuche, gehe ich noch einen Cafe trinken. Es verschlägt mich in ein schickes kleines Café in der Altstadt, mit gerade mal drei Zweiertischen, geführt von einer sehr netten Dame.
Ich lasse die Etappe nochmal Revue passieren, freue mich jetzt erstmal auf eine Dusche, und dann auf etwas leckeres zum Abendessen.

Tag 4b

Bevor es zum Abendessen geht, steht aber noch eine kleine Bonusaufgabe an ;-)
Nachdem ich zuvor schon von der „Kirche auf dem Hügel“ gelesen habe, war der Entschluss, sie anzuschauen, schon so gut wie gefasst.
Vom Hotel aus sieht man die Kirche auf dem Berg thronen, was schon ein sehr imposanter Anblick ist. Die junge Dame am Empfang meinte, man geht so ca. 30 min bis hinauf … worauf die ältere Dame etwas ungläubig schaute, und es zu einer kleinen, lustigen Diskussion kam. 😅
Nun ja, man ist hier ja nicht, um faul im Bett zu liegen, und nachdem man eh nur 23 km in den Beinen hat, sich mittags auch schon die 192 Stufen (rauf, und dann auch runter) zur Kapelle gegönnt hat, sollte der Weg zur Kirche doch ein Klacks sein.
Also los geht’s … vorbei am Bahnhof, dem Springbrunnen im Kreisverkehr, welchen Möwen als ihre neue Heimat auserkoren haben, und dem hat einen wahnsinns Blick auf eine gar nicht so schöne Stadt 😂
Ein toller Hafen, zwei imposante Brücken, bisschen Ort, viel Grünfläche.
Aber gut, dass der Ort mir nicht so viel optisches Vergnügen schenken wird, hat man bei der Ankunft schon irgendwo bemerkt. Das sollte aber auch nicht der Grund der Bergwanderung sein, sondern ein fantastischer Ausblick auf den Sonnenuntergang. 🥰
Und ja … den gab es 😊 😂
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Hoib3rgA
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 05: Etappe Viana do Castello - Caminha (29km) am 11.04.2024
Heute steht mit 29km die längste Etappe an. Ich habe zwar überlegt, nicht ganz so weit zu gehen, da aber morgen früh die Überfahrt nach Spanien ansteht, und man somit direkt mal eine Stunde durch die Zeitverschiebung verliert, wollte ich es in der Früh nicht mehr so weit haben.
Gut gestärkt von einem fantastischem Frühstück, ging es erstmal für etwa 4km an der Straße entlang aus Viana do Castello raus. Bei km 4 Verlässt man die Straße, um auf eine kleine, parallel verlaufende Gasse mit Kopfsteinpflaster zu wechseln. Die nächsten 8km sind sehr geprägt durch Kopfsteinpflaster, ein kleiner Waldweg lässt einen zwar kurz hoffen, aber dies kurze Vergnügen für die Füße wird leider sehr schnell wieder genommen.
Bis etwa km 12 geht es hauptsächlich auf harten Böden voran, bis man nun endlich weicheren Boden betreten darf.
Die Freude über einen weichen Untergrund wird aber dann doch sehr genau genommen … denn es wird schlammig. Zum ausweichen ist der Weg zu schmal, also … durch. Ich habe es aber gut geschafft, und konnte mich „sauberen Fußes“ durch die nett gemeinte Schlammkur für die Füße bringen.
Der nächste Ort ist Carrecho, hier kommt man leicht von oben hinunter, lässt linker Hand eine Albuerge liegen, um dann nach den paar Stufen unten rechts abzubiegen. Gleich nochmal rechts, ist ein kleines Café, welches förmlich nach einer Pause schreit.
Nach diesem Ort geht es dann wieder hinein in ein Waldstück, welches natürlich mit einem schönen, schmalen „erdreichhaltigen Boden mit etwa 95% Wassergehalt“ Weg auf einen wartet.
Na gut, also heißt es erneut „Herausforderung angenommen“ 😂
Hat man diesen schlammigen Weg hinter sich gelassen, trifft man kurz darauf auf einen breiteren Bach, welcher zum verweilen einlädt.
Ich klettere zum Bachlauf hinunter, ziehe Schuhe und Socken aus, und hoffe darauf, dass ich gleich keine Fische aus dem Wasser treibe wenn ich meine Füße im kalten Wasser baumeln lasse.
Herrlich! Nach paar Minuten spürt man auch die Kälte des Wassers nicht mehr ;-)
Die Pause hier war genau richtig, denn ab jetzt geht es stetig bergauf. Wirklich stetig.
Ich freue mich über den Moment, als der Weg dann endlich wieder abwärts führt, denn nun wird es irgendwann runter ans Meer, nach Villa Praia de Ancora gehen.
Auf einer Schaukel mit Meerblick gibt es nochmal eine Auszeit, bevor es wieder auf den Weg geht.
Die letzten 3 Kilometer nach Caminho sind wieder sehr ermüdend. Erst geht es an der Straße entlang, dann einen neu angelegten Fußweg. Dieser hat den Namen „Pilgerautobahn“ redlich verdient. Auf dieser Strecke gibt es nur einen kleinen „wow“ Moment, als man an einem riesigen Eukalyptusbaum vorbei geht. Dieser hat einen Durchmesser, von 1m oder gar 1,5m!
Irgendwann ist es dann aber geschafft, und ich beziehe mein Heim für diese Nacht.
Eine Dusche ist gerade die größte Freude für mich, um dann demnächst noch ein wenig hier zu flanieren und ein schickes Restaurant zu suchen. Ein letztes Mal Abendessen in Portugal, ab morgen wird in Spanien zu Abend gegessen.
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Hoib3rgA
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 06: Etappe Caminha - Viladesusa (26km) am 12.04.2024
Kurz zur gestrigen Nacht, welche ich in einer sehr einfachen Unterkunft verbringen durfte, einfach nur weil ich es irgendwie erwähnen muss 🤪:
Seeehr nettes Personal, dafür ein sehr kleines Zimmer.
Direkt hinter dem Haus führen Schienen vorbei … man spürrt sozusagen jeden Zug 😂
Ich habe aber dennoch wirklich gut geschlafen, und da auch das Frühstück wirklich klasse war, kann man die Unterkunft durchaus mal buchen. Im Hotel hängt auch ein „Flyer“ von Capitan Mario“. Leider haben wir Kapitan Mario nicht erreicht (die Dame vom Haus meinte, sie versucht es gerne, denkt aber dass er heute nicht arbeitet, womit sie dann auch recht behielt), weshalb es dann ein „offizieller“ Transport wurde.
Vom Weg her war es egal, zum Abfahrtsort des Xacobeo Bootes sind es 1,2 km, bis zu Mario 1,7 km.
Also ging es noch einmal durch die malerische Altstadt hinunter zur Anlegestelle des Bootes. Kurz vor einem großen Kreisverkehr wurden es schon mehrere Pilger, welche alle übersetzen wollten. Links, auf der anderen Seite des Kreisverkehrs, winkte uns schon ein Mann mit Warnweste zu, wir sollen zu ihm zum Kiosk rüber kommen. Dies ist jedoch nicht der offizielle Transfer!
Das Xacobeo Boot fährt auf der rechten Seite ab.
Dort standen bereits ein paar Pilger, als auch ein Mann in weißem T-Shirt, welcher alle in zwei Gruppen aufteilte.
Zwei von uns durften gleich mitfahren. Die anderen wurden auf das nächste Boot verteilt. Mit sechs Pilgern aus Frankreich ging es dann mit einem kleinen Boot rüber nach Spanien. Unser Kapitän, Alonso, war wirklich sehr witzig und brachte uns alle auf der knapp fünfminütigen Fahrt durchaus zum schmunzeln.
In A Pasaxe angekommen, trifft man „endlich“ auf die wunderschönen, steinernen Wegweiser Galiciens, welche man von weitem schon sieht, und neben der Richtung auch stets die genaue Entfernung angeben. Die Freude über den ersten Stein verfliegt jedoch recht schnell, denn nun wird man gleich mal direkt gefordert, indem der Weg sich steil nach oben schlängelt. Der Weg verläuft erstmal an der Straße entlang, und führt dann durch Wälder. Nach gut 2km hat man es dann geschafft, und es geht hinab nach A Guarda.

Per Zufall ist dort die Türe des Kultirzentrum svon A Guarda offen. Da es ein schöner Bau ist, will ich ihn mir anschauen. Oben vor dem Gebäude wurde ich von 8 spanischen Schülern und deren Lehrerin begrüßt, die dort eine Exkursion hatten. Da sie gerade eine Arbeit über das Pilgern schreiben, haben sie freundlich gefragt, ob ich mir kurz Zeit nehmen könnte, um ihnen ein zwei Fragen zu beantworten, und „meine“ Intention des Pilgerns mitteilen würde.
Entschleunigen ist angesagt, natürlich habe ich Zeit ;-)

In A Guarda verläuft der offizielle Weg ein wenig im Zickzack, was ich anfangs noch mitgemacht habe, nach dem Besuch der Kirche Santa Maria, hab ich mir den Weg runter zum Meer gebahnt, und habe so meinen eigenen Weg gewählt. Der Weg am Meer entlang trifft dann auch bald wieder auf den offiziellen, beschilderten Weg.
In einer Bucht nach A Guarda zieht es mich bis nach vorne ans Meer, wo ich dann etwas verweile und einfach nur in die Brandung schaue. Herrlich … beruhigend … entschleunigen.
Die Pause war genau richtig, denn schon bald geht es wieder bergauf, hoch zur Bundesstraße, an welcher man gefühlte 37km weit entlang läuft. Gut, böse Zungen behaupten, es wären ca 2,5km … aber was wissen die schon 🤪
Irgendwann geht es auf jeden Fall nach links auf eine kleine Nebenstraße, und dann weiter auf Wald / Feldwegen.
Gerne wäre ich unten am Meer weiter gegangen, aber dort gibt es tatsächlich keinen Weg. Entweder man geht über die Felsen, was mir einfach zu gefährlich war, oder man muss oben an der Bundesstraße gehen.
Nach einem kurzen marsch, erreicht man ein sehr nettes Café Restaurant, welches auf jeden Fall zum verweilen einlädt. Das erste Tortillia, als auch galizisches Bier dürfen in meinem Bauch eine kleine Party feiern 😂
Gut gestärkt, geht es den Weg weiter. Ein kurzes Stück läuft man nochmals entlang der Bundesstraße, um dann wieder Richtung Meer „abzutauchen“.
Auch wenn es heute fast windstill ist, so hat es hier eine deutliche kräftigere Brandung, als bisher bei stark blasendem Wind. Das Meer bäumt sich mit einer gewaltigen Kraft meterhoch auf, um dann mit Wucht in sich zusammen zufallen. Wow 🥰
Ich könnte den Wellen stundenlang zusehen.
Aber gut, ein Dach über dem Kopf wäre sicher nicht verkehrt, also … abab … nach Viladesuso. Auf dem Weg gibt es noch einen kurzen Stop an der Kirche von Oia, bevor dann die letzten 4 km in die Beine gebracht werden.
Nachdem die heutige Etappe durchaus ein paar Höhenmeter enthalten hat, machte es Petrus einem nicht leichter, indem er den Planet auf Maximum gedreht hat. Man geht sehr lange Strecken unter freiem Himmel, sprich in diesem Fall, in der prallen Sonne. Da freut man sich dann sogar, wenn man das erste bellen eines Hundes, hört, weil es dann nicht mehr weit bis zum nächsten Ort ist … Schatten ;-)
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Hoib3rgA
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 07: Etappe Viladesusa - Nigran (25km) am 13.04.2024
Nach einem sehr tollen Abendessen, ging es gestern Abend zurück zur Unterkunft. Auf dem Heimweg noch eben schnell an der Tankstelle einen Zwischenstopp gemacht, um dort Wasser für die Trinkblase zu kaufen, so dass die Wasserversorgung für die nächste Etappe gedeckt ist.
Nun ja, was soll ich sagen … vor der Tankstelle lag im Eingang ein Schäferhund, links neben ihm drei Katzen, und in der Tankstelle streunte ebenfalls eine Katze auf dem Tresen herum. Die ersten 1,5 Liter Flaschen im Regal mit trübem Wasser habe ich dann stehen lassen, und habe mich für gekühlte Flaschen entschieden. Hilft ja nichts, man braucht ja was. Auf dem Weg zur Kasse noch schnell einen Blick auf das Verfallsdatum riskiert, und dann nichts wie weg 🙈 Der Betreiber der Tankstelle war echt seltsam, hat nichts gesprochen, und echt gruselig drein geschaut 🙊
Rechter Hand zur Tanke war wohl der Wohnkomplex. Dort saß eine Puppe in einem Stuhl, und schaute komisch. Ooookay … die Puppe bewegt sich 😳 … und lebt 🙈
Würde man es nicht besser wissen, könnte man glatt glauben, hier wird die Eingangsszene eines Horrorfilms gedreht.
Nichts weg, die Unterkunft ist zum Glück nur eine Katzensprung entfernt.
Schon kurz vorher war ein schrilles pfeifen oder so zu hören. Der Ton ging durch und durch, war eigentlich unerträglich laut, und dient wohl zur Abwehr von Ungeziefer oder sonst was.
Zum Glück war das Zimmer genau zu dieser Seite raus 😂
Aber gut, man hat ja eine Balkontüre, die, wie sich dann herausstellte, nicht geschlossen werden konnte. Schieben war möglich, verriegeln nicht. 😜
An der Rezeption saß ein ebenso merkwürdiger Gesselle, wie der an der Tanke. Anders, aber auch irgendwie merkwürdig. Es war der selbe, der schon am Nachmittag da war, als ich angekommen bin … und sollte auch in der Früh zum Check Out noch an der Rezeption sitzen.
Naaaa gut, zurück zu diesem schrillen Geröusch, denn dank diesem wird’s halt eine laute Nacht werden.
Erstaunlicherweise habe ich so tief geschlafen, wie schon lange nicht mehr 🤷🏼‍♂️
Gestärkt von einem wirklich tollen Frühstück, mit Meerblick, ging es dann auf die Reise.
Der ausgeschilderte Weg führt ein wenig in Schlangenlinien um die Hauptstraße herum. Den kurzen Gedanken, einfach an der Straße zu gehen, wurde zum Glück verworfen, und brav den gelben Pfeilen gefolgt … was sich mehr als lohnen sollte!
Nach gerade mal 1,5km wird man vom schönsten Steineablageplatz übermannt! Soooo schöne, und liebevoll gestaltete Steine sieht man wirklich selten. Schaut euch das Video dazu an, das muss man wirklich gesehen haben.
Nach etwa 3 weiteren Kilometern kommt man am Campingplatz vorbei, wo es Frühstück geben würde. Das Schild „Letzte Raststätte vor der Grenze“ (okay, eigentlich steht da „Last Stop to Baiona“), kann man allerdings ignorieren. Die ein oder andere Möglichkeit kommt noch, auch wenn es durchaus wenig ist.
Allein paar hundert Meter weiter trifft man auf einen Künstler, der jeden Pilger begrüßt, ein paar Informationen zur Umgebung als auch einen Plan mit auf den Weg gibt. Ein quirliger Kerl, absolut zum verlieben 🤗 Ich wollte am liebsten gar nicht weiter gehen, sondern mir all die Sachen noch genauer anschauen, welchen er da alles neues Leben einhaucht. Toll!!!
Direkt danach führt der offizielle Weg links Richtung Meer. Ein schöner Weg, das nächste mal würde ich hier jedoch oben an der Hauptstraße weitergehen. Der Weg führt nur einmal steil runter zum Meer, ein Stück am Meer entlang, und dann wieder steil zurück zur Straße … allerdings entgegen der eigentlich Wunschrichtung. Na gut, hab ich das auch gesehen 😂
Nach etwa 4 km führt der Weg nach rechts hinauf, an einem Haus vorbei, auf ein Gittertor zu. Wer möchte, kann hier an einem großen Tisch noch eine kleine Pause machen, bevor es dann eine ziemlich kräfteraubende Passage nach oben geht. Das Tor wird einfach aufgeschoben, also nicht denken, man wäre falsch gegangen ;-)
Für knapp 2km geht es nun bergauf, bis sich der Weg gabelt. Unser Weg führt nach rechts, nach links geht es wohl eine Anhöhe hinauf, welche der Künstler empfohlen hat. Da man hier aber wohl durchaus klettern muss, das Wetter diesig ist, somit also keine Weltsicht gegen ist, lasse ich dies „Bonuslevel“ aus, und folge dem offiziellen Weg. Kurz darauf treffe ich rechter Hand auf eine Oase der Erholung! Wieder so ein netter Typ, mit einer soooo schönen Pausenmöglichkeit. Die Hühner hinten im Hof, vorne Platz zum sitzen, saubere Toiletten … und echt leckeres Essen UND kaltes Bier 🥰
Da der Ort gut besucht ist, kommt man hier auf jeden Fall mit anderen Pilgern ins Gespräch, und da man sich hier gerne Zeit zum verweilen nimmt … entschleunigen … ratscht man nicht nur mit einer Person ;-)
Was die Höhenmeter angeht, hat es die Etappe echt in sich. Gerade mal unten angekommen, soll es auch schon wieder hinauf gehen. Der fantastische Blick auf den Atlantik entlohnt diese Strapaze zwar, aber flacher wäre mir heute auch recht gewesen 🤷🏼‍♂️
Nun gut, was soll’s, die Sonne scheint, das Meer rauscht, nette Leute um einen herum … man könnte fast sagen, „Leben wie Gott in Frankreich“.
Irgendwann kommt man dann in Baiona an. Es wird erstmal lauter, hektischer, unruhiger.
Um den Trubel etwas zu entgehen, verlasse ich den offiziellen Weg, und suche mir einen eigenen Weg, etwas abseits, mehr Ruhe.
Zwischen Häuserreihen und Gärten führt mich der Weg langsam runter zum Meer, wo mich erstmal zwei wunderschöne Kirchen erwarten, die „Capilla de San Juan del Castillo“ und die „Capilla de Santa Liberata“.
Nach einem kurzen Gebet, ich bedanke mich in jeder Kirche, dass ich es schon so weit geschafft habe, und dass ich heute an diesem Ort sein darf, geht mein Weg weiter Richtung Atlantik. Am Hafen angekommen, geht es rechts Richtung Strand von Baiona.
Würde man es nicht besser wissen, könnte man glatt meinen, man ist in Italien oder sonst wo angekommen. Feinster Sand, alle in Binini bzw. Badehose unterwegs … der Ort lebt. Nach der ganzen Ruhe ist dieser Anblick wirklich schön, zumal es nicht zu sehr überlaufen ist.
Ein weiteres Mal führt der Weg heute kurz weg vom Meer, um dann auch schon direkt in Nigran anzukommen. Auch hier trifft man auf einen riesigen Strand. Wahnsinn wie schön das hier ist!
Da ich genug vom gehen auf Strassenbelag habe, wage ich den Schritt runter an den Strand. Den ersten Bach, der sich einmal den Weg von der Straße ins Meer über den Strand bahnt, überquere ich noch mit den Schuhen an den Füßen. Aber schon gleich sollte es dass gewesen sein 😂. Der nächste Bach ist zu breit, und zu tief.
Jetzt heißt es, entweder ein Stück zurück gehen, oder Schuhe aus und durch.
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Hoib3rgA
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 08: Etappe Nigran - Vigo (16km) am 14.04.2024
Der gestrige Check-In war auch mal wieder etwas besonderes. Von weitem war das Hostel schon recht gut zu erkennen, die Tür steht offen, also nichts wie rein. Licht ist an, zumindest hinten im Vorratsraum des Restaurants brennt das Licht. Ein wenig wundere ich mich darüber, denn angeblich gibt es hier weder was zu essen, und eben auch kein Frühstück.
Ein paar mal rufe ich ein tief spanisches „Ola“, es will jedoch niemand antworten. Als auch nach 10 Min niemand aufzufinden ist, suche ich nach der Telefonnummer des Hostels, und rufe einfach mal dort an. Es klingelt, und es geht auch jemand ans Telefon. Wuhuuuu, der halbe Sieg scheint mir zu gehören. Auf die Frage, ob er denn englisch spricht, antwortet mir der Herr „No, pero hablo algo de francés.“ Nun ja, „hablo frances“ verstehe ich, und versuche so mit meinem besten Schulfranzösisch, dem Herren klar zu machen, wer ich bin, und dass ich eben jetzt im Hostel wäre, jedoch niemand vor Ort ist. Erstaunlicher Weise klappt das ganz gut, und er meinte nur, er wäre in 5 Minuten da … was er jedoch auf spanisch mitteilte. Keine Ahnung ob man mir die etwa 35 Jahre nach Schulabschluss anmerkt, und er mich deshalb nicht weiter leiden lassen wollte? 🙈
Egal, keine Minute später kam auf jeden Fall eine ältere Dame ins Anwesen, und ich durfte bei ihr einchecken.

Heute Morgen wollte ich das Bett irgendwie gar nicht verlassen. Viel mehr habe ich die ersten Sonnenstrahlen genutzt, um den ersten Surfern im Atlantik zuzusehen. Die heutige Etappe ist nur 13 km lang, im Haus gibt es kein Frühstück, mich reibt heute erstmal wirklich nichts aus dem Bett heraus.
Als ich dann irgendwann mal die Bettanziehungskraft überwinden konnte, mache ich mich gemütlich fertig, und schlendere dann nach unten ins Restaurant um den Schlüssel abzugeben.
Erst ist niemand zu sehen, dann taucht die Reinigungskraft auf, eine sehr nette ältere Dame, und beginnt auf spanisch zu quasseln. Als sie fertig ist, frage ich nur „sorry, inglés?“. Wir lachen uns beide an, und versuchen mit Händen und Füßen zu kommunizieren. Ned vom Lied war, ob es denn nicht noch ein Cafe und eine Kleinigkeit zu essen sein darf 🥰
Ein wenig gestärkt, geht es dann am
Strand entlang. Schnell wird klar, weshalb hier so viele mit ihren Brettern im Wasser sind … ein Surfwettbewerb belegt den halben Strand.
Die Surfer zurück gelassen, geht es etwas ins Landesinnere, hoch zur Bundesstraße PO325. Jetzt wird mir auch klar, was die nette Reinigungskraft noch mitteilen wollte:
Zum einen ist hier ein Fahrradrennen für Gehbehinderte, gefolgt von einem Halbmarathon. Am Straßenrand stehen Leute, und beklatschen alle Teilnehmer … und natürlich auch „uns“ ;-)
Ein wenig Spaß mit dem Publikum gemacht, und schon steigt die Laune aller.
Weiter geht es über kleine Seitenstraßen, grob dem Verlauf der Bundesstraße folgend.
Recht schnell ist dann auch schon Vigo erreicht, kurz zuvor wird aber noch in einem unscheinbaren Café eine Pause eingelegt. So unscheinbar das Café auch wirkt, umso schöner ist der Garten im Hinterhof. Hier rasten schon drei andere Pilger, wir sind also genau richtig hier.

Die heutige kurze Etappe ist extra so geplant worden, da heute der Check-In in einem Wellness und Spa Hotel gebucht ist (das war mir die Halbzeit einfach wert).
Vorher soll es aber noch eben schnell ans Fußballstadion von Vigo gehen … um dann zu realisieren, dass man auf der morgigen Etappe ebenfalls hier vorbei kommen würde 😂
Egal
Die 3km Umweg waren auch schon egal, heute war es ja eh entspannt. Gegen 14 Uhr gehts rein in das Hotelsreal, und man kommt aus dem staunen nicht heraus.
Blöd … wenn man Sonntags da ist … und der so lang ersehnte Wellness Aufenthalt zwar grundlegend gegeben ist … aber der gesamte Spa Bereich Sonntags geschlossen ist 😂
Egal.
Das Hotel ist ein Traum, das Zimmer sowieso, und auch der Ortsteil von Vigo ist wirklich schön.
Nach einer kleinen Runde durch den Ort, und der Besichtigung der Kirche am Hafen, geht es jetzt dann auf Nahrungssuche ;-)
„Pits“ Burgerhouse soll es werden, mal sehen, ob die Burger was taugen.
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Hoib3rgA
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 09: Vigo - Cesantes (26km) am 15.04.2024
Aus dem Bett schaue ich der Sonne zu, wie sie langsam die Oberhand über die Dunkelheit gewinnt, und lausche einfach nur der leichten Brandung des Ozeans. Gibt es etwas schöneres, als so aufwachen zu dürfen?
Irgendwann „zwinge“ ich mich aus dem mega bequemen Bett, und mache für den Weg fertig. Das Frühstück für 21,50€ ist sicher sehr lecker, aber mich reizt die große Auswahl an Köstlichkeiten tatsächlich nicht. Man ist mittlerweile so geerdet, so begnügsam, dass ein Café con Leche und ein Croissant oder ein Stück Kuchen zum Frühstück durchaus ausreichen.
Da das Hotel ein Stück abseits vom Weg liegt, am gestrigen Tag aber schon ein Stück des offiziellen Weges, bis zum Fußballstadion, gegangen wurde, soll es heute ein wenig individuell quer durch Vigo gehen, wenn möglich am Meer bleibend.
Die Hafengegend mit den ganzen Werften ist durchaus imposant, also all die großen Schiffe im Trockendock, aber schön ist durchaus anders. Nach etwa 45 Minuten wird dann das erste Café, bzw. die erste Bar erspäht. Nun, was soll ich sagen? Dank Corona ist mein Geruchssinn sehr stark beeinflusst worden … aber selbst mir stößt ein penetrant unangenehmer Geruch in die Nase.
Also geht die Suche nach „Desayuno“ weiter. Vorbei an der Kongresshalle, tauchen dann nach einem km drei Bars auf. Die goldene Mitte ist goldrichtig ;-)
Ich wollte eigentlich nur ein Stück Kuchen zum Café con Leche, aber was ich da serviert bekomme, ist der Wahnsinn 😂 Keine Ahnung ob ich so verhungert drein geschaut habe, ob die Dame Mitleid mit mir hatte, oder ob die Kuchenstücke hier immer so groß sind, ich muss fast kämpfen, um den großen Stück Herr zu werden.
Nach diesem Zuckerschock 🙈 ging es gut gestärkt weiter, mehr oder weniger frei Schnauze Richtung Redondela.
Zwei oder dreimal helfen Spanier beim finden des richtigen Weges, indem sie einen die richtige Straße, den richtigen Weg weisen, oder einfach nur kurz mit einem ratschen und einen Tipp geben, wo der schönere Weg zum gehen ist.
In einer Kirche, welche selbstverständlich angeschaut wird, findet gerade ein Gottesdienst statt. Für eine ganze Weile wird ganz leise dem Gottesdienst gelauscht … entschleunigen … bevor die Kirche in aller Stille wieder verlassen wird. Und schon war es wieder um mich geschehen 🙈
Direkt gegenüber der Kirche, sehe ich eine Dame mit Franzosenhut in einem kleinen Laden. Ich nehme einen süßlichen Duft wahr, will mir ein Bild davon machen, was denn hier verkauft wird, und schon war eine Dame mit süßen Leckereien zum probieren aus dem Laden raus gehuscht. Nun ja … Ich hatte heute ja noch keinen Zucker … oder?
*Zwinker Zwinker
Nachdem ich den halben Laden durchprobieren durfte, ein wenig Gaudi gemacht wurde, gibt es noch schnell ein Selfie mit den beiden Damen, bevor es mit zwei Tüten süßen Allerlei wieder zurück auf den Weg geht.
Irgendwann sehe ich mich in der Fußgängerzone von Vigo, und bin wirklich geflasht! Was ist das hier schön!?!?! „Flanierend“ wird dieser schöne Ortsteil von Vigo erkundet
Zufällig führt der Weg am „Ascensor Halo“ vorbei. Ich mache nur kurz ein Foto, da ich das Bauwerk imposant finde, als schon ein Spanier zu mir kommt, und mir zu erklären versucht, dass man dort mit einem Aufzug hochfahren kann, um von oben eine schöne Aussicht zu genießen.
Na dann … auf geht’s nach oben ;-)
Das runde Plateau wird einmal umrundet, bevor es nun wieder, frei Schnauze, weiter geht.
Auch wenn der Ort hier jetzt schöner wird, es wird auch ein klein wenig „grüner“, so freue ich mich darauf, wieder ein wenig mehr Natur erleben zu können.
Sobald man die „blaue Golden Gate Bridge“ erspäht … okay … die „Puente de Rande“, wäre es ein guter Zeitpunkt für eine Pause. Ab der Brücke geht es nämlich ziemlich steil bergauf, und danach kommt lange Zeit keine Einkehrmöglichkeit!
Hier oben angekommen, hat man einen wunderschönen Blick über die Bucht mit den ganzen Muschelzuchtplattformen, als auch die imposante Brücke. Nach einem Stück Straße, geht es endlich wieder hinein auf einen Waldpfad … meine Fußsohlen sind vor Freude fast im Viereck gesprungen. Blöd nur, wenn da gute 90 kg auf ihnen Lasten, und sie somit nicht ganz so können, wie sie gerne gewollt hätten.
Bevor es dann an den „Abstieg“ geht, trifft man eine Bank an. Diese schreit förmlich nach meinem Hintern! Und brav wie ich bin, gehorche ich selbst verständlich ;-) Nach einer kurzen Pause, und einem mitgebrachtem Bier, geht es dann nun die steile Straße hinunter Richtung Redondela.
Puh, bergab mag ich echt gar nicht. Aber … hilft ja nichts 🤷🏼‍♂️
Kurz bevor mir meine Knie und die Oberschenkel dann endgültigen Mittelfinger zeigen würden, ist diese Bergetappe aber auch schon geschafft. Vorbei an zwei drei geschlossenen Cafés, wird dann im ersten geöffneten Café eingekehrt. Was für ein Glücksgriff ;-)
Zum einen gibt es leckeren Café, seeeehr leckere Backwaren (Nope, ich hatte heute noch keinen Kuchen, ich schwöre!!! *Finger hinter dem Rücken verkreuze), und auch einen Stempel für das Pilgerheftchen.
Die letzten 4 km führen wieder durch kleine Gassen, teilweise sehr kleine Gassen, und ja … auch wieder bergauf 😅
Am letzten „Meilenstein“ für heute wird noch eben schnell ein Stein mit Namen und Datum beschriftet, bevor is die letzten 200m zum Hostel geht.
Nach einem sehr liebevollen Empfang, geht es jetzt erstmal zum spritzbaden … duschen ;-)
Und dann zurück in die Bar, um Abend zu essen.
Auch wenn die Etappe nicht die schönste ist, so hat sie doch sehr viel zu bieten.
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 10: Etappe Cesantes - Combaro (25km) am 16.04.2024
Der Einfachheit halber viel die Wahl für das Abendessen auf das 150m entfernte, zur Unterkunft dazugehörige Restaurant. Das Restaurant bietet einen wunderschönen Blick auf „meine Golden Gate Bridge“, als auch die dahinter liegenden Inseln „Illa de San
Martino“ und „Illa do Faro“. Den Sonnenuntergang selbst sieht man von hier aus zwar nicht, aber die untergehende Sonne lässt den Horizont hinter den Inseln in einem schönen rot leuchten.
Im Restaurant sitzen noch 5 andere Pilger, eine Pilgerin die alleine unterwegs ist, und eine lustig dahingackernde Vierergruppe. Nach einer kurzen Unterhaltung mit den vier Pilgerinnen, steht die Wahl des Abendmahls fest: Heute gibt es das erste „Menú del Peregrino“, und ja, die Wahl war wirklich super! Für 12€ bekommt man hier eine wirklich tolle Mahlzeit, 1,5 Liter Wasser und ein Café sind ebenfalls inklusive.
Das entschuldigt dann auch meinen „Gin Tonic“, der leider mit einer Zitronenlimonade serviert wird.
Zurück im Zimmer geht’s dann ab in die Koje, wo man leider nur sehr wenig Schlaf findet. Hier hat es ein Gemeinschaftsbad, das ab 4 Uhr morgens sehr lautstark benutzt wird. Ab 5:30 Uhr ist die Nacht dann endgültig um, die ersten machen sich wohl bereit für den Weg. Ein Pilger scheint wohl Hauptberuflich ein Umzugshelfer zu sein, der seine Arbeit vermisst, denn anders kann ich es mir nicht erklären warum man um diese Uhrzeit schon „Schränke und Tische verrücken“ spielen muss. Ich überlege kurz, ob ich mal eben schnell einen Biersud ansetzen soll, doch dann fällt mir gerade noch rechtzeitig ein, dass ich meine Arbeit gerade gar nicht vermisse 🙊.
Nun ja, was soll’s, Schlaf wird eh überbewertet, denn so hat man schließlich auch viel mehr vom Tag 😅.

Wie es der ein oder schon erahnt, wenn man wach ist, meldet sich irgendwann der Magen mit der Info ans Hirn „Ich habe Hunger“. Folgsam wie ich bin, komme ich dieser Aufforderung gerne nach, es gab ja eh schon lange nichts süßes mehr 🙈
Zwei „Café con Leche“ und ein mit Schokolade gefülltes, Blätterteiggebäck dürfen die leeren Magenwönde bedecken.
So gestärkt geht es dann auch schon los auf die Etappe Richtung Pontevedra, und von dort dann weiter nach Combaro.
Nach einem kurzen Stück auf Asphalt, führt der Weg diesmal sehr schnell nach links in einen Waldweg hinein. Schon auf den ersten paar hundert Metern wird einem klar, dass man sich nun auf den letzten 100km des Caminos befindet. Mir sind das ja jetzt schon zu viele „Wegbegleiter“, was sich aber noch deutlich steigern wird.
Dazu etwas später mehr.
Vorbei an einer Schaukel, wird der Weg immer etwas steiler, bis man an eine Gabelung kommt. Hier gibt es eine kleine Umgehung, um eine kurze, sehr steile Passage zu umgehen.
Ich sag da aber nur „Halt mal mein Bier“ … und schwuppdiwupp sind die 70m mit 15% Steigung auch schon passe.
Irgendwann schlängelt sich der Weg gemütlich nach unten, ihm brav folgend die Pilgerkarawane.
In A Xesteira werden gerade zufällig ein paar Reusen / Netze ausgewaschen, was die Pilgerhorde im Café gegenüber nicht wirklich interessiert. Leider sind die Prioritäten der meisten Pilger, welche man zu meist mit kleinem
Gepäck antrifft, anders gesetzt. Aber gut, jeder wie er meint, und da in diesem Café eine enorme Lautstärke herrscht, schließlich müssen sich hier mindestens 50 Pilger zeitgleich übertönen, findet man nur ca 150m weiter ein kleines, sehr schickes Café, in welchem eher Ruhe herrscht.
Vorbei an einer kleinen, privaten Gedenkecke, einem Waschplatz für Wäsche, sehr schönen Seitenbegrenzungssteinen, geht es nun zu einer imposanten Brücke, der „Ponte San Paio“ in O Conde über den Rio Verdugo.
Bald geht es wieder auf einen Waldweg, wo aus dem nichts heraus, ein wundervoller Klang meine Ohren umspielt. Hier im Wald, an einer „Andenkenstelle“, hat ein älterer Herr mit seinem Dudelsack einen kleinen „Verkaufsstand“ aufgebaut. Kurzer Hand wird der Rucksack abgeschnallt, mein Handtuch auf eine der Steinbänke gelegt (diese sind noch etwas feucht und saukalt), und dann den Klängen des Dudelsack gelauscht. Im Rausche der Musik verziere ich eine zuvor gekaufte Jakobsmuschel, um sie an diesem Ort zurück zu lassen.
Kurz nach diesem Ort, führt der Weg an einer Fischverarbeitung, oder ähnlichem vorbei. Erst realisiere ich es gar nicht, bis Lilli mich darauf hinweist, dass in diese Zaun lauter Kreuze gesteckt wurden. Teils aus kleinen Ästen, teils aus Eukalyptusblättern.
Oberhalb der kleinen Kapelle „Santa Marta wird nochmal Pause gemacht, bevor es weiter Richtung Pontevedra geht. Kurz unterhalb der Kapelle führt links ein alternativer Weg (C. Complentario) in den Wald. Wenn es nicht gerade regnet, bzw. die Tage zuvor geregnet hat, würde ich auf jeden Fall diesen Weg gehen. Er ist zwar etwas weiter, da er sich am Bauchlauf orientiert, aber um Welten schöner, als oben an der Straße zu gehen. Noch einmal unter der großen Straße hindurch, erreicht man auch schon Pontevedra. Der Ort hat wirklich schöne Seiten, auch wenn man das auf den ersten Blick nicht vermuten mag.
Ziemlich in der Mitte des Ortes führt der Weg weiter ins Landesinnere.
Da dies aber erstmal nicht das Ziel ist, sondern der Ort Combarro um auf die Variante Espiritual zu kommen, trennen sich hier unsere Wege … ciao ciao Pilgerkarawane🙊
Eine Brücke weiter links, als die der Pilgerautobahn, führt der etwas kürzere Weg nach Combarro. Auf diesem Stück gibt es (natürlich) keine Stempel. Wer also noch einen zweiten Stempel für diesen Tag benötigt, sollte sich diesen auf der offiziellen Strecke holen.
Die letzten 4 km verlaufen hauptsächlich wieder über Waldwege, was eine Wohltat für die Fußsohlen ist.
Schon von weiten kann man dann schon wieder den Atlantik erspähen, und etwas später dann auch das Fischerdorf sehen.
Nach einem kleinen Herumirren im Ort, wurde dann auch die Straße gefunden, in welche die private Unterkunft liegt. Nur mit dem auffinden der richtigen Hausnummer gibt es noch ein paar Probleme. Aber wie das nunmal so ist, sind die Spanier sehr hilfsbereit, und dank ein wenig französisch Kenntnissen, wird auch die richtige Adresse gefunden.
Jetzt erstmal duschen, und dann geht’s auf Restaurantsuche.
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Hoib3rgA
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 11: Etappe Combaro - Ribadumia (17km) am 17.04.2024
Der Fischerort Combarro bietet viele kleine Restaurants, in den Gassen am Meer und auch etwas weiter innen. Für mich gab es gestern Abend die erste Jakobsmuschel zu essen, und danach Tintenfisch. Als abserviert wurde, wollte ich zum fragen ansetzen, ob ich die Muschelschale bitte mitnehmen kann. Ich musst nur den Mund aufmachen, und schon wurde mir verdeutlicht, dass die Muschel kurz abspülen, einpacken und mir dann wieder bringen. Wow, wie genial ist dieser Service?
Nachdem man den Sonnenuntergang hier nicht wirklich mitbekommt, da der Bergrücken einfach im Blickfeld ist, geht es heute etwas früher ins Bett.

Der heutige Morgen ist dafür umso schöner! Ich liege im Bett, und schaue glückselig aus dem Fenster, darauf hoffend, dass die Sonne den dunklen Himmel bald in ein schönes rot tauchen wird. Nach ein paar Minuten beginnt der Zauber auch schon, und ich darf dem Himmelsspiel zusehen.
Mein heutiger Tipp: Sonne 1 - Nacht 0
Ich will nicht zu viel verraten, aber die Sonne hat gewonnen 🤪
Ich bleibe noch im Bett liegen, belausche die Möwen, und freue mich einfach über all das, was mir gerade gegeben ist. Was für ein schöner Morgen! Combarro ist solch ein wundervoller, lieblicher Ort, ich will eigentlich gar nicht aufstehen.
Heute bin ich faul, genieße was ich hier habe, versuche alles aufzusaugen und Erinnerungen zu speichern.
Ich „befreie“ mich irgendwann aus dem Bett, welches heute eine magische Anziehungskraft aufweist 😊, und mache mich langsam fertig für den Weg.
Weit werde ich erstmal eh nicht kommen, denn, wie auf dem Herweg schon ausgespäht wurde, ist nur 150m die Straße hoch eine Bar, welche Frühstück anbietet. Und das ist wirklich sensationell gut!
Das man an einer viel befahrenen Straße sitzt, bekommt man irgendwie gar nicht. Man sitzt da, schaut aufs Meer, und genießt diesen wundervollen Moment. Obwohl es schon 11 Uhr ist, sind gerade mal 150m Weg geschafft. Aber, was soll’s? … entschleunigen kann so schön sein, und tut einem so gut.
Fast zeitgleich mit dem Frühstück, betritt eine Pilgerin die Terrasse, welche wir schon vor zwei Tagen getroffen haben. Schnell ist man in ein Gespräch vertieft, erzählt ein wenig was man die Tage so erlebt hat, und ratscht dann einfach über alltägliche Dinge. Ihr heutiges Tagesziel soll das Kloster in Armentera sein, mein Plan wäre der halben Weg bis nach Villanova de Arousa zu schaffen.
Zur besten Pilgerzeit, ja genau, um 12 Uhr zur Mittagssonne, werden dann endlich die ersten Schritte auf der „Route Espiritual“ gemacht.
Am Vorabend habe ich mal den zu erwartenden Streckenverlauf angeschaut, und da schon gesehen, dass die Strecke dem Höcker eines Dromedars ähnelt. Bis Ribadumia sind es ca 16km, von denen die ersten 8km bergauf gehen, und die weiteren 8km dann bergab. Auf diese Strecke verteilt sind es gut 400 Höhenmeter auf, als auch abwärts.
Aus der Bar raus, steht gleich 100m weiter vorne der erste Wegweiser für heute … und ja, er deutet den Weg nach oben hin.
Puh, wer hat sich denn das bitte einfallen lassen? Also wenn das 8km so weiter geht, werden das heute keine 400 Höhenmeter sein, sonder eher 4000 🙈
Die ersten paar hundert Meter sind wirklich arg, sehr steil, seeehr steil. Dann wird es etwas sachter, um nochmals gut anzuziehen 😳
Nach den ersten gut zwei Kilometern, schon völlig durchgeschwitzt, kommt man eine „Oase der Erfrischung“. Hier steht an der Straße eine große Kühltruhe, gefüllt mit Wasser, Zitronen als auch Orangenlimonade. Bezahlt wird, was man geben möchte. So wechseln zwei kalte Getränkeflaschen, und 2€ den Besitzer, und nachdem ein paar Einträge „im Gästebuch“ gelesen wurden, gehts weiter den Berg hinauf.
Die erste anfängliche Steile fällt immer weiter ab, bis es eher gemütlich bergan geht.
Nach knapp zwei Kilometern ist links eine schöne Aussichtsplattform, welche wirklich einen Besuch wert ist. Der Blick über die Bucht ist sagenhaft!
Die Hälfte des Anstiegs sollte nun geschafft sein, sagt zumindest mein Bauchgefühl. Meine Muskeln sprechen zwar etwas anderes, aber … hilft ja nichts 😜
Der Weg ist wirklich schön, und auch gut beschildert. Zuerst hatte ich schon befürchtet, man läuft alles auf Asphalt, dem ist aber bei weitem nicht so! Der Weg führt durch einen Eukalyptuswald, vorbei an einer weiteren Aussichtsstelle, und wird dann irgendwann flacher.
Meine Füße freuen sich, dass es ab jetzt bergab geht, 50% meiner Beinmuskulatur ebenfalls, mein Kopf kennt diese Falle aber schon, und rechnet damit, dass es das noch nicht gewesen ist. 😂
Tatsächlich geht es nochmals hinauf, aber wirklich nur ein kurzes Stück. Ab jetzt werden die anderen 50% der Beinmuskulator gefordert.
Der Weg hinab ist wirklich gut zu gehen, zu keiner Zeit zu steil, eher tatsächlich angenehm.
Relativ schnell sieht man weiter unten eine „Kirche“ auftauchen. Egal ob der Weg dort hin führt, sie wird auf jeden Fall besichtigt. Etwa 100m vor dem Torbogen des Kircheareals, schreien zwei Bars förmlich nach einem „Sit In“, wobei die eine in der Sonne deutlich lauter schreit. Diesem Ruf wird natürlich brav Folge geleistet.
Nachdem der vorige Flüssigkeitsverlust ausgeglichen wurde, wird jetzt die vermeintliche Kirche besichtigt.
Sehr schnell wird klar, dass dies mehr als nur eine Kirche ist! Jaaaaa 🥰 dies ist das Kloster Armentera!
Was für ein schöner und imposanter Bau! Ich bin wirklich völlig gefesselt von der Schönheit, und den ganzen Details.
Vom Kloster aus erwartet einen dann der bisher schönste Teil des ganzen Weges. Entlang der Armentera geht man den „Weg des Wassers und der Steine“, und wird so sehr von der Schönheit des Weges gefesselt, das man am liebsten nochmals zurück gehen würde, nur um diesen Abschnitt nochmals gehen zu können.
Über Stock und Stein führt der Weg vorbei an einer Vielzahl (leider verfallener) Mühlen, welche die unterschiedlichsten Gewerke betrieben haben, wie z.B. Sägen.
Am liebsten wäre mir, wenn diese geschätzten 6km des Weges nie enden würden!
An einer schönen Stelle wird deshalb ein großes Tuch ausgebreitet, Rucksack drauf, den eigenen Körper dazu gelegt, um einfach diese Nähe zur Nahur genießen. Der heutige Tag sollte am liebsten nie enden, ich bin so sehr mit „sammeln“ beschäftigt.
In Ribadumia angekommen, wird dann direkt am Weg, als auch am Bach /(Fluss?) ein Zimmer bezogen.
Was für ein schöner Tag heute!!!
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 12: Etappe Ribadumia - Villanova de Arousa (19km) am 18.04.2024
Der heutige Morgen ist leider nicht ganz nach meinem Gusto. Am liebsten wäre es mir gewesen, langsam in den Tag hinein gleiten zu dürfen, aber das sollte heute verwehrt bleiben.
Um 6 Uhr teilt die erste Person dem ganzen Haus, durch mehrfaches knallen einer Türe mit, dass die Nacht somit beendet ist. Mit einem „genüsslichen Start“ in den Tag wird das heute also nichts, aber wie schon mal erwähnt, je kürzer die Nacht, umso länger der Tag.
Das Frühstück im Haus ist wirklich klasse! Zu einem Spiegelei mit gegrillter Tomate, gesellt sich ein Teller mit Schinken, ein weiterer Teller mit Obststückchen, ein Glas O-Saft, Café con Leche und ein riesiges Croissant. So gestärkt, geht es dann weiter auf die letzte Fußetappe der Variante Espiritual.
Der Weg ist sicher schön, den Fluss auf der einen Seite, die Weinfelder auf der anderen Seite, aber abgewinnen kann ich dem heutigen Weg leider nichts.
Halb freudig, halb traurig nehme ich den Weg in mir auf, wissend, dass der Weg bald zu Ende sein wird. Ich freue mich aufs Ankommen, und sehe dem Moment dennoch traurig entgegen.
Wie geht’s dann weiter?
Was kommt danach?
Wie wird einen danach noch begleiten?
Diese Gedanken beschäftigen mich, und lassen mich irgendwie selten los.
Auf einem mal breiteren, mal schmäleren Weg, begleitet man den Flusslauf abwechselnd auf der linken, mal auf der rechten Seite. Das schöne an diesem Weg ist, man muss nach keinen Wegmarkierungen Ausschau halten. So lange man den Fluss in greifbarer Nähe hat, macht man alles richtig ;-)
Nach einem großen Café mit eigener Badeplattform im Fluss wechseln wir nochmals die Flußseite, in dem wir über die große Brücke gehen.
Ein gutes Stück weiter Fluss abwärts erspäht man dann auf der linken Seite ein Haus, dessen eine Seite komplett mit Jakobsmuscheln zugekachelt wurde. Da war jemand sehr fleißig beim Jakobsmuschel essen 🤪
Direkt hinter dem Haus, bzw. an der Seite des Hauses, führt eine zur Straße hoch. Oben angekommen, geht’s links weiter in den Ort hinein. Vorbei an zwei Cafés und einer Tankstelle, lassen wir uns vom ersten Wegweiser (Straßenschild) Richtung Villanova de Arousa nicht verwirren! Da wir kein Auto sind, sondern Pilger, folgen wir weiter den gelben Pfeilen, und gehen dann am Kreisverkehr die bergauf führende Straße entlang.
Nach kurzem kommt hier auf der linken Straßenseite ein Restaurant, wo es erstmal einen Café con Leche als bisherige Belohnung geben wird. Wer hier ebenfalls mal entlang kommt, hier gibt es auch ein Pilgermenü ;-)
Leider sind die Kirchen auf dem Weg nicht zugänglich, was hier aber allgemein so üblich ist.
Kurz nach (in?) Mouzos führt der Weg nach links weg, direkt an einer kleinen Kapelle vorbei. Die Tür ist offen, und bevor man die Chance nutzen konnte, das Gotteshaus zu betreten, warf mir schon eine Dame ihr schönstes Lächeln entgegen, und fragt, aus welchem Land man kommt, bzw. welche Sprache man spricht. Wir sind zu dritt, und werden in die Kapelle hereingebeten, wo ihr Mann, mit Gitarre bewaffnet, uns ebenfalls freudig mit seinem schönsten Lächeln empfing. Er erzählte (in nahezu perfekten deutsch) kurz etwas über den beschwerlichen Weg, welchen man bisher auf sich genommen hat, teilte uns mit, wie sehr er sich freut, dass wir bis hier her gekommen sind, und fragte uns, ob er und seine Frau uns allen ein Lied vortragen dürften, welches sie uns gerne mit auf den Weg geben wollen.
Nach dem Lied reden wir noch kurz, bevor uns dann weiter auf den Weg nach Santiago schicken, natürlich nicht, ohne uns vorher einen Stempel in den Pilgerpass gesetzt zu haben.
Vom „Pilgersong“ beflügelt, schwebe ich die nächsten Höhenmeter runter Richtung Meer, denn ich weiß, dass man nun mit jedem Schritt wieder näher ans Ufer des Atlantiks kommt. Schon bald kann man den ersten Blick aufs blaue Wasser erhaschen, und trifft schon bald danach unten am Ufer das Atlantiks ein.
Hier bin ich dann das erste mal von dieser Etappe geflasht, denn dieses Ufer hier, mit den direkt vorgelagerten, kleinen Inseln im Atlantik, wow … das hat schon was. Für mich der schönste Teil am Atlantik! Der Ort überwältigt mich so sehr, dass ich an diesem
Ort einen Stein von uns zurück lassen möchte.
Der Weg führt direkt am Meer entlang, teilweise befestigt, teilweise im losen Sand. Über eine Fußgängerbrücke, die „Punta Ariño“, überquert man die Einmündung, und steht kurz darauf schon am Hafen von Villanova de Arousa.
Geschafft ;-) … oder :-( …?
Gerade lächle ich, und freue mich über den heutigen Abend wie er bisher verlaufen ist.
Jetzt gibt es dann erstmal ein Abendmahl, bevor es morgen früh mit dem Boot weiter geht.
Wie der ein oder andere schon vermutet … Ich werde berichten 😂
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Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Hoib3rgA »

Tag 13: Etappe Villanova de Arousa - Santiago de Compostela (59km, davon 27,2km per Boot, 31,7km zu Fuß) am 18.04.2024
Der heutige Tag beginnt sehr früh, diesmal mit einem schrillen Klingeln eines Weckers. Nein, natürlich nicht mein Wecker 😂 aber meiner würde die Nacht ebenfalls 5 Minuten später die Macht für beendet erklären. Es ist 6 Uhr in der Früh, und so langsam kommt leben in einen müden Körper. „Kurz noch liegen bleiben, und die Bettwärme genießen“ sage ich mir im Geiste. Und da wir beide, als Geist und Körper, das für eine gute Idee halten, wird der Vorschlag in die Tat umgesetzt. Blöd nur, wenn 30 min später der „Notfall-jetzt-ist-es-endgültig-Zeit-zum-aufstehen-Wecker“ klingelt 🤪
Heute gibt es zum ersten mal wieder, seit 12 wundervollen Tagen, einen Zeitplan:
- 7:00 Uhr Frühstück
- 7:30 Uhr zum Ablegeplatz des Bootes gehen (es sind ca 10min weg)
- 7:45 Uhr spätestens am Boot sein
- 8:00 Uhr legt das Boot (laut Plan) ab

Um 7:40 Uhr kommen wir alle am Hafen an, und haben eine kleine Schlange vor uns. Ein Mann mit weißer Jacke kontrolliert die Tickets, und lässt alle mit Reservierung vorbei. Wer keine Reservierung hat, muss diesmal leider zurück bleiben, da das Boot ausgebucht ist. An Board begrüßt uns eine Dame, und bietet heißen Tee, Orangensaft, als auch kleine Croissants an.
Pünktlich um 8 Uhr legen wir, Kapitän Santiago (wie er sich kurz darauf vorstellt) und etwa 30 Pilger ab. Unter den Pilgern sind viele Bekannte Gesichter, z.B. ein Paar aus Italien, welches wir bereits in Portugal getroffen hatten, und auch danach immer wieder mal.
Nach einer kurzen Begrüßung an Board, gibt Kapitän Santiago den Dieselpferdchen seines Bootes die Sporen, und wir brausen mit etwa 10 Knoten übers Wasser. Ich hätte ja nicht gedacht, dass das Boot so flott unterwegs ist!
Nach ein paar Minuten drosselt Santiago das Boot, und erklärt uns die Funktion der ganzen Platzformen hier im Atlantik. Wie schon vermutet sind es Muschelfarmen, wie das genau funktioniert, wusste ich jedoch noch nicht so im Detail, wie es uns der Kapitän näher gebracht hat.
Der Flug übers Wasser geht weiter, bis wir an das erste der 12 Kreuze am Ufer gelangen. Hier wird nochmals Geschwindigkeit raus genommen, und zu diesen Kreuzen ebenfalls eine Erklärung gegeben. Danach flitzen wir weiter den Ulla hinauf.
Auch zu den Resten der „Oeste Towers“ werden wir aufgeklärt.
Kurz vor Pontecesures und Padrón bekommen wir noch eine Erklärung der Namensherkünfte der beiden Orte, und „schon“, 27,2 km und 1Std. 50Min, sind wir am Ziel der Bootsfahrt angekommen.
Was für eine tolle Fahrt, mit einem wirklich tollen Kapitän.
Bevor es nun nun in Richtung SdC geht, bekommt Pontecesures noch etwas Aufmerksamkeit geschenkt. Bei einem urigen „Café“ in einem Hof, welcher mehr an eine Lagerhalle für allerlei Trödel erinnert, als an einen Ort, wo man einen Cafe genießen möchte, wird noch kurz pausiert, und ein Kaffee (Bodum Filter) „genossen“ 🤪
Einen Stempel bekommt man hier auch, gegen eine freiwillige Spende. Natürlich soll es die geben, ich finde den „Kiosk“ irgendwie urig und schräg zu gleich … Ich mag solche Orte irgendwie.
Nun ja, ich frage nach einem Stempel, und der Besitzer nimmt die beiden Pilgerausweise entgegen und verschwindet. Man hört „klack“, „klack“ und nochmals „klack“. Dann das eine nochmal. Er kommt zurück, und verlangt drei Euro. Von den 5 €, welche ihm überreicht werden, bringt er dann zwei zurück, welche nach Aufforderung von mir in die „Spendenschale“ wandern.
Bevor wir losgehen, fragt er noch in einem ziemlich guten Englisch, wohin es jetzt geht. Er erklärt uns, dass vor dem Kloster von Padron ein Brunnen ist, aus welchem heiliges Wasser fließt, und man dies unbedingt trinken sollte. Gesagt … getan.
Wieder der Wegmarkierung folgend, geht es nun von Pontecesures Richtung Padron. Schon gleich fällt einem die Markthalle auf, und es wird selbstverständlich DURCH die Hallen gegangen, und nicht außen daran vorbei. Durch den kleinen Park, geht man nun direkt auf die „Iglesia de Santiago“ zu.
Links sieht man das Kloster, und davor den „Fuente del Carmen“ aus welchem das heiliges Wasser fließt, und ich dann auch brav zwei große Schluck getrunken habe. Das Kloster ist leider geschlossen, aber allein die schöne Aussicht war den Weg hier hoch allemal wert.
Der weitere Weg führt erstmal an der Hauptstraße entlang, bis er sich dann mal rechts, mal links neben der Hauptstraße entlang schlängelt. Der erste sich schlängelnde Weg führt an einer Kirche vorbei, welche ein paar sehr alte Gräber vor und rechts vom Kirchenschiff bereit hält. Es ist schon beeindruckend, solch Urgesteine der Bestattung sehen zu dürfen.
Über ein kurzes Stück auf Feld und Wiesenweg geht’s dann erstmalkurz die Hauptstraße entlang. Nachdem man ihn ein kleines Stück gefolgt ist, darf man sie auch schon wieder nach links verlassen. Hier folgt dann ein sehr schöner Waldweg!
Bei A Picaraña trifft man dann wieder auf eine kleine Straße, welcher man dann in entgegengesetzter Richtung folgt. Gleich darauf folgt nochmals eine Kehrwende, in welcher sich ein Café befindet. Sollte es hier zu voll zu sein, das nächste Cafe lässt nicht lange auf sich warten, man findet es auf der rechten Straßenseite. Hier arbeitet ein junges Pärchen, ich vermute mal, das Café wurde auf die Schnelle in den Innnenhof und die ehemalige Garage gezaubert, aber davon merkt man nichts. Sie ist auf jeden Fall ein so fröhlicher Mensch, deren Fröhlichkeit färbt direkt ab. Es lief Musik, und sie hat im „Hof“ dazu den Besen geschwungen. Nach einer kurzen Gesangseinlage, den Biesenstiel zum Mikrofon umfunktioniert, durfte der Besen auch noch eine Tanzeinlage mit ihr absolvieren. Als es ihren Partner beim gehen beinahe über ein Stuhlbein gelassen ist, ist so vor lachen fast am Boden gekugelt 😂.
Nach der Pause will ich mir noch eben schnell an einem Brunnen mein Bandana nass machen. Blöd ist, wenn man sich das Bandana „zack“ vom Kopf zieht … die Sonnenbrille aber noch auf den Kopf war 😂
Na ja, zum Ergebnis dieses selbstversuchs aus dem Bereich „Jugend forscht - wer gibt eher nach? Asphalt oder Sonnenbrille?“ sag ich mal nichts 🤪
In O Milladoiro meldet sich der Magen per akustischem Signal an, dass er schon lange nichts süßes mehr bekam. Brav wie ich bin, und durstig sowieso, folge ich dem Ruf nach Stärkung ;-)
Die restlichen rund 6 km vergehen wie im Flug, und schon bald erkenne ich die ersten Straßen und Plätze in Santiaho wieder. Mir schlagartig bewusst, dass es nur noch „wenige Schritte“ sind, und man erreicht nicht nur das Etappenziel, sondern auch das Ende der Reise.
So sehr für mich auch immer „Der Weg“ das Ziel ist, kommt man irgendwann dann doch am Ziel an. So auch heute.
Zum ankommen will ich jetzt auch noch gar nichts schreiben, mir fehlen gerade etwas die Worte. Nach einer gefühlten Ewigkeit, welche man hier auf dem Platz verbracht hat, geht es noch eben geschwind ins Pilgerbüro, und ich hole mir zum ersten Mal „meine“ Urkunde ab. Bisher hab ich mir nie eine geholt, aber diesmal will ich eine „handfeste“ Erinnerung an den Weg
Kurz die Onlineanmeldung durchgeführt, und schon fast im selben Moment halte ich meine Urkunden in der Hand.
Zum Abschluss wird noch eine Kerze im Garten des Pilgerbüros angezündet, und danach die kleine Kirche im Pilgerbüro aufgesucht.
Stil, im inneren, bedanke ich mich für diesen wundervollen Weg, meine Begleitung, und alles was ich in den letzten Tagen erlebt habe. Während ein paar Tränen der Gefühlsexplosion über meine Wange laufen, trage ich mich noch ins „Gästebuch“ des Büros ein, und schieße damit meine völlig überwältigende Reise ab.
andrea+wildgans
Beiträge: 119
Registriert: 19. Aug 2023, 14:24
Wohnort: Emsland

Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von andrea+wildgans »

Danke für's Teilhaben- und Mitgehen-lassen! Ich habe Deine Pilgernotizen gerne gelesen!!!

Buen camino, Andrea
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Klopfer66
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Registriert: 14. Jan 2022, 08:20

Re: Camino Portugues da Costa via Variante Espiritual

Beitrag von Klopfer66 »

auch von mir vielen Dank für Deine Berichte und fürs Teilhaben.

Geniese das Ankommen

Buen Camino, Claudia
der eigentliche Pilgerweg liegt im Alltag des Lebens
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