Steckengebliebene Pilger
Verfasst: 18. Apr 2020, 14:55
Die Geschichte von Simsims in Frankreich gestrandeten Pilger kennt ihr.
Aber es gibt noch mehr von ihnen. Die meisten sind - Gott sei Dank - gesund und ganz gut drauf ...
Z. B. hier, im Pfarrhaus von Fuenterroble auf der Via de la Plata .
Der Priester Blas Rodríguez lebt seit Beginn des Alarmzustands am 14. März mit 16 Menschen zusammen. Die Beschränkung durch den Alarmzustand hat einige überrascht, seit sie am 14. März in Kraft getreten ist. Viele Pilger befanden sich auf dem Jakobsweg, und die spanische Vereinigung der Freundeverbände des Jakobswegs rief die „individuelle Verantwortung“ jedes Pilgers an, und viele schafften es, in ihre Häuser zurückzukehren, als die Herbergen geschlossen waren.
Aber einige hatten nicht so viel Glück und fanden keinen Weg, an ihre Herkunftsorte zurückzukehren. Dies ist der Fall bei mehreren Pilgern aus Italien, Großbritannien, Deutschland, Holland und Amerika, die den Camino de la Plata auf ihrem Weg durch Fuenterroble de Salvatierra bereisten.
Blas Rodríguez bestätigt, dass sich das Zusammenleben trotz der Schwierigkeiten, die die Vielfalt der Sprachen mit sich bringen kann, als "sehr reich" erweist. "Dies ist ein kleines Pfingsten, das in verschiedenen Sprachen spricht. Wir alle verstehen uns, denn was zählt, ist der gute Wille und der Wunsch, dass jeder sein Bestes gibt, was er zu jeder Zeit hat."
Oder der Journalist und Reisebuchautor Jürgen Gerrmann und seine Frau. Die beiden waren auf der Magna Via Francigena auf Sizilien unterwegs, als das Virus sie stoppte.
Wir sind gestrandet. Unerwartet. Unverhofft. Und erst recht unerhofft. Auf Sizilien. Es gibt Schlimmeres im Leben.
Ziemlich exakt in der Mitte der Magna Via Francigena (einem wunderschönen Pilgerweg von Palermo nach Agrigent) wurden wir gestoppt. Kurz nachdem wir den Platani (einem im Sommer fast ausgetrockneten Fluss) in einer (für mich) ziemlich waghalsigen Aktion überschritten hatten.
Nirgendwo auf der Strecke gab es ein Quartier mehr für uns.
Nun sind wir auf dem Campingplatz El Bahira bei San Vito Lo Capo gelandet. Wie gesagt: Es gibt Schlimmeres.
Vor gut zwei Wochen haben wir noch herzlich gelacht. In der Gelateria Al Kassaro in der Via Vittorio Emanuele in Palermo haben wir die neueste Kreation probiert: Corona Virus. Hauptgeschmack: gebrannte Erdnüsse. Es hat einfach herrlich geschmeckt. „Toller Marketing-Gag“, hab ich mir noch gedacht. Mittlerweile ist vielen auf der Insel und in ganz Italien, ja ganz Europa und der ganzen Welt das Lachen vergangen.
Jetzt sitze ich unter den wild-romantischen Kletterfelsen am Campingplatz. Still ruht der See unter mir. Beziehungsweise das Meer. Ich sehe nur ein einziges kleines Fischerboot ganz in der Ferne. Sogar hier ist also der Verkehr zum Erliegen gekommen. Ich denke mir: Wenn uns schon ein einziges neues Virus so ins Schleudern bringt, daß alles stillsteht, dann ist die Globalisierung, die ich lange Zeit verteidigt habe, ein Irrweg. Wir müssen zurück zur Regionalität. Und zur menschlichen Nähe. Wie die uns fehlt, merken wir gerade jetzt, da sie so offensichtlich nicht mehr da ist. Das wird uns nun ganz exemplarisch vor Augen geführt.
Seit Palmsonntag ist er wieder daheim. Sein Blog "Corona-Gedanken" erzählt nicht nur von den unsicheren Tagen auf dem Campingplatz, in den neueren Einträgen gibt es auch wunderschöne Geschichten rückblickend von den Etappen auf der Magna Via Francigena.
Und dann sind da noch die beiden Abenteurer Maren und Ralf. Vielleicht keine typischen Pilger. Oder vielleicht eben doch. Sie stecken mit ihrem "Opa Theo" mehr oder weniger freiwillig in Marokko fest. Nerven wie Drahtseile haben die beiden.
Corona - oder plötzlich ist alles anders
Es ist der fünfzehnte März, Marokko hat den Flug- und Fährverkehr eingestellt. Ich checke fast stündlich alle Kanäle, um irgendwie an Antworten zu kommen. Auswärtiges Amt, Deutsche Botschaft Rabat, der ADAC und MarokkoNews sind jetzt meine Favoriten. Die Aussagen der Fluglinien und offizielle Meldungen unterscheiden sich eklatant. (...)
Es herrscht unter den Campern eine gewisse „Unruhe“, die nicht von der Krise herrührt, als eher der schlechten Kommunikation seitens der Deutschen Botschaft. Hatt ich vor ein paar Tagen noch erwähnt, was für eine tolle Arbeit das Team in Rabat macht, glänzen sie inzwischen mit absolutem Schweigen.
Gibt es noch mehr solcher Pilger-Geschichten? Ich hoffe, sie gehen allesamt gut aus.
LG,
Andrea
Aber es gibt noch mehr von ihnen. Die meisten sind - Gott sei Dank - gesund und ganz gut drauf ...
Z. B. hier, im Pfarrhaus von Fuenterroble auf der Via de la Plata .
Der Priester Blas Rodríguez lebt seit Beginn des Alarmzustands am 14. März mit 16 Menschen zusammen. Die Beschränkung durch den Alarmzustand hat einige überrascht, seit sie am 14. März in Kraft getreten ist. Viele Pilger befanden sich auf dem Jakobsweg, und die spanische Vereinigung der Freundeverbände des Jakobswegs rief die „individuelle Verantwortung“ jedes Pilgers an, und viele schafften es, in ihre Häuser zurückzukehren, als die Herbergen geschlossen waren.
Aber einige hatten nicht so viel Glück und fanden keinen Weg, an ihre Herkunftsorte zurückzukehren. Dies ist der Fall bei mehreren Pilgern aus Italien, Großbritannien, Deutschland, Holland und Amerika, die den Camino de la Plata auf ihrem Weg durch Fuenterroble de Salvatierra bereisten.
Blas Rodríguez bestätigt, dass sich das Zusammenleben trotz der Schwierigkeiten, die die Vielfalt der Sprachen mit sich bringen kann, als "sehr reich" erweist. "Dies ist ein kleines Pfingsten, das in verschiedenen Sprachen spricht. Wir alle verstehen uns, denn was zählt, ist der gute Wille und der Wunsch, dass jeder sein Bestes gibt, was er zu jeder Zeit hat."
Oder der Journalist und Reisebuchautor Jürgen Gerrmann und seine Frau. Die beiden waren auf der Magna Via Francigena auf Sizilien unterwegs, als das Virus sie stoppte.
Wir sind gestrandet. Unerwartet. Unverhofft. Und erst recht unerhofft. Auf Sizilien. Es gibt Schlimmeres im Leben.
Ziemlich exakt in der Mitte der Magna Via Francigena (einem wunderschönen Pilgerweg von Palermo nach Agrigent) wurden wir gestoppt. Kurz nachdem wir den Platani (einem im Sommer fast ausgetrockneten Fluss) in einer (für mich) ziemlich waghalsigen Aktion überschritten hatten.
Nirgendwo auf der Strecke gab es ein Quartier mehr für uns.
Nun sind wir auf dem Campingplatz El Bahira bei San Vito Lo Capo gelandet. Wie gesagt: Es gibt Schlimmeres.
Vor gut zwei Wochen haben wir noch herzlich gelacht. In der Gelateria Al Kassaro in der Via Vittorio Emanuele in Palermo haben wir die neueste Kreation probiert: Corona Virus. Hauptgeschmack: gebrannte Erdnüsse. Es hat einfach herrlich geschmeckt. „Toller Marketing-Gag“, hab ich mir noch gedacht. Mittlerweile ist vielen auf der Insel und in ganz Italien, ja ganz Europa und der ganzen Welt das Lachen vergangen.
Jetzt sitze ich unter den wild-romantischen Kletterfelsen am Campingplatz. Still ruht der See unter mir. Beziehungsweise das Meer. Ich sehe nur ein einziges kleines Fischerboot ganz in der Ferne. Sogar hier ist also der Verkehr zum Erliegen gekommen. Ich denke mir: Wenn uns schon ein einziges neues Virus so ins Schleudern bringt, daß alles stillsteht, dann ist die Globalisierung, die ich lange Zeit verteidigt habe, ein Irrweg. Wir müssen zurück zur Regionalität. Und zur menschlichen Nähe. Wie die uns fehlt, merken wir gerade jetzt, da sie so offensichtlich nicht mehr da ist. Das wird uns nun ganz exemplarisch vor Augen geführt.
Seit Palmsonntag ist er wieder daheim. Sein Blog "Corona-Gedanken" erzählt nicht nur von den unsicheren Tagen auf dem Campingplatz, in den neueren Einträgen gibt es auch wunderschöne Geschichten rückblickend von den Etappen auf der Magna Via Francigena.
Und dann sind da noch die beiden Abenteurer Maren und Ralf. Vielleicht keine typischen Pilger. Oder vielleicht eben doch. Sie stecken mit ihrem "Opa Theo" mehr oder weniger freiwillig in Marokko fest. Nerven wie Drahtseile haben die beiden.
Corona - oder plötzlich ist alles anders
Es ist der fünfzehnte März, Marokko hat den Flug- und Fährverkehr eingestellt. Ich checke fast stündlich alle Kanäle, um irgendwie an Antworten zu kommen. Auswärtiges Amt, Deutsche Botschaft Rabat, der ADAC und MarokkoNews sind jetzt meine Favoriten. Die Aussagen der Fluglinien und offizielle Meldungen unterscheiden sich eklatant. (...)
Es herrscht unter den Campern eine gewisse „Unruhe“, die nicht von der Krise herrührt, als eher der schlechten Kommunikation seitens der Deutschen Botschaft. Hatt ich vor ein paar Tagen noch erwähnt, was für eine tolle Arbeit das Team in Rabat macht, glänzen sie inzwischen mit absolutem Schweigen.
Gibt es noch mehr solcher Pilger-Geschichten? Ich hoffe, sie gehen allesamt gut aus.
LG,
Andrea