Danke für die beiden Links.
Der Artikel über das menschenleere Assisi hat mich wirklich betroffen gemacht. So schlimm hatte ich es mir nicht vorgestellt. Bei aller Dramatik der Maßnahmen hat mir die Bemerkung "Seiner Meinung nach hat sich die Bevölkerung von Assisi in den letzten Jahrzehnten zu sehr darauf spezialisiert, den Pilgern das Geld abzuknöpfen. Jetzt stehe man eben mit leeren Händen da." gut gefallen. Vielleicht eine Gelegenheit zum Umdenken: die Krise als Chance...
Allerdings sind dem Journalisten Marc Zollinger zwei kapitale Fehler unterlaufen.
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Ausgerechnet am 4. Oktober 2020 hatte die Provinzregierung Umbriens den erneuten Lockdown beschlossen – am Geburtstag des heiligen Franziskus."
Der 4. Oktober ist der kirchenrechtliche Todestag von Franziskus, da er am Abend des 3. Oktobers 1226 verstarb.
Nebenbei, hab' ich gerade heute erfahren: die Legende legt als Startort für die deutsch/amerikanische Version des Franziskusweges Florenz fest, weil Franziskus angeblich eigenhändig den Grundstein der
Basilica Santa Croce in Florenz gelegt haben soll. Nun ist es aber historisch bewiesen, dass dieser Grundstein erst am 3. Mai 1295 (oder 1294) gelegt wurde. Mithin fast 70 Jahre nach Franz' Ableben.
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Er zeigt auf das Denkmal, das auf der grossen Wiese vor der Basilika steht – ein erschöpfter Kreuzritter, der mit hängendem Kopf auf seinem müden Pferd sitzt. Francesco habe nach seiner Rückkehr aus den verheerenden Kreuzzügen gemerkt, dass er etwas in seinem Leben ändern müsse."
Das ist nun völliger Unsinn. Der geknickte Ritter stellt Franziskus 1204 in Spoleto dar. Eigentlich war er hoch zu Ross auf dem Weg nach Apulien um sich dem vom Papst eingesetzten Feldherrn Gautier de Brienne anzuschließen, um gegen den Römisch-Deutschen Kaiser, den Staufer Friedrich II., in die Schlacht zu ziehen. Durch einen Traum soll er sich zur Rückkehr nach Assisi entschlossen haben. 1219 war Franziskus dann tatsächlich zwischen den Fronten eines Kreuzzuges im Nildelta, wo das Kreuzfahrerheer in Damiette das Kernland des Sultans al-Kâmil bedrohte, er wagte sich ins Lager des Sultans. Die Friedensmission scheitert politisch, macht den Mystiker aus Assisi aber bis heute zum Propheten des interreligiösen Dialogs. Als ziviler Friedensstifter und ganz sicher nicht als Kreuzritter.
San Francesco 1219 im Feldlager des Sultans al-Kâmil in Damiette. Das Giotto-Fresko aus der Basilika San Francesco in Assisi stellt die sogenannte Feuerprobe dar. Franziskus wurde aber davon abgehalten hindurchzulaufen um damit die Überlegenheit SEINES Gottes zu beweisen. Das ist eine Legende, die eigentlich gar nicht zu Franziskus passt. Eher zu Jakobus dem Älteren...
Noch was: Sultan al-Kâmil und Friedrich II. waren befreundet. Der Sultan vermittelte mehrere arabische Gelehrte an Friedrichs Hof. Unter anderem wurde dadurch ein arabisches Werk zur Vogelkunde übersetzt, das Friedrich für sein eigenes Falkenjagd-Projekt '
Von der Kunst mit Vögeln zu jagen / De arte venandi cum avibus' wichtig war.
Friedrich II. mit seinem Falken. Aus seinem Buch De arte venandi cum avibus (Über die Kunst, mit Vögeln zu jagen), sog. Manfred-Handschrift (Biblioteca Vaticana, Pal. lat 1071, fol. 1v), spätes 13. Jahrhundert.
Copyright: public domain
:-)
Mario